Künstliche Intelligenz in Europa : Microsoft-Chef Erlach: KI kann den Grünen Veltliner retten

Hermann Erlach Microsoft

Hermann Erlach, der Geschäftsführer von Microsoft Österreich

- © Microsoft

Künstliche Intelligenz (KI) ist heutzutage allgegenwärtig, und es ist wichtig, die sich daraus ergebenden Chancen zu nutzen, während gleichzeitig klare Regeln zur Eindämmung der Risiken etabliert werden. Dies betonte Hermann Erlach, der Geschäftsführer von Microsoft Österreich, am Dienstag bei einer Veranstaltung des Klubs der Wirtschaftspublizisten. Erlach kritisierte Europas Konzentration auf die potenziellen Gefahren von KI, anstatt die Möglichkeiten hervorzuheben. Wer KI nicht nutze, werde im Nachteil sein.

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Erlach verglich den Umgang mit neuen Technologien in anderen Teilen der Welt mit einem mutigen Kopfsprung in einen unbekannten Teich, während Europa eher zögerlich sei und nur vorsichtig eine Zehe ins Wasser halte und sich über die Temperatur beklage.

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Wie KI den Grünen Veltliner retten kann

"Ich erwarte von keinem Mitarbeiter Fehlerfreiheit, aber von der Technologie erwarten wir absolute Fehlerfreiheit", sagte Erlach. Wenn jedoch eine Technologie zu 99 Prozent gut funktioniere und viele Vorteile für die Nutzer bringe, mache es keinen Sinn, "sich auf dem einen Prozent aufzuhängen" und nach Fehlern im System zu suchen. Erlach erinnerte daran, dass in seiner Kindheit über den Einsatz von Taschenrechnern in der Schule diskutiert wurde, vor 15 Jahren über die Nutzung von Smartphones in Unternehmen und vor kurzem noch über Cloud-Lösungen für Firmen. All diese Technologien hätten sich inzwischen durchgesetzt, und er plädierte für mehr Offenheit gegenüber KI.

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Die besten Argumente für die Nutzung von KI seien positive Beispiele, meinte Erlach. So könne etwa eine KI Gebärdensprache direkt in Text übersetzen, bei Spar die Warenlogistik optimieren, um Abfall zu reduzieren und frischere Produkte zu gewährleisten, oder Gemeinden in die Lage versetzen, "innerhalb von 30 Minuten" ihre öffentlichen Webseiten für Sprachanfragen zu öffnen. Sein "Lieblingsbeispiel" sei die Rettung des Grünen Veltliners, indem KI hilft, die Folgen des Klimawandels im Weinbau besser zu bewältigen. Solche Beispiele könnten auch die Österreicher von den Vorteilen der KI überzeugen.

Weltweite Wachstumsraten bei 15-20 Prozent dank KI

"Nichts würde uns hindern, diese Dinge jetzt zu machen, außer das mangelnde Wissen und die Veränderungsfähigkeit im Kopf", sagte Erlach. Er kritisierte auch die Trennung von analoger und digitaler Welt. KI könne helfen, diese Kluft zu überbrücken, etwa wenn ein älterer Mensch mittels Sprachanweisungen von zuhause aus ein kompliziertes Formular ausfüllen könne, statt den beschwerlichen Weg zum Amt auf sich nehmen zu müssen. Ein weiteres Beispiel sei Indien, wo Bauern, die weder lesen noch schreiben können, dank KI-Unterstützung Förderformulare ausfüllen und staatliche Hilfe erhalten könnten. Erlach empfahl Unternehmen, die 10 "grauslichsten Prozesse" zu identifizieren, die keiner übernehmen wolle, da diese sich perfekt für den Einsatz generativer KI eignen.

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Eine bald erscheinende Economica-Studie prognostiziert, dass Österreichs Wirtschaftsleistung mit KI bis 2030 um 18 Prozent stärker wachsen könnte als ohne. Weltweit lägen die zusätzlichen Wachstumsraten bei 15 bis 20 Prozent, so Erlach. Jobverluste durch KI seien derzeit nicht absehbar; das größere Risiko bestehe darin, keine geeigneten Mitarbeiter zu finden, was dazu führen könne, dass Unternehmen entweder ins Ausland abwandern oder Mitarbeiter ins Ausland verlagern, weil sie keine KI nutzen dürfen.

Einführung von Regeln dauert länger als Einführung neuer Technologien

Regulierung sei wichtig für eine positive Entwicklung der KI, müsse jedoch mit der Intensität der KI-Nutzung mithalten. Erlach verglich dies mit den Anfängen des Automobilverkehrs, als es noch keine Einbahnstraßen oder Stoppschilder gab. Die Einführung von Regeln dauere jedoch viel länger als die Einführung neuer digitaler Technologien und müsse so gestaltet sein, dass sie die Entwicklung und damit die Wettbewerbsfähigkeit Europas nicht gefährde.

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Die aktuellen Regularien in Europa seien so streng, dass selbst große Unternehmen wie Microsoft Schwierigkeiten hätten, alle Vorgaben einzuhalten. Kleine Firmen, die international expandieren möchten, hätten kaum eine Chance. Dennoch dürfe man nicht übersehen, dass auch die USA nach Europa blicken, um gewisse Regulierungen zu übernehmen.

Der EU AI Act ist ein umfassendes Gesetz zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI), das verschiedene Risikokategorien für KI-Anwendungen definiert: minimal, hoch und inakzeptabel. Hochrisiko-Anwendungen müssen strenge Sicherheits- und Transparenzanforderungen erfüllen. Der Act verbietet biometrische Kategorisierungssysteme und wahlloses Durchsuchen von Überwachungsbildern, erlaubt jedoch Ausnahmen für Sicherheitsbehörden. Generative KI und allgemein einsetzbare KI-Systeme (GPAIS) unterliegen besonderen Transparenzpflichten. Verstöße können mit Strafen von bis zu 35 Millionen Euro oder 7% des weltweiten Jahresumsatzes geahndet werden. Hier gibt es mehr Informationen zum AI Act der EU.

Wir haben nicht die geringste Vorstellung, wie sehr der Einsatz von Künstlicher Intelligenz unseren Stromverbrauch in die Höhe treiben wird. Das sagte Open AI Chef Sam Altman Anfang des Jahres beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Schon in zwei bis drei Jahren könnten die großen Betrieber von KI-Infrastruktur wie Amazon, Google, Microsoft, Meta oder Oracle die bestehenden Energiesysteme an ihre Grenzen bringen, prognostiziert auch die Internationale Energie Agentur IEA. Im Silicon Valley hat man eine Lösung für das Problem: Ein Comeback der Kernenergie.