Gründerszene : Heimische Start-ups: Aufwind mit Turbulenzen

Eco Austria Direktorin Monika Köppl-Turyna

EcoAustria-Chefin Köppl-Turyna: Beteiligungsfreibetrag für Investitionen würde Start-ups helfen

- © BKA/Florian Schrötter

Die heimische Start-up-Szene befindet sich im Aufwind, hinkt im Vergleich zu vielen anderen westeuropäischen Ländern aber noch kräftig hinterher. Das legt eine neue Studie des industrienahen Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria nahe, in deren Rahmen die Wertschöpfung sowie die Aufholpotenziale für Start-ups in Österreich untersucht wurden. Bei der Präsentation am Mittwoch wurde vor allem deren möglicher Beitrag zur positiven Entwicklung der Volkswirtschaft hervorgehoben.

"Die Wirkung von Start-ups ist deutlich spürbar für den ganzen Standort", sagte Amelie Groß, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), in einer Pressekonferenz. Deren Innovationskraft spiegle sich vor allem in Beiträgen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) oder in positiven Beschäftigungseffekten am Arbeitsmarkt. Dennoch gebe es in Österreich noch großen Aufholbedarf, wie im Vergleich mit anderen europäischen Ländern deutliche werde.

So weist Österreich laut der von der Austrian Angel Investors Association (aaia) beauftragten Studie eine verhältnismäßig geringe Zahl an Start-ups auf. Auf eine Million Einwohner kommen hierzulande derzeit 687 Unternehmen, womit man etwa im Mittelfeld der europäischen Länder liegt. Zum Vergleich: Bei den Spitzenreitern Niederlande und dem Vereinigten Königreich sind es 2.400 bzw. 1.811 Start-ups, die auf eine Million Menschen gezählt werden. Diese Länder hätten aus diesem Grund auch als Benchmark gedient, um das Potenzial der Szene für Österreich zu verdeutlichen, erklärte EcoAustria-Direktorin Monika Köppl-Turyna.

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Die heimische Start-up-Szene befindet sich im Aufwind, hinkt im Vergleich zu vielen anderen westeuropäischen Ländern aber noch kräftig hinterher.
Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria

Signifikante Auswirkungen auf BIP

Gliche man den Status der Start-ups in Österreich nämlich deren Niveau an, so würden sich deutliche Investitions- und Beschäftigungseffekte zeigen, sagte Köppl-Turyna. Nach einer in der Studie vorgenommenen Modellrechnung erhöht sich dabei nicht nur die Zahl der Start-ups, auch zeigen sich deutliche Effekte für den Arbeitsmarkt und das BIP. Zieht man das Vereinigte Königreich als Maßstab heran, würde das in 5 Jahren einen Anstieg um 6.200 neue Start-ups sowie um 8.000 mehr Beschäftigte bedeuten. Das BIP wäre in diesem Szenario durch eine erhöhte Produktivität nach zehn Jahren um 3,8 Mrd. Euro höher, erläuterte die Ökonomin.

"Die Ergebnisse machen deutlich, dass Start-ups nicht nur heute schon einen Milliarden-Wirtschaftsfaktor darstellen, sondern sie in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren zum wesentlichen Faktor unserer Wirtschaft aufsteigen werden", meinte Groß. Damit dies jedoch Realität werden könne, müsse man sie von zahlreichen Hürden befreien. Ein deutlicher Bürokratieabbau sei vonnöten. Außerdem hätten die Jungunternehmen mit restriktiven Regulierungen bei Gründung und Marktzugang zu kämpfen. Auch bei dem zur Verfügung gestellten Risikokapital liege man unter dem Niveau vieler anderer Länder. "Wir sind von den Rahmenbedingungen noch nicht da, wo wir sein wollen."

Vonnöten sei aber vor allem ein Beteiligungsfreibetrag für Investitionen, um diese auch für viele private Investorinnen und Investoren deutlich attraktiver zu machen. Das Potenzial dafür sei gegeben, es gelte jedoch, mehr Bewusstsein für die Thematik schaffen, ergänzte Lisa-Marie Fassl von der aaia. In diesem Kontext sei auch die Politik gefordert. Es gebe hier einige Player, die die Relevanz des Themas erkannt hätten. "Dinge anpacken und umsetzen", müsse jetzt aber die Devise lauten.

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Beschäftigungsmotor Start-up

Grundsätzlich befindet sich die heimische Start-up-Szene aber durchwegs im Aufwind. Sie ist im vergangenen Jahr trotz Pandemie weiter gewachsen. Das treffe sowohl auf die Zahl der Beschäftigten als auch auf den Unternehmenswert zu, wie es bei der Präsentation des Austrian Start-up Monitor (ASM) 2021 hieß. Insgesamt beschäftige die Branche rund 25.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter). Vor einem Jahr wurde die Zahl noch mit rund 22.000 angegeben.

Im kommenden Jahr könnten 10.000 neue Stellen entstehen, so der Start-up Monitor, für den 530 Jungunternehmerinnen und -unternehmer befragt wurden. Zu einer ähnlichen Prognose war man allerdings auch schon vor einem Jahr gekommen. Ein Start-up-Unternehmen beschäftigte 2021 im Schnitt 12,3 Mitarbeiter, nach 9,4 im Jahr davor.

Positiv wurde auch die Entwicklung bei den Firmenbewertungen hervorgestrichen. Österreich ist in die Top 4 der Länder mit den meisten Unicorns in der EU aufgestiegen. Unter einen "Unicorn" (Einhorn) versteht man ein Start-up, das mit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet wird.

Um die jungen, innovativen Unternehmen in Zukunft weiter zu unterstützen, ist auch eine neue auf Start-ups zugeschnittene Unternehmensform geplant, die sogenannte Flexible Kapitalgesellschaft ("FlexKapG"). Allerdings hatte es hier zuletzt noch Gesprächsbedarf zwischen dem Wirtschafts- und dem Justizministerium gegeben.