Österreich : Warum 2024 Tourismus-Rekordjahr werden kann

Der Wienerwald ist Naherholungsgebiet seit eh und je und beliebte Destination für viele internationale Touristinnen und Touristen.

Der Wienerwald ist Naherholungsgebiet seit eh und je und beliebte Destination für viele internationale Touristinnen und Touristen.

- © Niederösterreich-Werbung/Hauke Dressler

Die Tourismusergebnisse 2023 geben Anlass zu Optimismus: Der Wiener Tourismussektor hat sich von den pandemiebedingten Rückschlägen erholt und verzeichnete im Jahr 2023 das zweitbeste Ergebnis seiner Geschichte.

Die Zahl der Übernachtungen lag mit 17,3 Millionen knapp zwei Prozent unter dem Rekordjahr 2019. Ein neuer Höchststand wurde jedoch beim Nächtigungsumsatz erzielt. Dieser stieg in den Monaten Jänner bis November 2023 auf 1,08 Milliarden Euro an, was einem Zuwachs von 20 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum vor der Pandemie im Jahr 2019 entspricht. Selbst unter Berücksichtigung der Inflation ergibt sich ein Plus von 10 Prozent.

Der Wien-Tourismus-Direktor Norbert Kettner hob bei einem Gespräch mit Journalisten hervor, dass die Hoteliers erfolgreich höhere Preise durchsetzen konnten. Der größte Teil der Touristen kam aus Europa und Amerika. Asiatische Besucher, insbesondere aus Südkorea, China und Japan, blieben jedoch weiterhin hinter den Erwartungen zurück. Die Zahl der südkoreanischen Touristen lag 20 Prozent unter dem Niveau von 2019, während die Besucherzahlen aus China und Japan um 68 bzw. 67 Prozent niedriger waren. Kettner nannte als Gründe unter anderem die reduzierte Anzahl an Direktflügen, wirtschaftliche Faktoren und verändertes Konsumverhalten. Die Welttourismusorganisation (UNWTO) prognostiziert, dass chinesische Gäste erst im Jahr 2025 zurückkehren werden.

Steigende Kosten setzen Betriebe unter Druck

„Auch wenn die erfreulichen Nächtigungszahlen im letzten Jahr und der Ausblick auf 2024 uns durchaus optimistisch stimmen, muss klar sein, dass das kein Selbstläufer ist“, warnt Hans Spreitzhofer, Obmann des Fachverbandes Hotellerie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).

„Unsere Unternehmerinnen und Unternehmer arbeiten hart, sind innovativ und müssen äußerst flexibel agieren, um attraktive Angebote in jeder Alters- und Preisklasse für Gäste aus dem In- und Ausland zu schnüren. Wir dürfen daher die bestehenden Herausforderungen für unsere Betriebe nicht außer Acht lassen: Die steigenden Kosten in allen Bereichen – Energie, Lebensmittel, Zinsen, Arbeitskräfte – setzen die Branche unter Druck. Das spiegelt sich auch im Gästeverhalten wider, denn die Nebenkonsumationen im Urlaub – für Verpflegung, aber auch Zusatzdienstleistungen wie Massagen – gehen stark zurück. Spätestens jetzt ist es an der Zeit, die Weichen für weitere erfolgreiche Jahre zu stellen und noch wesentliche ausstehende Punkte aus dem aktuellen Regierungsprogramm umzusetzen.“

  • WKÖ-Hotellerie-Obmann Hans Spreitzhofer
    „Die aktuellen Nächtigungszahlen bestätigen, dass unsere österreichischen Stammgäste gerne im eigenen Land urlauben. Wichtig für Österreichs Hotellerie sind natürlich aber auch die Nächtigungen der ausländischen Gäste, die mit 74 Prozent der Nächtigungen über das Kalenderjahr 2023 hinweg entscheidend für ein gutes Ergebnis waren“

    WKÖ-Hotellerie-Obmann Hans Spreitzhofer

Rahmenbedingungen: Es ist Feuer am Dach

Damit die Tourismus- und Freizeitbranche aber auch weiterhin auf der Überholspur bleibt, sind allerdings auch tourismusfreundliche Rahmenbedingungen notwendig. Angesichts der jüngsten Ankündigung von Finanzminister Brunner, die Auflösung der COFAG am 30. Juni zu starten, ist es dringend notwendig, dass die noch ausstehenden COFAG-Hilfen so schnell wie möglich ausgezahlt werden. Dazu muss die bereits auf EU-Ebene notifizierte Umwidmungsrichtlinie national umgesetzt werden.

