Erneuerbare Energie : Graf (Energie Steiermark): "Hemmnis ist die gesellschaftliche Akzeptanz"

Christian Purrer und Martin Graf

Energie Steiermark Vorstand Christian Purrer und Martin Graf

- © Energie Steiermark

Die extreme Situation auf den Strommärkten ruft nach innovativen Lösungen, die der Wirtschaft und den Verbrauchern Sicherheit bieten. Aus diesem Grund starten die Energie Steiermark und der österreichische Grünstromerzeuger Enery ein Kooperationsprojekt das insbesondere eine nachhaltige Signalwirkung mit sich bringen soll.

Mit einer Investitionssumme von rund 4,4 Millionen Euro wird in Frauental an der Lassnitz (Bezirk Deutschlandsberg) eine 50.000 Quadratmeter große Photovoltaikfreiflächenanlage errichtet. Der Baustart wird noch heuer sein, die Inbetriebnahme soll dann im April 2023 erfolgen.

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Erster Großkunde steigt ein

Als erster Großkunde konnte im Vorfeld der internationale Faserhersteller Lenzing AG gewonnen werden. Ein Unternehmen das aufgrund der hohen Energiekosten aktuell selbst mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hat.

Am Standort in Heiligenkreuz musste der Großteil der 340 Mitarbeiter zur Kurzarbeit angemeldet werden. An diesem Standort werden Fasern hergestellt, die in Bekleidung und auch Feuchttüchern enthalten sind.

Im Gegensatz dazu ist der Unternehmenssitz des weltweit agierenden Faserherstellers in Lenzing weit weniger von den Preissteigerungen betroffen. Denn das Werk versorgt sich Großteils selbst mit Energie. Mehr als 90 Prozent des Bedarfs werden durch hauseigene Biomasse abgedeckt, genutzt wird dafür das nicht mehr benötigte Holz aus der Faserproduktion. Die rechtlichen etwas weniger als zehn Prozent müssen extern zugekauft werden, so der Unternehmenssprecher.

Um auch das Werk im Burgenland künftig unabhängiger zu machen, hat sich Lenzing die Strombezugsrechte aus der Photovoltaikanlage für die kommenden 20 Jahre gesichert. Damit bezieht der führende Produzent von biologisch abbaubaren, holzbasierten Spezialfasern nicht nur grünen, sondern garantiert auch langfristig günstigen und sicheren Strom.

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Mit diesem langfristigen Vertrag könne Ökostrom zu einem fixen Preis über einen langen Zeitraum angeboten werden. Damit würden sich gerade stromintensive Unternehmen vor den Risken der Ausschläge und der Volatilität der Energiepreise schützen können, so Christian Purrer und Martin Graf, Vorstände der Energie Steiermark.

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Für die gemeinsame Errichtung der Anlage in Frauental wurde ein Areal im Ortsteil Gleinz ausgewählt, das bereits für die Sondernutzung gewidmet ist. Die installierte Leistung liegt bei 5,5 MWh, die jährliche Energiemenge liegt bei 6 GWh (das entspricht dem durchschnittlichen Jahresverbrauch von rd. 1.800 Haushalten). Rund 1.800 Tonnen CO2 können damit jährlich eingespart werden.

"Das Gesetzt ist zu kurz gegriffen"

INDUSTRIEMAGAZIN NEWS hat mit dem Vorstandsdirektor der Energie Steiermark, Martin Graf, über die aktuelle Gesetzes-Novelle gesprochen, die eine "Überholspur für die Energiewende" bringen soll. Und was aus Sicht der Branchen-Experten den "Turbo" für den Umstieg auf Erneuerbare Energien tatsächlich noch hemmt.

IM-News: Was bedeutet das Photovoltaik-Projekt für die Energie Steiermark und warum gerade ist die Lenzing AG der erste Großkunde?

Martin Graf:
Als Energie Steiermark setzen wir seit Jahren auf erneuerbare, CO2-freie Energie aus Sonnen-, Wasser- und Windkraft. Und gerade die hohen Preise führen dazu, dass sich auch die Industrie mit erneuerbarer, günstiger Energie eindecken will. Wir sind froh dieses Photovoltaik-Projekt in der Steiermark realisieren zu können. Und auch, dass wir die Lenzing AG als innovatives, ökologisch orientiertes Unternehmen als Kunden und Partner gewinnen konnten. Damit wir auch zukünftig mehr erneuerbare Energie in unsere Netze bringen können.

IM-News:
Es wurde eine Gesetzes-Novelle beschlossen, die eine „Überholspur für die Energiewende“ bringen soll. Wie ist Ihre Einschätzung dazu - wird das neue Gesetz halten was es verspricht?

Graf: Da gibt es noch einiges zu tun und zusätzlich braucht es die Experten in den Ministerien und Verwaltungsbehörden, damit die Umsetzung auch schnell möglich ist. Nur das Gesetz alleine hilft und noch nicht ein Verfahren zu beschleunigen. Wir brauchen die Experten, um die Verfahren durchzusetzen. Unser Ziel ist es, so viel erneuerbare Energie wie möglich zu realisieren, aber da fehlt noch die Genehmigung.

IM-News: Was hemmt derzeit den „Turbo“, um möglichst schnell auf Erneuerbare Energien umzusteigen?

Graf: Ein großes Hemmnis ist sicher noch die Akzeptanz. Wenn wir über erneuerbare Energien sprechen sehen wir eine breite Allianz für neue Energieformen und CO2-freie Formen. Wenn wir aber dann mit konkreten Projekten in den Gemeinden auftreten, dann gibt es oft Widerstand. Der größte Hemmschuh den wir überwinden müssen ist, dass wir die gesellschaftliche Akzeptanz zur Realisierung von Projekten brauchen. Dafür braucht es die entsprechende Flächenwidmung und den Netzausbau. Im Dreiklang zwischen Flächenwidmung, Netzausbau und Akzeptanz können wir künftig rasch mehr Wind-, Wasser- und Sonnenkraft-Projekte realisieren.