Konjunktur : Nachholeffekt: Wieder mehr Insolvenzen

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Insolvenzen: Steigerung um 117 Prozent.

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Ein bereits Ende des vergangenen Jahres sichtbarer Nachholeffekt bei den Firmeninsolvenzen hat sich 2022 fortgesetzt. Nachdem zuletzt viele staatliche Coronahilfen ausliefen, gab es heuer im ersten Quartal 1.050 und damit um 117 Prozent mehr Pleiten als im Jahr zuvor. Gleichzeitig ging laut vorläufigen Daten der Statistik Austria im ersten Quartal auch die Zahl der Registrierungen zurück, mit 15.393 lag man hierbei um 36 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres.

Bei den Firmenpleiten fiel man damit wieder auf Vor-Corona-Niveau zurück, hieß es seitens der Statistik Austria am Dienstag in einer Aussendung. Im ersten Quartal 2020, bevor die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie spürbar wurden, waren 1.118 Insolvenzen zu verzeichnen gewesen, 2019 den Angaben zufolge 1.223.

Die am stärksten von Unternehmensinsolvenzen betroffenen Sektoren waren heuer im ersten Jahresviertel Finanzdienstleistungen- und sonstige Dienstleistungen (245). Dahinter folgten die stark von der Coronakrise getroffenen Sektoren Handel (204), Bau (173) sowie der Gastronomie- und Beherbergungssektor mit 133 Insolvenzen. Als resilient erwiesen sich demgegenüber die Bereiche Verkehr (89), Sachgütererzeugung (58) und Information bzw. Kommunikation (30).

Rückläufig ist auch die Zahl der Registrierungen neuer Unternehmen. Diese gingen im ersten Quartal 2022 mit gut einem Drittel aber weniger deutlich zurück, als sich die Zahl der Insolvenzen erhöhte. Im Vergleich zum ersten Coronajahr 2020 gab es heuer eine Verringerung von 12 Prozent. Die höchste Zahl der Registrierungen wurde heuer bei Finanzdienstleistungen und sonstigen Dienstleistungen (4.840), bei persönlichen Dienstleistungen (3.497) und im Handel (2.798) gemeldet. Relativ geringe Registrierungsanzahl wiesen die Bereiche Verkehr (630) sowie Beherbergung und Gastronomie (731) auf.

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Folgen der Ukraine-Krise kommen erst

Während die aktuellen Insolvenzen vor allem auf die Folgen von Corona bzw. die auslaufenden Hilfsmaßnahmen zurückzuführen sind, dürfte eine Welle von Pleiten aufgrund des Ukraine-Konflikts erst folgen. Der Kreditversicherer Acredia ortet jedenfalls wegen der Russland-Ukraine-Krise ein sich abschwächendes Wirtschaftswachstum und eine erhöhte Insolvenzgefahr in Europa und Österreich. Zentrales Risiko sei eine Unterbrechung von Lieferketten wegen des Konflikts. "Ab dem zweiten Quartal kann das spürbare Auswirkungen auf die Insolvenzneueröffnungen haben", so Acredia-Österreich-Chefin Gudrun Meierschitz in einer Aussendung. Acredia rechnet heuer mit 5.000 bis 5.500 Firmenpleiten.

Der Kreditversicherer teilt somit die Einschätzung heimischer Gläubigerschützer, wonach die Insolvenzahlen in Österreich heuer aufs Niveau von vor der Coronakrise ansteigen oder auch etwas darüber liegen werden. Gegenüber dem Vorjahr, als die Corona-Unternehmenshilfen voll griffen, bedeuteten gut 5.000 Pleiten ein Plus von etwa 175 Prozent. Fürs erste Quartal hatte der KSV1870 dieser Tage einen Anstieg von 110 Prozent gegenüber dem Vorjahresvergleichszeitraum gemeldet.

Die Weltwirtschaft erfährt durch den Ukraine-Konflikt einen erheblichen Dämpfer. Acredia und Euler Hermes rechnen auf Basis einer neuen Studie mit konfliktbedingten Einbußen von mindestens minus 2 Prozentpunkten. Beim globalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) gehen die Ökonomen für heuer von einem reduzierten Zuwachs von 3,3 Prozent aus (-0,8 Prozentpunkte seit Beginn des Konflikts). Für 2023 wird ein Plus von 2,8 Prozent erwartet.