„Es ist Feuer am Dach, es kann nicht sein, dass in einem demokratischen Rechtsstaat rund 1.000 Antragsteller, die sämtliche Voraussetzungen für die Förderungen korrekt erfüllt haben, jahrelang mit der Auszahlung mutwillig hingehalten werden und das Damoklesschwert existenzbedrohender Rückforderungen über den Unternehmen schwebt.  Es muss jetzt schnell und unbürokratisch eine Lösung für die noch offenen Förderungen von 135 Millionen Euro her“, so der eindringliche Appell des Linzer Gastronomen und Bundesspartenobmannes Robert Seeber.

„Es wäre höchst angebracht, sich bei den geschädigten Betrieben für die himmelschreienden Fehler und Verzögerungen bei der Abwicklung zu entschuldigen, anstatt über die Finanzprokuratur mit zermürbenden Prozessen zu drohen“, ärgert sich Seeber.

„Seit mehr als zehn Jahren steigen die Konsumausgaben der privaten Haushalte für die Gastronomie deutlich stärker als die Kaufkraft insgesamt“
Wolfgang Richter von Regio Plan

Anonyme Bewertungen verbieten

Bewertungsplattformen werden immer häufiger bewusst zur Verbreitung unwahrer Behauptungen missbraucht – zum Nachteil des Verbraucherschutzes und der Unternehmen. „Viele Menschen vertrauen bei ihren Kaufentscheidungen oder Restaurantbesuchen den Bewertungen auf Online-Plattformen. Dieses Vertrauen darf nicht durch Fake-Online-Bewertungen zerstört werden“, betont Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky.

„Online-Bewertungsplattformen sind für den Tourismus wichtig. Einerseits steigern sie die Bekanntheit und andererseits fördern sie den Qualitätswettbewerb“, ergänzt die Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler. „Das gilt ebenso für kritische Bewertungen, solange diese ehrlich und konstruktiv sind. Bei der Klarnamenpflicht gehe es deshalb weder um ein Meinungs- noch um ein Nickname-Verbot.“ Wichtig sei ihr vielmehr, dass Behörden bei rechtswidrigen Aussagen, wie zum Beispiel Drohungen gegen Mitarbeiter, rasch einschreiten können und absichtlich unwahre Behauptungen, wie Wettbewerbsverzerrungen durch Bots, erschwert werden. Mit einer Klarnamenpflicht ließe sich solchen Fehlentwicklungen wirkungsvoll entgegenwirken.

Städtetourismus in Wien floriert nach den mageren Corona-Jahren wieder.
Städtetourismus in Wien floriert nach den mageren Corona-Jahren wieder. - © Sina Ettmer - stock.adobe.com

Wirte müssen auf Sparflamme kochen

Der Preisanstieg beträgt bei Lebensmitteln fast 15 Prozent. Mehl war zwischenzeitig sogar doppelt so teuer wie im Jahr 2021. Ähnliches gilt für Zucker, Nudeln und Speiseöl. Vergangenen Mai wurden außerdem noch die Löhne erhöht, daher müssen die Wirte um rund zehn Prozent mehr für die Löhne und Gehälter ihrer Beschäftigten einrechnen. „Das muss man erst einmal in den Kosten unterbringen. Wer darüber klagt, dass wir zu teuer sind, sollte nicht ständig höhere Gehälter fordern“, mahnt Mario Pulker, Gastronomie-Fachgruppenobmann in der Wirtschaftskammer.

„Eine vernünftige Preisanpassung ist durch massive Konkurrenz über Jahrzehnte verhindert worden“, so Pulker. „In Europa lässt sich in keinem anderen Land zu diesen Preisen in vergleichbarer Qualität essen. In Österreich jedoch darf Dienstleistung offenbar weiterhin nichts kosten.“

  • Mario Pulker, Spartenobmann Tourismus und Freizeitwirtschaft NÖ
    „Es ist nicht so, dass die Betriebe willkürlich Preiserhöhungen vornehmen. Das können wir uns - im wahrsten Sinne des Wortes - in der jetzigen Zeit gar nicht leisten, da wir die Preissensibilität unserer Gäste deutlich spüren"

    Mario Pulker, Spartenobmann Tourismus und Freizeitwirtschaft NÖ

Gespart wird, wo es möglich ist

Auch der legendäre Peschta in Hütteldorf musste seine Preise anheben. Die stark gestiegenen Einkaufspreise seien eine Herausforderung, meint Gastronom Thomas Peschta, Inhaber des namensgleichen Gasthauses in vierter Generation.

