DHL-Manager Schweighöfer : Logistik-Trend: "Es geht eher um eine Diversifizierung der Lieferketten"

Ralf Schweighöfer, Managing Director DHL Express (Austria) beim Flagship Store in Linz

DHL-Manager Ralf Schweighöfer

- © DHL Express (Austria)

Der DHL Logistics Trend Radar beleuchtet alle zwei Jahre die aktuellen Trends, die sich in der Logistikbranche abzeichnen. Darunter werden die Dekarbonisierung, die Robotertechnik, Big Data, die Diversifizierung von Lieferketten und alternative Energielösungen die Logistik am stärksten verändern, heißt es in dem Bericht.

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Er ist das Ergebnis einer Analyse von Makro- und Mikrotrends und beruhe auf Erkenntnissen aus dem intensiven Austausch mit Kunden und einem großen Partnernetzwerk, das Forschungsinstitute, Technologieunternehmen und Start-ups umfasst, so DHL.

In einem Gespräch ordnet DHL-Manager Ralf Schweighöfer die neuen Trends ein (das gesamte Interview lesen Sie hier).

"Globalisierung ist erst einmal etwas Positives"

Herr Schweighöfer, der Trend Radar erscheint alle zwei Jahre. Einige Themen verschwinden, um dann wieder Fahrt aufzunehmen – oder umgekehrt. Haben Sie hier ein Beispiel?

Ralf Schweighöfer:
Ein Beispiel ist sicherlich das Thema Drohnen. Schon vor zehn Jahren wurde ich auf das Thema angesprochen - und erst vor einigen Wochen wurde ich wieder zu einer Podiumsdiskussion zum Thema eingeladen, weil sie jetzt wieder sehr präsent sind. In der Logistik fristen sie aber nach wie vor eher ein Nischendasein, weil die Einsatzbereiche recht überschaubar sind. Drohnen machen überall dort Sinn, wo ich innerhalb des eigenen Grundstücks bin – etwa für die Inventur im Warehouse. Überall dort, wo es um den Zustellprozess geht, konnten wir bisher noch keinen positiven Businesscase rechnen.

Ein weiteres interessantes Beispiel aus der Vergangenheit sind RFID-Tags. Hier gab es die Erwartung, dass alle Pakete nur noch mit RFID-Tags ausgestattet sind. Wir haben irgendwann festgestellt, dass das nie passieren wird. Natürlich spricht das nicht gegen die Technologie RFID, wir setzen ja oft RFID-Tags ein, aber eben nicht beim Standard-Paketversand, sondern eher bei hochwertigen oder temperaturgeführten Gütern.

Inwiefern haben sich die Trends in den letzten zehn Jahren verändert?

Schweighöfer:
Seit dem Start des Trend Radars 2013 sehen wir, dass sich vier Megatrends abgezeichnet haben. Das erste ist das Thema Globalisierung. Wir erleben immer wieder, dass Menschen – aus unterschiedlichen Gründen – sagen, die Globalisierung habe keine Zukunft. Ich bin davon überzeugt, dass Globalisierung weltweit für die Bildung und für den Wohlstand der Menschen enorm viel erreicht hat, insofern ist die Globalisierung erst einmal etwas Positives.

Ich glaube wir müssen verantwortlicher mit Globalisierung umgehen. Wir müssen uns Gedanken machen, ob wir etwa wirklich jedes einfache Teil einmal quer durch die Welt karren müssen. Das ist der erste große Trend. Und auch wenn jetzt gerade wieder viele sagen, dass wir schauen müssen, woher wir sourcen, glaube ich trotzdem nicht daran, dass wir in den teuren Ländern, in denen wir leben, wettbewerbsfähig alle Produkte gut produzieren können. Es geht eher um eine Diversifizierung der Lieferketten als um das Thema, alles wieder im eigenen Land zu produzieren.

Ist die Digitalisierung ein weiterer Megatrend?


Schweighöfer:
Genau. Man kann es sich nicht mehr leisten, nicht über Digitalisierung zu sprechen. Es ist aber wichtig, es konkret zu machen: Was haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, was haben die Kundinnen und Kunden davon. Wir haben es etwa als Beispiel weitgehend geschafft, sämtliche Zolldokumente zu eliminieren, das heißt wir haben die ganze Verzollung komplett digital transformiert. Das ist eine enorme Einsparung von Papier und unter dem Strich auch eine unglaubliche Vereinfachung für alle beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das ist stark getrieben seit drei Jahren, der Brexit hat da sicherlich eine große Rolle gespielt.

Der dritte Megatrend ist das Thema E-Commerce. Wir sind der Meinung, dass das Potenzial von E-Commerce noch lange nicht ausgeschöpft ist. Wenn wir uns etwa mit China oder Korea, teilweise aber auch mit den USA vergleichen, wieviel Onlinehandel da schon passiert, dann waren wir lange Zeit ziemlich zurück. Teilweise wurde das während der Pandemie etwas aufgeholt. Ich habe 2017 ein eigenes E-Commerce-Team aufgebaut, um österreichische Webshops zu beraten wie sie durch Internationalisierung ihre Artikel in die ganze Welt versenden können. Hier sind wir am Anfang auf unglaubliche Skepsis gestoßen. Nachdem aber erste Kunden mit uns diesen Weg gegangen sind, war es schon enorm zu sehen, wie sich die Umsätze erhöht haben. Als wir 2017 begonnen haben hatten wir etwa eine Million Umsatz in diesem Segment, im letzten Jahr waren es schon acht Millionen.

Schließlich ist der vierte Megatrend das Thema Nachhaltigkeit. Das gab es immer wieder mal schon, ist aber bei jeder größeren Krise in den Hintergrund getreten. Erst jetzt ist das Thema derart präsent, dass es bleibt.

Ein großer Trend ist wohl auch die Automatisierung in der Intralogistik. Wird der im Trend Radar berücksichtigt?

Schweighöfer:
Fahrerlose Systeme sind vor allem im Werk, in der Fabrik, ein großes Thema – überall dort, wo ich eine hohe Wiederholbarkeit habe. Wir haben vor zwei oder drei Jahren in unserem großen Europa-Hub in Leipzig eine automatische Palettensortierung implementiert. Das lohnt sich dort, weil das das Europa-Drehkreuz ist. Das würde sich an den kleineren Standorten in den einzelnen Ländern noch nicht bezahlt machen.

Dies ist ein Auszug eines längeren Artikels und Interviews im Magazin Dispo. Lesen Sie hier mehr über die aktuellen Logistik-Trends und wie verschiedene Krisen mit hinein spielen.