Die Situation in Österreich sei ähnlich. Vor der Ukraine-Krise gingen die Experten von einem BIP Wachstum von 4 Prozent aus. "Mittlerweile zeichnet sich ab, dass das BIP auch in Österreich weniger stark wachsen wird", sagte Meierschitz. "Derzeit rechnen wir für 2022 mit plus 2,6 Prozent." Noch vor Ausbruch des Konflikts und ohne einer weiteren Corona-Eskalation hatten heimische Wirtschaftsforschungsinstitute wie Wifo und IHS mit einem Wirtschaftswachstum zwischen 4 und 5 Prozent gerechnet.

Schlechte Stimmung lässt weitere Pleiten erwarten

Die schlechte Stimmung, in vielen Unternehmen lässt jedenfalls weiter Insolvenzen erwarten. Das legt auch eine Umfrage, die der KSV kürzlich präsentierte. "Inflation, Lieferengpässe, internationale Konflikte und steigende Sorgen vor Liquiditätsengpässen haben die Unternehmensstimmung in Österreich deutlich eingetrübt. Es gibt unglaubliche Unsicherheiten. Und jede Unsicherheit ist Gift für die Wirtschaft", sagte KSV-Chef Ricardo-Jose Vybiral bei der Präsentation "Der Aufschwung wurde gestoppt."

"Große Herausforderungen sind Preissteigerungen, die nicht eins zu eins weitergegeben werden können", so Vibyral. Somit würden Unternehmen oft auf ihren Kosten sitzen bleiben. Eine Entspannung an der Teuerungsfront sehe man nunmehr auch eher erst fürs kommende und nicht mehr fürs heurige Jahr.

Die Stimmung ist jedenfalls "hinuntergerasselt": Nur mehr 55 Prozent der befragten Firmen sagen derzeit, dass sie positive Geschäftsaussichten haben. Bei der letzten Umfrage waren es noch 65 Prozent. Zuletzt war die Stimmung nur im Zuge des ersten Corona-Lockdowns mieser.

Das geringste Problem derzeit sei die Auftragslage. "Aber hier gibt es ein Paradoxon - die Auftragsbücher sind mehr als voll, viele können die Aufträge aufgrund von Lieferengpässen aber nicht abarbeiten", sagte der KSV-CEO. "Topthema" sei hierbei und generell weiterhin ebenso der Arbeitskräftemangel - "auch weil die Auftragsbücher in vielen Branchen voll sind". Die Arbeitslosigkeit solle weniger attraktiv gestaltet und der Fachkräfte-Zuzug erleichtert werden, sagen die Unternehmen daher laut dem "Austrian Business Check".

80 Prozent der Betriebe fürchten derzeit einen Liquiditätsengpass auf sich zukommen. Dennoch sei das Umfeld grundsätzlich stabil, sagte KSV-Experte Gerhard Wagner. 9 Prozent der befragten Betriebe haben ihre liquiden Mittel aufgebraucht "und es wird für sie schwierig, das laufende Jahr zu überstehen". Insgesamt erwartet lediglich jedes fünfte Unternehmen, langfristig keine wirtschaftlichen Probleme zu bekommen. Die Pandemie hat negativen Einfluss auf das Eigenkapital von etwas mehr als 40 Prozent der Firmen genommen. Trotzdem haben 70 Prozent der Firmen voriges Jahr aber Investitionen getätigt, besagt die Umfrage.

Insgesamt erwarten gerade einmal 19 Prozent, langfristig keine finanziellen Probleme zu bekommen. Für 27 Prozent der Befragten ist zwar das laufende Jahr gesichert, darüber hinaus gibt es aber einige Fragezeichen. Weiters sind laut eigenen Angaben aus heutiger Sicht für 13 Prozent die Jahre 2022 und 2023 gesichert, für 32 Prozent die nächsten drei bis fünf Jahre. "Was die Liquidität anbelangt, ist das Glas halbleer", sagte Wagner. "Dabei gibt vor allem die Kombination aus internationalen Krisenherden, aktuellen Kostenentwicklungen und wirtschaftlichen Corona-Einschnitten Anlass zur Sorge", so Wagner.