Ranking : Das sind Österreichs erfolgreichste Tourismus-Gemeinden

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"Gesundheit kennt keine Jahreszeit", erklärt Michael Schafflinger, Geschäftsführer des Medizinischen Zentrums in Bad Vigaun im Salzburger Land. Und das ist eigentlich schon ein großer Teil des Erfolgsgeheimnisses der Gemeinde. "Wir sind in der Lage, während des ganzen Jahres eine ansprechende Auslastung zu erzielen." Bei 456 verfügbaren Gästebetten brachte es Bad Vigaun in der Wintersaison 2014/15 und der Sommersaison 2015 in Summe auf fast 148.000 Übernachtungen. Beinahe 325 Übernachtungen je Bett im Jahr. Der Top-Wert unter den heimischen Destinationen.

Gesundheitstourismus zieht

Der kleine Ort im Salzachtal, unweit der Landeshauptstadt, nennt heilende Thermalquellen sein Eigen. Die meisten Gäste zieht das Medizinische Zentrum an, unter dessen Dach eine Privatklinik mit der Spezialisierung auf Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates, ein Rehabilitationszentrum, ein Kurzentrum, ein Gesundheitshotel und eine öffentliche Heiltherme betrieben werden. "Wir generieren circa 140.000 Nächtigungen und beschäftigen am Standort Bad Vigaun 270 MitarbeiterInnen", so Schafflinger. Die positiven ökonomischen Effekte, die daraus resultieren, kann man seiner Ansicht nach nicht hoch genug schätzen. Pro tausend Nächtigungen werden 1,4 Arbeitsplätze direkt geschaffen oder gesichert, durch Folgeeffekte 2,2 Arbeitsplätze. Eine enorme Bedeutung für Gemeinde und Region. "Nicht zu vernachlässigen ist auch, dass pro tausend Nächtigungen eine direkte Wertschöpfung von rund 60.000 Euro und durch Folgeeffekte eine indirekte Wertschöpfung von 121.000 Euro pro tausend Nächtigungen erzielt wird", meint Schafflinger. Auch von den 2,5 Millionen Euro, die im letzten Jahrzehnt durchschnittlich pro Jahr investiert wurden, verbleiben 85 Prozent in der Region.

Viele österreichische Destinationen setzen mittlerweile auf das Segment "Gesundheitstourismus". Ein Blick auf das Fremdenverkehrsranking des INDUSTRIEMAGAZINS zeigt, dass Bad Vigaun zwar die erfolgreichste, aber bei Weitem nicht die einzige Kommune mit dieser Stoßrichtung ist. Vom Moorbad Harbach im Waldviertel über Aspach im Innviertel bis nach Stegersbach im Burgenland – wo man auf Kur, Wellness und Gesundheit setzt, stimmen die Auslastungszahlen. "Ich denke, dass die Menschen sehr gesundheitsbewusst sind, und auch bereit sind, für die Erhaltung ihrer Gesundheit nicht nur Zeit, sondern auch Geld zu investieren", meint auch Schafflinger. "Jeder Mensch strebt danach, bei der rasanten Entwicklung der Lebenserwartung, mehr gesunde Lebensjahre zu bekommen."

Mehrsaisonalität funktioniert

Wie die Analyse von INDUSTRIEMAGAZIN auch deutlich zeigt, ist die Tatsache, dass jene Gemeinden, die auf Ruhe und Familien setzen, in Relation erfolgreicher sind, als jene Orte, die Adrenalin und Event versprechen. Für Schafflinger liegt der Grund auf der Hand: "Dabei spielt natürlich eine Rolle, dass – durch die großteils enormen Belastungen und die Schnelligkeit in der Berufs- und Arbeitswelt – während der Urlaubszeit Gegensätze und Ausgleich gesucht werden."

Den Trend zu Ruhe und Einfachheit kann auch Johann Huber, Bürgermeister von Ossiach, bestätigen. Die Kärntner Gemeinde am gleichnamigen See zieht vor allem bei Familien und Individualtouristen, aber auch bei jungen Gästen. "Wir hatten in Ossiach nie dieses große Animationsprogramm und trotzdem kommen viele Junge zu uns", erklärt Huber. "Im persönlichen Gespräch erfährt man dann häufig, dass die schon als Kinder in den Ferien am Ossiacher See waren. Der Täter kehrt halt immer wieder an den Tatort zurück", scherzt der Bürgermeister.

