OMV und Gazprom Deal : Kommission prüft Gasvertrag zwischen OMV und Gazprom: Gewessler kritisiert Verlängerung

ABD0110_20240709 - WIEN - ?STERREICH: Vorsitzender der Gas-Unabh?ngigkeitskommission Andreas Kletecka am Dienstag, 09. Juli 2024 anl. einer PK zur Pr?sentation der "Gas-Unabh?ngigkeitskommission" in Wien. - FOTO: APA/TOBIAS STEINMAURER

Vorsitzender der Gas-Unabhängigkeitskommission Andreas Kletecka

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Das Klimaministerium hat eine Kommission ins Leben gerufen, die den Gasliefervertrag zwischen der russischen Gazprom und dem österreichischen Energiekonzern OMV unter die Lupe nehmen soll. Einzelne Mitglieder dieser Kommission sollen Einblick in den Vertrag erhalten, dessen Inhalt bisher nur der OMV bekannt war. "Die Vertragsverlängerung 2018 war ein Fehler", sagte Klima- und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) bei einer Pressekonferenz am Dienstag.

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Der Vertrag zwischen OMV und Gazprom wurde 2018 im Beisein des damaligen Kanzlers Sebastian Kurz (ÖVP) und des russischen Präsidenten Wladimir Putin von 2028 an um zwölf Jahre verlängert, sodass er nun bis 2040 läuft. Bisher war nur der teilstaatlichen OMV, nicht aber der Regierung oder der Regulierungsbehörde E-Control, der genaue Vertragsinhalt bekannt. Neben der Laufzeit bis 2040 wurde eine "Take-or-Pay"-Klausel vereinbart: Gazprom liefert und die OMV muss zahlen, selbst wenn sie das Gas nicht benötigt.

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Die Einsicht in den Vertrag erhält die Kommission nur unter strengen Sicherheitsvorkehrungen und im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben der EU-Verordnung "Gas-SOS". Die Kommission werde die Geschäftsgeheimnisse der OMV wahren und sei "nicht dafür zuständig, die unternehmerischen Entscheidungen der OMV zu untersuchen", betonte Gewessler.

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Die Kommission soll Wege finden, wie man aus dem Vertrag mit Gazprom aussteigen könnte. Zudem werden die politischen Begleitumstände der Vertragsverlängerung von 2018 untersucht. Den Vorsitz der Kommission übernehmen die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes, Irmgard Griss, und der Universitätsprofessor Andreas Kletečka. Erste Ergebnisse werden im Herbst erwartet, ein Abschlussbericht soll bis Ende des Jahres vorliegen.

"Die Kommission wird sich den Vertrag anschauen und überlegen, wie es möglich ist, aus diesen Verpflichtungen herauszukommen", sagte Griss bei der Pressekonferenz. Eine weitere Frage, die die Kommission untersuchen will, lautet, "wie wir in Zukunft bei Verträgen vorgehen, die zwar ein privates Unternehmen schließt, die aber immense Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage, auf die sicherheitspolitische Lage und überhaupt auf die Lebensbedingungen in Österreich haben", so die ehemalige OGH-Präsidentin.

Im Fall des Gasliefervertrages würden "wesentliche energiepolitische, bis hin zu außenpolitischen Aspekten" durch das Privatrecht geregelt. "Dazu ist das Privatrecht nicht da. Man muss eine Struktur finden, wie man das in Zukunft anders gestalten kann", sagte Kletečka.

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Die Kommission werde Interviews führen und die Informationen zur Vertragsverlängerung 2018 analysieren. Weitere Mitglieder der Kommission sind der ehemalige Leiter der Bundeswettbewerbsbehörde, Walter Barfuß, der ehemalige E-Control-Vorstand, Walter Boltz, der Wifo-Chef Gabriel Felbermayr, der ehemalige AGGM-Vorstand Thomas Starlinger und Velina Tchakarova, ehemalige Direktorin des Österreichischen Instituts für Europa- und Sicherheitspolitik.

Die Energiesprecherin der ÖVP, Tanja Graf, bezeichnete die Präsentation der Kommission als "Wahlkampf-Aktion der Grünen Ministerin in eigener Sache". Sie warf Gewessler vor, die damals "in bester vorausschauender Absicht geschlossenen Verträge für politische Effekthascherei" zu nutzen, was einer "konstruktiven Zusammenarbeit in der Regierungskoalition diametral entgegenstehe". Auch die NEOS sehen in der Einsetzung der Gas-Kommission eine "späte Einsicht von Gewessler", die "wohl dem Wahlkampf geschuldet" sei.

OMV gewährt Einsicht

Der heimische Energiekonzern hat der eingerichteten Kommission Einsicht in die Gaslieferverträge mit der russischen Gazprom gewährt. Auf Anfrage erklärte die OMV am Mittwoch, man sei der Aufforderung des Ministeriums zur Offenlegung der Verträge gemäß der geltenden Gesetzesgrundlage "vollumfänglich nachgekommen". Zudem wurde betont, dass die "unternehmerischen Entscheidungen" der OMV von der Kommission "unberührt" blieben.

Der Energiekonzern teilte weiter mit, dass die "OMV ihr Gas-Supply-Portfolio seit 2022 konsequent diversifiziert und ihre Lieferverpflichtungen in jedem Lieferszenario erfüllen" könne. "Sämtliche Vertragskunden können zur Gänze mit nicht-russischem Gas versorgt werden."

Die Einrichtung der Kommission ist umstritten. Koalitionspartner ÖVP und Teile der Opposition sehen in dem Schritt der grünen Ministerin eine Wahlkampf-Taktik.