Rechtstipp : UVP auf dem Prüfstand

Stefanie Werinos-Sydow Partnerin PHH Rechtsanwälte

Dr. Stefanie Werinos-Sydow, Partnerin bei PHH Rechtsanwälte, spezialisiert auf öffentliches Wirtschaftsrecht, insbesondere Umwelt- und Energierecht und Vergaberecht

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Die 3. Piste für den Flughafen Wien-Schwechat, der Ausbau der A26 oder der Lobau-Tunnel. Sie alle haben gemeinsam, dass hier jahrelang im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung um eine Genehmigung gekämpft wurde. Und sie sind eindeutig Negativbeispiele für die derzeit gängige Praxis. Bis feststand, ob überhaupt gebaut werden kann, verging nicht nur Zeit, die Verfahren kosteten den Projektwerbern und schlussendlich allen Steuerzahlern viel Geld. Zwar dauert ein UVP Verfahren in Österreich im Durchschnitt laut dem aktuellen UVP Bericht nur 7,2 Monate und liegt damit deutlich unter der gesetzlichen Frist von neun Monaten. Wird jedoch die Vollständigkeitsprüfung dazugezählt, dann sind es im Schnitt 15,2 Monate. Und auch nur deshalb, weil jedes Verfahren einzeln gezählt wird und nicht projektweise. Damit sind nicht nur die Projektwerber unglücklich, sondern auch Umweltschutzorganisationen und die EU. Im Detail unterscheiden sich die Forderungen der Beteiligten aber deutlich und sind in manchen Bereichen nahezu diametral. Knackpunkte sind einerseits die Frage, welche Projekte überhaupt eine UVP benötigen und andererseits wie – im Sinne der Aarhus-Konvention – die Beteiligung der Öffentlichkeit an den Entscheidungsverfahren umgesetzt werden soll.

Kritik Schwellenwerte


Derzeit werden in Österreich rund 20 Genehmigungsverfahren und rund 70 Feststellungsverfahren pro Jahr abgewickelt. Zu wenig findet die EU und fordert, dass Großprojekte mit einem höheren Flächenverbrauch wie Gewerbeparks oder Logistikzentren zu einer UVP verpflichtet werden sollten. Um Feststellungsverfahren zu vermeiden, sollten zudem die Tatbestände konkretisiert werden. Während Projektwerber konkrete Vorgaben begrüßen, da sie die Zahl der Feststellungsverfahren minimieren, sehen sie eine Senkung der Schwellenwerte durchaus kritisch. Wenn künftig auch kleine Projekt eine UVP benötigen, stelle sich wohl so manchen Projektverantwortlichen die Frage der Rentabilität.

Mag. Sandra Kasper, Rechtsanwältin bei PHH Rechtsanwälte, spezialisiert auf öffentliches Wirtschaftsrecht, insbesondere Umwelt- und Energierecht

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Kritik Bürgerbeteiligung

Die EU-Kommission forderte Österreich auf, „alle Anforderungen des Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention) korrekt in nationales Recht umzusetzen“. Während Umweltschutzorganisationen ihre umfassende Einbindung in Verfahren fordern, zeigt bereits die derzeitige Judikatur zur Parteistellung, dass rechtskräftige Bescheide durch NGO Interventionen aufgehoben und Verfahren verzögert werden können. Hier braucht es klare Vorgaben, damit notwendige Bauvorhaben attraktiv bleiben. Schließlich hat die Erfahrung gezeigt, dass insbesondere Bauvorhaben für erneuerbare Energieerzeugungsanlagen, wie Windparks oder PV Anlagen auf besonders heftigen Widerstand stoßen.

Novelle Eiertanz


Alle Wünsche unter einen Hut, sprich in eine Novelle, zu bringen, scheint schwierig. Dennoch wird es gelingen müssen. Denn ineffiziente Verfahren kosten die Projektwerber unnötig Geld und behindern Bauwirtschaft und Industrie, zu lasche Verfahren können dagegen Umweltschäden begünstigen und kosten ebenfalls unnötig Geld.

Dr. Stefanie Werinos-Sydow ist Partnerin bei PHH Rechtsanwälte, spezialisiert auf öffentliches Wirtschaftsrecht, insbesondere Umwelt- und Energierecht und Vergaberecht (werinos@phh.at)

Mag. Sandra Kasper ist Rechtsanwälten bei PHH Rechtsanwälte, spezialisiert auf öffentliches Wirtschaftsrecht, insbesondere Umwelt- und Energierecht (kasper@phh.at)