Die Trümpfe Ossiachs sind die intakte Umwelt und die Ruhe der Gegend. Sommerfrische am See und Campingurlaub sind dort keine überholten Konzepte der Nachkriegszeit, sondern Erfolgsmodelle. Früher eher einsaisonal unterwegs, zieht Ossiach in den letzten Jahren auch immer mehr Wintersportler an. Und das, obwohl sich zwischen dem Ort und dem kleinen Familienskigebiet Gerlitzen der See erstreckt und die Gäste eine gewisse Anfahrtszeit zu den Liften in Kauf nehmen müssen.

"Es gab vielfach die Ansicht, selbst von Touristikern, dass Ossiach keine Wintergäste ansprechen kann. Wir sind ja zu weit vom Skigebiet entfernt. Aber auch in Tirol kann nicht jeder direkt an der Piste sein Quartier haben", meint der Bürgermeister. Der Anfahrtsweg wird seiner Ansicht nach mehr als aufgewogen durch die Tatsache, dass die Unterkünfte mit steigender Distanz zum Lift günstiger werden. "Und die Kosten für den Gast sind im Winter erheblich höher als im Sommer." Der Preisvorteil gegenüber den klassischen Wintersportorten wird immer mehr zum Verkaufsargument.

Überhaupt stellt Huber ein gestiegenes Kostenbewusstsein der Gäste fest. In der aktuellen schwierigen wirtschaftlichen Situation wird weniger ausgegeben. Ein Trend, den der Bürgermeister schon seit vielen Jahren feststellt und der vor allem auf die Umsätze in der Gastronomie drückt. Auch Schafflinger bestätigt das: "Die Gäste handeln bei Nebenausgaben sehr bewusst und verzichten auch gerne einmal auf die eine oder andere Zusatzkonsumation."

Auch einfache Freuden funktionieren

Dass es überwiegend die einfachen Freuden sind, die Österreichtouristen suchen, zeigt auch das Beispiel des Tiroler Oberlands. Im Dreiländereck, angrenzend an das Engadin und den Vinschgau, ist der Inn noch jung und ungezügelt. Im Winter setzt man auf Familien- und Genussskifahrer, im Sommer kommen Wanderer und Radfahrer. "Nach dem Donauradweg ist unsere Route entlang der Via Claudia Augusta die am zweitmeisten frequentierte in Österreich", erklärt Daniel Rundl, Bereichsleiter im Tourismusverband Tiroler Oberland.

Die Straße war zu Zeiten des Römischen Imperiums eine der wichtigsten Verbindungen zwischen Norditalien und dem süddeutschen Raum. Heute schlängelt sich ein Fernradweg durch das Oberinntal in Richtung Reschenpass. "Der Radtourismus ist auf jeden Fall ein Wachstumsmarkt", so Rundl, "wir werden in diesem Bereich in Zukunft weiter investieren." 100.000 Radfahrer passierten im Vorjahr die Zählstation. Die etwas mehr als 1.000 Gästebetten von Ried im Oberinntal erbrachten rund 226.000 Übernachtungen.

Was die Gäste an der Gegend schätzen, sind unverfälschtes Brauchtum, Gemütlichkeit und eine atemberaubende Natur. Und genauso wie Ossiach profitiert auch Ried davon, nicht direkt die Talstation im Ort zu haben. Die Klientel schätzt die größere Gelassenheit, den niedrigeren Preis und nimmt die Fahrt mit dem Skibus gerne in Kauf. "Wer zu uns kommt, sucht keine Hektik", meint Rundl, "aber auch nicht die reine Abgeschiedenheit." Ried im Oberinntal bietet die Möglichkeit, zwischen alpiner Ursprünglichkeit und modernem Bergsportangebot zu wählen.

Allen Rufen nach neu geschaffenen Erlebniswelten, schrillem Tamtam und dem weiteren Ausbau von Skischaukeln zum Trotz: Am Ende zeigt das Ranking recht deutlich, dass Gemeinden, die im Kampf um Auslastung vorne dabei sein möchten, ein Angebot für beide Saisonen brauchen und sich über Ruhe, Natur und Familienfreundlichkeit positionieren.

Wussten Sie, dass...

die Gemeinde Saalbach Hinterglemm mit 15.762 Betten -nach Wien - die meisten Nächtigungsmöglichkeiten Österreichs bietet?

nur sieben Gemeinden mehr als 10.000 Gästebetten haben, darunter Sölden, Schladming und das Vorarlberger Mittelberg?

im Skiort Ischgl auf 1.500 Einwohner 11.500 Gästebetten kommen?