Elektromobilität : BMW Steyr Chef Moltke: "Der Markt soll über das Verbrenner-Ende entscheiden"
Das BMW-Werk in Steyr soll bis 2025 groß in die Fertigung von Elektromotoren einsteigen. Bis 2030 investiert BMW eine Milliarde Euro in den Standort, an dem auch ein neuer E-Motor entwickelt werden soll - und aus dem bis dato jeder zweite weltweit in einem BMW verbaute Antrieb herkommt. Schon weil in anderen Weltregionen die Elektrifizierung langsamer von statten geht, sollen allerdings in Steyr auch weiter in großem Stil Verbrenner produziert werden.
Auch in Europa wackelt das bisher geplante Aus von Verbrennungsmotoren für Neuwagen ab 2035. Das bisher geplante finale Votum diesen Dienstag wurde von der EU verschoben, nachdem Bulgarien, Polen, Italien und auch Deutschland signalisieren, nicht mehr zustimmen zu wollen. Rückendeckung für die politische Entscheidung gibt es aus der Autobranche: "Wir halten nichts von einem frühzeitigen Verbot des Verbrenners, wir sind der Meinung, dass der Markt über den Zeitpunkt entscheidet", sagt der Werksleiter von BMW Steyr, Klaus von Moltke.
Der 47-Jährige Moltke ist seit November 2022 Werksleiter bei BMW Steyr, damals übernahm er die Leitung des größten Motorenwerkes der BMW Group von Alexander Susanek, der in die Zentrale nach München wechselte. Im Gegensatz zur EU sind Verbrennungsmotoren für den Weltmarkt kein Auslaufmodell. Für den Autohersteller sei daher "maßgeblich", was die Märkte wollen, meint von Moltke.
Moltke: "Weiterhin zwei Standbeine bei BMW"
Für BMW sei daher "maßgeblich", was die Märkte wollen, meinte von Moltke im Gespräch. "Und wir werden uns dementsprechend orientieren, das tun wir verantwortungsvoll auch im Sinne der Nachhaltigkeit", ergänzte er. Dies bedeute, BMW setze auf "zwei Standbeine", dazu werde eine Mrd. Euro bis 2030 in den Standort Steyr investiert. Die Produktion von Verbrennungsmotoren (von 1,1 Mio. Motoren jährlich sind rund zwei Drittel Benziner und ein Drittel Diesel) in vier Montagelinien bleibt erhalten. Gleichzeitig werden aber Kapazitäten für E-Antriebe geschaffen.
2025 soll die Serienproduktion von E-Maschinen hochgefahren werden. 600.000 Einheiten pro Jahr sollen dann für die gesamte "Neue Klasse" vom Band gehen. Der Zeitplan bis dahin sei "straff", zwei Hallen sind derzeit auf dem Werksgelände im Entstehen, so von Moltke. 2030 werde rund die Hälfte der 4.400 Beschäftigten für E-Motoren arbeiten. Im Entwicklungszentrum, in dem 700 Mitarbeiter beschäftigt sind, dürften es dann 90 Prozent sein. Derzeit beschäftigt sich ein Drittel der Entwickler mit E-Antriebstechnik. Von Moltke zeigte sich überzeugt, dass Steyr der führende BMW-Antriebsstandort bleiben werde. Er sieht es als "eine unserer Stärken, dass wir Produktion und Entwicklung in einer Hand haben."
Moltke: "Bedarf an Indivitualmobilität wird hoch bleiben"
Grundsätzlich glaubt der Werksleiter, "der Bedarf an Individualmobilität wird weiterhin bleiben, auf das setzen wir auf. Die Frage ist, mit welchem Antriebskonzept. Wir bieten Technologieoffenheit an". Als größte Einschränkungen bei E-Mobilität nennt er die Energiepreise und Ladeinfrastruktur. Bei zweiterem sei auch die Politik gefordert, "den Ausbau sicherzustellen". Reichweiten seien bei den E-Autos heute allgemein kein Problem mehr. Wie hoch er das Potenzial bei Neuzulassungen von E-Autos aktuell sieht? "Wir wissen nicht, wie sich die Märkte entwickeln, was die Regulatorik (wie Lieferengpässe oder Energiekrise, Anm. der Red.) macht".
BMW müsse "entsprechend agieren und sich breit aufstellen", wiederholte er.Zahlen zum abgelaufenen Geschäftsjahr nannt von Moltke nicht, aber man habe im letzten Quartal 2022 gut aufgeholt. 2021 steigerte das Werk in Steyr im Vergleich zu 2020 den Umsatz um 12,5 Prozent auf 3,36 Mrd. Euro. Die BMW Group Österreich erzielte mit ihren Gesellschaften in Salzburg, Steyr und Wien einen Umsatz von 6,57 Mrd. Euro, was einem Plus von 12,6 Prozent entsprach. Der Anteil an elektrifizierten (vollelektrisch und Hybrid) Neuwagen betrug 2022 gut 35 Prozent.Klaus von Moltke wurde in Venezuela geboren.
Er studierte Ingenieurwissenschaften und startete 1998 bei BMW in München als Prozessplaner in der Fahrzeugmontage. Später war er vier Jahre im südafrikanischen Werk Rosslyn tätig. 2010 kehrte er nach München zurück. Bis zu seinem Wechsel nach Steyr leitete er die Gestaltung und Implementierung von Produktionskonzepten für Mittelklasse- und Oberklasse-Modelle.
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