Volkswagen Kurzarbeit : Volkswagen warnt Belegschaft vor Produktionsstopp: Kurzarbeit könnte zehntausende treffen

Der Chipmangel setzt Volkswagen unter Druck: Der Konzern warnt vor möglichen Produktionsunterbrechungen und bereitet sich auf Kurzarbeit vor.
- © Oliver Killig / Volkswagen AGEinem Zeitungsbericht zufolge hat Volkswagen seine Belegschaft vor möglichen Produktionsunterbrechungen gewarnt, die durch einen drohenden Engpass bei Bauteilen verursacht werden könnten. Laut einem internen Schreiben, aus dem die Bild-Zeitung am Mittwoch zitierte, heißt es: "Vor dem Hintergrund der dynamischen Lage können Auswirkungen auf die Produktion kurzfristig jedoch nicht ausgeschlossen werden."
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Wie die Bild weiter berichtete, steht Volkswagen bereits mit der Bundesagentur für Arbeit in Kontakt, um Maßnahmen zur Kurzarbeit zu besprechen. Im Falle eines Produktionsstillstands könnten davon zehntausende Mitarbeiter betroffen sein.
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Wie Nexperia zum Spielball im China-USA-Konflikt wurde
Auslöser der angespannten Situation ist der Handelskonflikt rund um den niederländischen Halbleiterproduzenten Nexperia. Das Unternehmen gehört zum chinesischen Technologiekonzern Wingtech und ist in den wirtschaftlichen Spannungen zwischen China und den USA involviert. Der Hintergrund des Konflikts liegt im anhaltenden Handelsstreit zwischen den USA und China. Dieser hat zu Ausfuhrbeschränkungen für Nexperia geführt, die sowohl von Washington als auch von Peking verhängt wurden. Die US-Regierung stuft Wingtech, die chinesische Muttergesellschaft von Nexperia, als Sicherheitsrisiko ein und hat das Unternehmen auf eine schwarze Liste gesetzt, was US-Firmen Geschäftsbeziehungen mit Wingtech untersagt.
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Die niederländische Regierung hatte erst vor wenigen Tagen die Kontrolle über Nexperia übernommen, um den Abfluss sensibler Technologien an den chinesischen Mutterkonzern Wingtech zu verhindern. Per Gerichtsbeschluss ließ Den Haag den chinesischen Geschäftsführer des Unternehmens abberufen. Begründet wurde dieser Schritt mit der Sorge, sensible Technologie könnte an das Mutterunternehmen in China weitergegeben werden. Gerichtsdokumenten zufolge geschah dies auf Drängen der US-Regierung.
Als Reaktion untersagte die Regierung in Peking daraufhin den Export bestimmter Komponenten aus der Nexperia-Produktion – ein Schritt, der die Spannungen in den globalen Lieferketten weiter verschärft.
Halbleiter-Lieferketten unter Druck: VW pausiert Produktion in Wolfsburg
Laut einem Bericht der Bild-Zeitung plant Volkswagen, die Produktion im Stammwerk Wolfsburg wegen fehlender Chip-Lieferungen des Zulieferers Nexperia zu drosseln. Betroffen sei unter anderem das Modell „Golf“, berichtete das Blatt am Dienstag unter Berufung auf Branchen-Insider. Volkswagen widersprach jedoch dieser Darstellung: Auf Anfrage betonte der Konzern, die Produktionspausen bei „Golf“ und „Tiguan“ seien bereits im Voraus geplant gewesen und stünden „nicht im Zusammenhang mit dem Fall Nexperia“.
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„Im Rahmen einer vorgesehenen Inventurmaßnahme auf den Fertigungslinien der Modelle Golf und Tiguan im Werk Wolfsburg, wird am kommenden Freitag, 24. Oktober, die Produktion temporär ruhen. Es ist vorgesehen, Anfang der Kalenderwoche 44 die Fertigung im Regelbetrieb wieder aufzunehmen“, teilte VW auf Anfrage des Handelsblatts mit. „Etwaige Auswirkungen aufgrund eines möglichen Engpasses bei der Verfügbarkeit von Bauteilen stehen damit in keinem Zusammenhang.“
Noch der vergangenen Woche hatte Volkswagen erklärt, Nexperia sei kein direkter Lieferant, Bauteile wären aber in Komponenten der Zulieferer verbaut. VW versuche im Austausch mit den Lieferanten Risiken zu identifizieren, um darauf zu reagieren. Die ACEA erklärte, dass es alternative Chip-Lieferanten gebe. Allerdings könnten Zulassungsverfahren und Produktionsanlauf mehrere Monate in Anspruch nehmen.
Gefahr für Lieferketten: VDA und ACEA fordern politische Lösungen
Sowohl der europäische Automobilverband ACEA als auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) haben bereits vor möglichen Produktionsausfällen gewarnt und fordern politische Maßnahmen zur Sicherung der Lieferketten. Die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, warnte am Dienstag vor gravierenden Folgen des aktuellen Halbleiterkonflikts. Die Lage könne, so Müller, „schon in naher Zukunft zu erheblichen Produktionseinschränkungen, gegebenenfalls sogar zu Produktionsstopps“ führen.
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Der VDA stehe nach ihren Angaben in engem Austausch mit den betroffenen Unternehmen, der Bundesregierung sowie der EU-Kommission, um „schnelle und pragmatische Lösungen“ zu erarbeiten. Laut Branchenexperten liefert der niederländische Chipproduzent Nexperia jährlich rund 63 Milliarden Bauteile an die weltweite Automobilindustrie – ein zentraler Bestandteil zahlreicher Fahrzeugsteuerungen.
Der europäische Automobilverband ACEA warnte vor möglichen Engpässen: Die Lagerbestände der europäischen Fahrzeughersteller seien demnach nur noch für wenige Wochen ausreichend. Ein Ausfall der Nexperia-Chips, die in elektronischen Steuergeräten von Fahrzeugen eingesetzt werden, könnte zu Produktionsunterbrechungen führen. „Wir befinden uns plötzlich in dieser alarmierenden Lage“, erklärte ACEA-Generaldirektorin Sigrid de Vries. „Wir brauchen wirklich schnelle und pragmatische Lösungen von allen beteiligten Ländern.“
Chipversorgung in Gefahr? BMW, Mercedes und VW beobachten Lage genau
Neben den deutschen Automobilherstellern BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen rechnen auch deren große Zulieferer wie Bosch, Aumovio und Valeo mit Engpässen in der Chipversorgung. „Teile des Lieferantennetzwerks seien von den aktuellen Entwicklungen bei dem niederländischen Unternehmen betroffen“, erklärte ein BMW-Sprecher. Die Produktion in den Werken laufe jedoch weiterhin planmäßig. „Wir stehen in engem Kontakt mit unseren Lieferanten und bewerten die Lage fortlaufend, um potenzielle Versorgungsrisiken frühzeitig zu identifizieren und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen zu ergreifen.“
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Auch Mercedes-Benz äußerte sich zurückhaltend zur Situation: Das Unternehmen „beobachte die Situation und sei mit relevanten Beteiligten in Kontakt“.
Nexperia gilt als weltweit führender Hersteller grundlegender Halbleiterbauelemente wie Dioden und Transistoren. Zusätzlich entwickelt das Unternehmen moderne Chips zur Steuerung von Batteriesystemen. Der Mutterkonzern Wingtech steht seit 2024 auf einer schwarzen Liste der US-Regierung, da von ihm angeblich Risiken für die nationale Sicherheit ausgehen. Rund 14.000 Menschen arbeiten weltweit für das Unternehmen.