Möbelhersteller Insolvenz : Insolvenz bei Weissengruber: Was die Pleite des Möbelherstellers über die Krise der Branche verrät
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Der oberösterreichische Möbelproduzent Weissengruber mit Sitz in Ried in der Riedmark ist insolvent.
- © WeissengruberInsolvenz des Möbelproduzenten Weissengruber: Ursachen und Auswirkungen
Der oberösterreichische Möbelhersteller Weissengruber, ansässig in Ried in der Riedmark, hat Insolvenz angemeldet. Dies gaben die Gläubigerverbände AKV und KSV1870 bekannt. Die Nachricht markiert einen weiteren Rückschlag für die Möbelbranche, die in den letzten Jahren mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert war. Die Insolvenz betrifft laut AKV 56 Mitarbeiter und 72 Gläubiger, während der KSV1870 von 55 Mitarbeitern und 70 Gläubigern spricht.
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Die finanziellen Schwierigkeiten des Unternehmens sind ein Spiegelbild der aktuellen Herausforderungen in der Möbelindustrie. Gestiegene Lohn-, Material- und Energiekosten sowie eine hohe Zinsbelastung gelten laut AKV als Hauptgründe für die Insolvenz. Darüber hinaus hat der Möbelfachhandel in den vergangenen Jahren unter spürbaren Umsatzeinbrüchen gelitten, was die Lage weiter verschärfte.
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Sanierung wird angestrebt
Die Verbindlichkeiten von Weissengruber werden von den Gläubigerverbänden unterschiedlich bewertet: Der AKV gibt die Passiva mit 7,25 Millionen Euro an, während der KSV1870 diese auf 2,8 Millionen Euro beziffert. Der Unterschied ist auf nicht verwertbare Pfandrechte zurückzuführen, die der KSV nicht in die Berechnung einbezieht. Die Aktiva des Unternehmens werden vom KSV mit 517.000 Euro angegeben.
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Um die Insolvenz zu bewältigen, strebt Weissengruber ein Sanierungsverfahren an. Hierbei wird eine Quote von 20 Prozent angeboten, zahlbar innerhalb von zwei Jahren. Diese Lösung soll sowohl Gläubigern als auch dem Unternehmen ermöglichen, die schwierige Lage zu überbrücken.
Historie und Bedeutung von Weissengruber
Das Unternehmen Weissengruber wurde im August 1965 gegründet und blickt auf eine fast 60-jährige Tradition in der Möbelproduktion zurück. Ursprünglich als Familienbetrieb gestartet, etablierte sich Weissengruber schnell als ein führender Anbieter in der Region. Das Portfolio umfasst eine breite Palette an Möbeln, die sich durch hochwertige Verarbeitung und nachhaltige Materialien auszeichnen.
Noch vor wenigen Jahren investierte das Unternehmen in eine neue Produktionshalle und moderne Maschinen. Diese Maßnahmen zielten darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und die Produktionskapazitäten auszubauen. Doch die plötzlichen Veränderungen im wirtschaftlichen Umfeld, insbesondere die steigenden Zinsen und Kosten, machten diese Investitionen zu einer finanziellen Belastung.
Ursachen für die Insolvenz
1. Hohe Lohn- und Energiekosten
Die Möbelbranche ist arbeitsintensiv, und steigende Lohnkosten stellen eine erhebliche Belastung dar. In Österreich stiegen die Lohnkosten in den letzten Jahren kontinuierlich an, was viele mittelständische Unternehmen unter Druck setzte. Gleichzeitig sorgte die Energiekrise in Europa für massiv gestiegene Strom- und Gaspreise. Für Weissengruber, das auf energieintensive Produktionsprozesse angewiesen ist, bedeuteten diese Entwicklungen eine erhebliche Kostensteigerung.
2. Materialkosten und Lieferkettenprobleme
Die Preise für Holz, Metall und andere Rohstoffe haben sich seit 2020 nahezu verdoppelt. Zusätzlich erschwerten Lieferkettenprobleme während der COVID-19-Pandemie die Beschaffung von Materialien. Auch nach der Pandemie normalisierte sich die Situation nicht vollständig, da geopolitische Spannungen und der Krieg in der Ukraine weiterhin die Märkte beeinflussen.
3. Umsatzeinbrüche im Möbelfachhandel
Der Möbelfachhandel, der zu den Hauptvertriebskanälen von Weissengruber gehört, hat seit der Pandemie deutliche Umsatzeinbußen verzeichnet. Viele Kunden entschieden sich, ihre Ausgaben zu reduzieren oder verschoben größere Anschaffungen. Online-Anbieter und Möbelgiganten wie IKEA gewannen dabei Marktanteile, was kleinere Hersteller unter Druck setzte.
4. Hohe Zinsbelastung
Die Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank in den letzten Jahren hatten weitreichende Auswirkungen auf Unternehmen, die auf Kredite angewiesen sind. Weissengruber ist keine Ausnahme: Ein Großteil der Schulden besteht laut AKV aus Bankkrediten, deren Zinslast durch die Erhöhungen signifikant gestiegen ist.
Auswirkungen auf die Region
Die Insolvenz von Weissengruber hat nicht nur direkte Auswirkungen auf die Mitarbeiter und Gläubiger, sondern auch auf die regionale Wirtschaft in Ried in der Riedmark. Das Unternehmen ist ein bedeutender Arbeitgeber in der Region und ein wichtiger Partner für lokale Zulieferer. Die plötzliche Unsicherheit könnte auch andere Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette treffen.
Ein weiterer Punkt ist die gesellschaftliche Dimension: Als langjähriger Familienbetrieb war Weissengruber tief in der Gemeinde verwurzelt. Viele Mitarbeiter sind seit Jahrzehnten im Unternehmen tätig, und die Insolvenz bedeutet nicht nur einen finanziellen, sondern auch einen emotionalen Verlust.
Die Krise der Möbelindustrie: Ein globales Phänomen
Die Insolvenz von Weissengruber ist kein Einzelfall, sondern Teil einer größeren Krise in der Möbelbranche. In Deutschland meldeten kürzlich die Traditionsunternehmen Staud und Leuwico Insolvenz an. Auch sie nannten gestiegene Kosten und sinkende Umsätze als Hauptgründe.
Verändertes Konsumverhalten
Ein Grund für die Krise ist das veränderte Konsumverhalten. Viele Verbraucher setzen inzwischen auf minimalistische Einrichtungskonzepte oder bevorzugen günstige Möbel von Discountern. Gleichzeitig hat die Nachfrage nach maßgefertigten Möbeln, die Weissengruber anbietet, abgenommen.
Nachhaltigkeit als Herausforderung
Ein weiterer Faktor ist die wachsende Bedeutung von Nachhaltigkeit. Kunden erwarten zunehmend umweltfreundliche Produkte, was die Produktionskosten in die Höhe treibt. Unternehmen, die diese Trends nicht schnell genug umsetzen können, verlieren Marktanteile.
Digitalisierung und E-Commerce
Die Digitalisierung hat den Markt radikal verändert. Unternehmen, die nicht in Online-Vertriebskanäle investieren, verlieren den Anschluss. Weissengruber hat zwar einen soliden Ruf in der Region, konnte jedoch im digitalen Bereich nicht mit größeren Anbietern mithalten.