„Bier ist innerhalb von sechs Monaten zweimal um je zehn Prozent teurer geworden. Das den Gästen zu vermitteln, war eine schwierige Sache“, meint er. Die explodierenden Gaspreise versuchte Peschta mit Umstellungen in der Küche und Einsparungen in allen Bereichen abzufedern. „Wir haben vieles auf Druckkochtöpfe umgestellt, um die Zubereitungszeiten zu reduzieren”, sagt er. Auch die Photovoltaikanlage am Dach, die immerhin ein Sechstel seines jährlichen Strombedarfs deckt, sowie sein guter Stromvertrag machen sich jetzt bezahlt. Peschta ist einer Einkaufsgenossenschaft beigetreten. „Das hat mir sehr geholfen. Ich habe mir zwei, drei Prozent beim Wareneinsatz ersparen können”, so der Wirt. Doch es schlagen die höheren Mitarbeiterlöhne zu Buche. „Damit man mich nicht falsch versteht - ich gönne es den Mitarbeitern, und höhere Löhne steigern auch die Attraktivität der Branche. Aber es sind wieder Kosten, die auf den Preis draufgehen”, sagt der Gastronom, der „Gott sei Dank auf überwiegend verständnisvolle Kunden” zählen kann.

„Die Menschen spüren die Teuerung genauso wie die Gastronominnen und Gastronomen“, betont Mario Pulker. Obwohl die Gäste zwar nicht ganz ausbleiben, spüren die niederösterreichischen Gastronomen einen Rückgang in der Konsumation. Die meisten Menschen kommen nach wie vor gerne zu ihrem Wirten, lassen aber vielleicht das zweite Getränk oder die Nachspeise aus. Vor allem im ländlichen Raum sei das Eis für viele Wirte „sehr dünn“, weiß Pulker.

„Seit mehr als zehn Jahren steigen die Konsumausgaben der privaten Haushalte für die Gastronomie deutlich stärker als die Kaufkraft insgesamt“, bestätigt Wolfgang Richter von Regio Plan. Dieser Trend wurde zwar während der Corona-Pandemie schlagartig durchbrochen, seit 2022 ist die Gastronomie aber wieder auf Wachstumspfad eingependelt. Allerdings nicht in allen Bereichen. Während die Versorgungs- und Nachtgastronomie über Rückgänge klagt und es einige in der Branche nicht überleben werden, wächst die Freizeit- und Genussgastronomie seit Jahren deutlich. Regio Plan beschreibt den Trend eines Strukturwandels bereits seit vielen Jahren. „Die Genuss- und Freizeitgastronomie boomt hauptsächlich in urbanen Bereichen. Dabei sind bio, regional, nachhaltig, gesund gefragt. Mit einem stimmigen Rundherum und einem außergewöhnlichen Feeling darf es auch ruhig etwas kosten. 08/15 war eben gestern.

Auch Leitungswasser verursacht Kosten

Preiserhöhungen haben der Branche den Vorwurf der Preistreiberei eingebracht. Um zu überleben, ist für Wirte eine Anpassung der Preise aber notwendig. Auch das Leitungswasser in Gastro-Betrieben ist oft nicht mehr gratis. Die Gepflogenheit, dass komplette Tische nur mehr Leitungswasser bestellt haben sollen, hat die Gastronomen zum Einheben einer Kostenbeteiligung bewogen. Die Kosten, die die WK Kärnten für das Servieren eines Glases Leitungswasser berechnet hat, belaufen sich pro 0,5 Liter auf 99,4 Cent.

Dennoch: Jeder Österreicher gibt aktuell 1.700 Euro pro Jahr fürs Essengehen aus. Die Ausgaben haben sich in den vergangenen Zehn Jahren verdoppelt. Das spiegelt sich auch im Umsatz der heimischen Gastronomie mit 12 Milliarden Euro wider.

Quelle: FG Gastronomie Kärnten

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