Kündigungen bei Fronius : Fronius: Technologiekonzern baut erneut Stellen ab – 650 Jobs betroffen

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Fronius Personalabbau: Fronius trennt sich in Österreich von weiteren 450 Angestellten.

- © Fronius

Nachdem beim oberösterreichischen Technologiekonzern Fronius mit Sitz in Pettenbach (Bezirk Kirchdorf) im Juni 350 Mitarbeitende der Solarsparte entlassen wurden, reduziert der Konzern nun weitere 450 Arbeitsplätze in Österreich sowie 200 in Tochtergesellschaften in Deutschland und Tschechien. Am Montag wurden die betroffenen Mitarbeitenden informiert. Der Schritt wird damit begründet, dass die Markteinschätzungen drastisch nach unten korrigiert werden mussten.

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Seit Corona gleicht das Geschäft in der PV-Branche einer Berg-und-Tal-Bahn: Vor nicht allzu langer Zeit führten Lieferkettenprobleme und der PV-Boom dazu, dass das Familienunternehmen Fronius nicht so viel liefern konnte, wie bestellt wurde. Daher wurden 2022 und 2023 rund 420 Millionen Euro in den Ausbau der Fertigungslinien an den Standorten Sattledt und Krumau investiert und 2.000 neue Mitarbeitende eingestellt.

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- © Industriemagazin

PV-Branche kämpft mit Einbruch: Fronius reagiert mit Personalabbau

Die gesamte Branche war davon ausgegangen, dass sich die exponentiellen Wachstumsraten in den kommenden Jahren ungebrochen fortsetzen würden - dies sei jedoch nicht eingetreten, hieß es. Die Nachfrage sei abgeflacht, weil die Großhändler und Installateure unter dem Eindruck der Halbleiter- und Energiekrise riesige Lagerbestände aufgebaut hätten. Bei Fronius vermutet man, dass diese Bestände auch viel Importware aus China beinhalten und die Konkurrenz aus Fernost die Phase der Lieferschwierigkeiten in Europa genutzt habe, um längerfristige Verträge abzuschließen.

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Nachdem die Umsatzprognosen bereits im Vorjahr nach unten korrigiert worden waren, hat Fronius Ende 2023 Schichten gestrichen und sich von Leasingarbeitern getrennt, heuer wurden 1.300 Beschäftigte in Teilzeit geschickt. Die Hoffnung, dass die Überkapazitäten im Laufe des ersten Halbjahres 2024 abgebaut sein würden, erfüllte sich jedoch nicht. Im Juni mussten 350 Beschäftigte gehen, das Management der Business Unit Solar Energy wurde ausgetauscht. Damals ging CEO Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß davon aus, dass kein weiterer Personalabbau nötig sein werde, aber auch diese Annahme musste nun revidiert werden. Nach der weltweit größten Solarmesse Intersolar in München zeigte sich, dass heuer mit einem noch geringeren Wachstum zu rechnen sei als befürchtet und die Großhändler bis weit ins Jahr 2025 mit Wechselrichtern versorgt seien.

Stellenabbau bei Fronius: 450 Mitarbeiter betroffen

Daher folgt nun ein weiterer massiver Personalabbau. 450 Mitarbeitende sind betroffen, verteilt über alle Standorte in Österreich - Wels Steinhaus, Sattledt, Thalheim und Pettenbach. Gespräche über einen Sozialplan laufen. Hinzu kommen 200 Jobs in Tochtergesellschaften im Ausland, vor allem in Deutschland und Tschechien, die ebenfalls gestrichen werden. Die "innerbetriebliche Kurzarbeit" wird im Gegenzug mit September beendet und es wird von einem Drei-Schicht-Betrieb auf einen Zwei-Schicht-Betrieb umgestellt. Zudem will man bei Investitionen - diese hätten vor allem Gebäude und Ausstattung betroffen - und Sachausgaben sparen.

