Industriepolitik : 100 Tage Georg Knill: "Konziliant im Ton"

IV-Präsifent Georg Knill in Office
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Eine Diskussionsrunde mit 23 Industrielehrlingen von AT&S bis Welser Profile. Ein Treffen mit der AK­-Spitze. Gefolgt von einer Podiumsdiskussion in Alpbach: Ende August ist Georg Knills Kalender – nach ein paar erholsamen Sommertagen im Familienkreis – dicht gefüllt. Noch jeder seiner Vorgänger an der Spitze der IV machte diese ersten Wochen, in denen Meetings und Medientermine, vertrauliche Treffen und Besprechungen dutzendfach auf dem Programm stehen, durch.

Doch in Zeiten einer beispiellosen Krise bekommt der Leitsatz der IV, je­ derzeit dialogorientiert zu bleiben, besonderes Gewicht. Wie IV-­General Neumayer attestiert man auch dem 47­-jährigen Knill, der mit seinem Bruder Christian seit 2002 die familieneigene Knill-­Gruppe leitet, gute Voraussetzungen, die Positionen der IV und ihrer mehr als 4.500 Mitglieder in Zeiten schmaler werdender Margen durch kluge Sachpolitik würdig zu vertreten. "Es ist ein harmonisches Verhältnis, und das ist an diesem Punkt ein echtes Asset", sagt ein hochrangiges IV­-Mitglied am Wiener Schwarzenbergplatz zum Zweiergespann.

Weniger Polarisierung

Dass Knill die Herausforderungen des Standorts mit "weniger Polarisierung" (O­-Ton Knill) in Angriff nehmen will, passt zum Habitus des ausgebildeten Maschinenbauers, der „bodenständig und authentisch rüber­ kommt“ und einer sei, „der mit fast jedem kann“, wie ihn Mitglieder beschreiben. Und die Herausforderungen sind in der Tat groß. Viele Unternehmen operieren – pandemiegeplagt – an der Schmerzgrenze. "Der Abbau von Beschäftigung in der Industrie verlangsamt sich, wir sind aber noch nicht über den Berg", so der frischgebackene IV­-Präsident. Die verlängerte Kurzarbeitsregelung sei deshalb ein wichtiger Schritt zur "Stabilisierung der Beschäftigung".

Die Schwerpunkte der vergangenen Präsidentschaft wie Bildung, Wissensexzellenz, schulische Wirtschaftskompetenz und Fachkräfte "waren sehr gut gesetzt und mögen weiter ausgebaut werden", wünscht sich ein IV­-Mitglied. Maßgeblich sei nun aber, auch wenn Themen wie die Steuerlast weiterhin "unter den Nägeln brennen", die Pandemie in all ihren Facetten „durchzustehen“, bringt es ein Mitglied des IV­-Bundesvorstands auf den Punkt.

Themen liegen am Tisch

So dürften die Ausrüstungsinvestitionen in der heimischen Industrie voraussichtlich um mehr als ein Zehntel zurückgehen, die Sparquote privater Haushalte verdoppelt sich gerade auf über 13 Prozent. Es brauche nun Planungssicherheit und Investitionsanreize – wie etwa die Investitionsprämie, die Knill als wichtiges Instrument sieht. Bis Jahresende solle eine neue Industriestrategie stehen, zu deren Eckpunkten die Stärkung des Wohlstands und „mutige Schritte“ bei Digitalisierung und Innovation zählen würden, so Knill. Dass sich da manch einer an Knills Arbeit in der IV Steiermark erinnert fühlt, ist kein Zufall. In einem Strategiepapier stellte man nicht weniger als 106 Vorschläge für eine erfolgreiche Steiermark vor – und forderte 50 Millionen zusätzliche Mittel für Forschung. „Unter starker Einbindung der Institutionen wurden Empfehlungen erarbeitet, von denen die Landesregierung durchaus einige übernommen hat“, hört man in der steirischen Industrie.

Belebung

Die Kampfabstimmung – „der vermeintlich große Aufreger“ (ein IV­-Mitglied) – sei für den Apparat der IV aus Sicht eines hochrangigen Beobachters jedenfalls ein Tonikum gewesen. „Eine Wahl belebt die Sinne, ist transparent und gibt Vertrauen“, meint ein Mitglied. Und die weiteren Themen – „ein gesundes Maß an Aktionismus und eine weiterhin starke Öffentlichkeitsarbeit“ – würden eigentlich am Tisch liegen, so das IV-­Mitglied.

Dazu zählt der „weltweite Trend zum Investitionsprotektionismus“, der Knill Sorge macht. China sperrte 40 Sektoren ganz oder teilweise, Knill fordert "Fairness und Reziprozität". Eine Position, die Georg Kapsch in ähnlicher Form vertrat, der mit „fast philosophischer Tiefe“ (O­Ton eines Mitglieds des Bundesvorstands) in Gespräche ging.

Scharfe Zunge

„Im Ton konziliant und in der Sache konsequent“ (ein IV-­Mitglied), fiel Knill in den ersten Wochen als durchaus scharfzüngig auf. Das im Juni geplante Gesetz zur Investitionskontrolle bezeichnete er in einem Interview als „etwas unausgegoren“, die Position der „Sparsamen Vier“ beim EU­-Wiederaufbaufonds nannte er die Position der „Vernünftigen Vier“. Rhetorische Freiheiten, die immer schon gut zur IV, der im Vergleich zur Kammer „deutlich elitäreren Organisation“ (ein Unternehmer), gepasst haben.

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