Ein glühender Block Stahl bewegt sich langsam, aber unaufhaltsam über den Rollgang. Fast quadratisch, mehrere Tonnen schwer, auf rund 1250 Grad erhitzt. In der Warmbreitbandstraße von Salzgitter in Niedersachsen fährt dieser Block – eine sogenannte Bramme – in die Stauchpresse. Dort wirken Walzen mit einer Kraft von bis zu 3000 Tonnen. Das Metall wird gestreckt, geformt und unter Hochdruck mit Wasser abgekühlt. Aus dem massiven Glutkörper entsteht Grobblech.
Ein Werkstoff, der in unzähligen Bereichen eingesetzt wird: in Brücken und Gebäuden, in Schiffen und Pipelines, in Baggern und Windrädern. Produkte aus Salzgitter-Stahl prägen die Infrastruktur, auf der Wirtschaft und Alltag basieren. Und neuerdings auch in Rüstungsgütern.
Die deutsche Stahlindustrie steckt in einer dramatischen Krise, und Salzgitter ist mitten drin: Im ersten Halbjahr 2025 rutschte der Konzern in die roten Zahlen, mit einem Verlust von 83,4 Millionen Euro. Der Umsatz sank auf 4,7 Milliarden Euro, vor einem Jahr erzielte man noch 5,2 Milliarden Euro. Vor allem die schwächelnde Autoindustrie, seit jeher einer der wichtigsten Abnehmer, zieht den niedersächsischen Stahlriesen nach unten.
Gerade jetzt setzt Salzgitter auf zwei neue Zukunftsfelder: den Einstieg ins Rüstungsgeschäft mit Panzerstahl – und das Festhalten am Green-Steel-Programm. Beides geschieht in einer Zeit, in der die Branche selbst massiv unter Druck steht: Überkapazitäten, Billigimporte aus Asien und die Absatzkrise der Autoindustrie haben die Stahlpreise auf den tiefsten Stand seit Jahren gedrückt. Während Konkurrenten wie ArcelorMittal Projekte abbrechen und selbst bei Thyssenkrupp Skepsis wächst, hält Salzgitter unbeirrt am Umbau zur klimaneutralen Produktion fest.
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