Teuerungsrate : Neun Prozent Inflation? Nationalbank mit Schock-Prognose

OeNB Nationalbank Gouverneur Robert Holzmann

OeNB Gouverneur Robert Holzmann: "Die weitere wirtschaftliche Entwicklung ist durch diesen Krieg und seine Folgen wesentlich beeinflusst und markiert einen Wendepunkt."

- © OeNB / Lisi Niesner

Die deutsche Inflation kletterte im März - aufgrund der stark steigenden Energiepreise angesichts der Russland-Krise bereits auf 7,3 Prozent. Jetzt warnt die Nationalbank in einer Konjunktur- und Inflationsprognose vor den Auswirkungen einer weiteren Verschärfung der Krise im Zuge des russischen Einmarschs in die Ukraine. Sollte sich die Lage noch verschärfen, drohen starke Einbußen beim BIP und ein stärkerer Inflationsanstieg. Unter dieser Annahme sieht die OeNB für heuer nur noch ein Wachstum von 0,4 Prozent, die Inflation würde dagegen bis auf 9 Prozent klettern. Eine Verschärfung der Situation würde in dem von der OeNB berechneten Szenario länger anhaltende Kämpfe und eine Intensivierung der Sanktionen inklusive eines möglichen Gaslieferstopps bedeuten. "Die weitere wirtschaftliche Entwicklung ist durch diesen Krieg und seine Folgen wesentlich beeinflusst und markiert einen Wendepunkt", sagte OeNB-Gouverneur Robert Holzmann am Mittwoch laut Aussendung.

Das Basis-Szenario ist jedoch dieses: Die Ukraine-Krise dürfte den wirtschaftlichen Aufschwung in Österreich heuer hemmen und die Inflation weiter ansteigen lassen. Beim realen Bruttoinlandsprodukt (BIP) erwartet die Nationalbank (OeNB) derzeit ein Plus von 3,5 Prozent, die Inflationserwartung liegt bei 5,3 Prozent - jedoch unter der Annahme eines zeitnahen Endes des Krieges.

In ihrer Prognose vom Dezember war die Nationalbank für heuer noch von einem Wirtschaftswachstum von 4,3 Prozent und einer Inflationsrate von 3,2 Prozent ausgegangen. Die Auswirkungen des Kriegens seien im Basisszenario (also bei baldigem Ende der kriegerischen Auseinandersetzung) für rund die Hälfte der BIP-Abwärtsrevision und für rund ein Viertel der Inflations-Aufwärtsrevision verantwortlich gewesen. 2021 war die österreichische Wirtschaft um 4,5 Prozent gewachsen.

Für die kommenden Jahre rechnet die OeNB aber wieder mit einer klaren Abschwächung der Inflation. Für 2023 und 2024 rechnet die OeNB mit einer Inflationsrate von 2,9 bzw. 2,3 Prozent. Auch für das BIP-Wachstum wird eine weitere Abschwächung in den kommenden beiden Jahren auf 2,2 bzw. 2,0 Prozent erwartet.

Im Kampf gegen die hohe Inflation sei auch einen Zinserhöhung seitens der Europäischen Zentralbank (EZB) im Spätsommer laut Holzmann durchaus denkbar. "Wenn es im Juli keine neuen Wertpapierkäufe mehr geben wird, könnte man im September den ersten Zinsschritt setzen", sagte er am Mittwoch in Wien. Bereits am gestrigen Dienstag sprach sich der Gouverneur gegenüber der deutschen "Börsen-Zeitung" für eine Abschaffung der Strafzinsen für Banken bis zum Jahresende aus.


EZB-Chefin sieht keine Gefahr der Stagflation

Trotz des über einen Monat andauernden Kriegs in der Ukraine steuert die Eurozone aus Sicht der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht auf eine Stagflation zu. Weder eine nachhaltige Rezession noch eine immer höhere Inflation zeichneten sich ab, sagte EZB-Chefin Christine Lagarde am Mittwoch in Nikosia. Zwar gebe es Inflationstreiber wie Energie- und Nahrungsmittelkosten. Doch sei nicht davon auszugehen, dass diese sich weiter "höher und höher" bewegten. Die Invasion der Ukraine sorge aber grundsätzlich für einen Vertrauensverlust und trübe den Konjunkturausblick: "Wir werden auf kurze Sicht mit höherer Inflation und niedrigerem Wachstum konfrontiert sein", warnte die Französin.

Umso länger der Krieg dauere, desto höher würden die wirtschaftlichen Folgekosten ausfallen. Damit steige auch das Risiko, dass ein ungünstiges Szenario für die Wirtschaft eintrete. Die Investitionen der Wirtschaft dürften unter dem Konflikt leiden. Die Verbraucherstimmung habe sich bereits eingetrübt, sagte Lagarde. Dies belegen auch die Daten der EU-Kommission: Die Stimmung in der Wirtschaft der Eurozone ist im März infolge des Kriegs eingebrochen. Am stärksten bergab ging es mit der Laune der Verbraucher. Und auch in der Industrie trübt sie sich ein. Der Einzelhandel ist ebenfalls pessimistischer gestimmt, während die Dienstleister zuversichtlicher sind. Die EZB will im dritten Quartal ihre milliardenschweren Anleihenkäufe beenden, wenn es die Inflationsaussichten erlauben. Das Abschalten dieses Programms gilt als Vorstufe einer Zinserhöhung, die laut EZB "einige Zeit" nach dem Ende der Anleihenkäufe vollzogen werden soll.