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Dass man die Marktentwicklung in der Branche nicht vorhergesehen habe, erklärt sich Engelbrechtsmüller-Strauß mit einer Vielzahl von Entwicklungen - nach einem PV-Hype durch Green Deal, Ukrainekrieg und Energiekrise seien die Energiepreise und die Angst um die Gasversorgung wieder gesunken, die Rahmenbedingungen für Investitionen im Gegenzug schlechter geworden. Statt des erwarteten Wachstums im zweistelligen Prozentbereich sei der Markt bei den für Fronius relevanten privaten Kleinanlagen "in Österreich um 25 Prozent zurückgegangen und in Deutschland um 43 Prozent". Das verzögere auch den Abbau der vollen Lager weiter.

Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauss CEO Fronius
Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauss - © Fronius

Folgen weitere Kündigungen?

Der Personalstand bei Fronius ist in den vergangenen zwei bis drei Jahren von rund 6.000 auf ca. 8.000 gewachsen. Mit den beiden Abbauwellen 2024 kommt man nun auf rund 7.000. "Trotz des aktuellen Personalabbaus beschäftigen wir heute mehr als 1.000 zusätzliche Mitarbeitende", so Engelbrechtsmüller-Strauß, "das ist für die Betroffenen kein Trost, aber es hilft bei der Einordnung." Mit einer Festlegung, dass der Personalabbau nun beendet ist, bleibt sie diesmal jedoch zurückhaltender. "Auf Basis der Annahmen, die wir jetzt haben", denke sie das schon, aber man könne die geopolitischen Entwicklungen nicht vorhersehen.

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Die CEO blickt dennoch mit einem gewissen Optimismus in die Zukunft, weil "wir Marktanteile in wichtigen Märkten wie Österreich und Deutschland erhöhen konnten und beispielsweise in der Schweiz und Australien die Marktanteile halten konnten". Dennoch - nach ca. 1,6 Milliarden Euro Umsatz 2023 (2022: 1,2 Milliarden Euro) erwartet sie heuer einen Rückgang im zweistelligen Prozentbereich, der auf die Solar Energy zurückzuführen sein werde.

Das Geschäft von Fronius stützt sich auf drei recht ungleich große Pfeiler: Schweißtechnik, Solartechnik und Batterieladesysteme. Schweißtechnik und Batterieladesysteme seien sehr stabil und "auf Plankurs" - im Gegensatz zur Solar Energy. Der Solarbereich schwoll zuletzt stark an und machte bereits ca. 60 Prozent aus, die Schweißtechnik 35 Prozent und der Batterieladebereich rund 5 Prozent. Mittlerweile seien Schweißtechnik und Solar wieder in etwa gleich groß, wie auch in den Jahren vor dem PV-Boom.

Das Unternehmen Fronius, als Hersteller der intelligentesten Teile einer Solaranlage, des Wechselrichters, war mit einem Umbruch am Markt konfrontiert. An den Häfen Europas stapelten sich die billig in China hergestellten Solarmodule. Die Preise für die relativ energie- und rohstoffintensiv zu produzierenden Panele aus Solarzellen fielen daraufhin dramatisch. Reihenweise bauten Fertiger der Solarzellen ihre Produktion Europa zurück. Der Rückgang am Markt für Wechselrichter war deutlich spürbar, aber noch nicht dramatisch. Doch mittlerweile bahnt sich dieselbe Krise auch auf dem Markt für Wechselrichter an. Die Preise für die intelligenten und durchaus auch sicherheitsrelevanten Geräte, die die Gleichspannung des Stroms aus dem Panel in Wechselstrom wandelt, sind in den letzten Monaten um 30 Prozent gefallen. Der Grund auch hier: Anbieter aus Fernost sind um 30 bis 40 Prozent billiger und die Läger sind, auch weil die Produktion hochgefahren wurde, randvoll. Eine Entwicklung, wie wir sie schon im Panelbereich gesehen haben, wiederholt sich: Im Juni erst meldete das Unternehmen Solarnative, Entwickler des weltweit kleinsten Wechselrichters aus Frankfurt, beim zuständigen Gericht Insolvenz an. Bei Fronius wurden im Juni 350 Mitarbeiter entlassen. Doch wie sind wir eigentlich an diesem Punkt in der Solarkrise in Europa angekommen? Und wie geht es, besonders bei Fronius, jetzt eigentlich weiter?