Deutscher Automarkt : BYD scheitert an Deutschland
BYD expandiert nach Europa, doch ausgerechnet am größten Automarkt des Kontinents gelingt es den Chinesen nicht sich durchzusetzen.
- © Adobe StockSeit drei Jahren müht sich BYD nun damit ab, in der Bundesrepublik E-Autos zu verkaufen. Ausgerechnet auf dem größten Automarkt Europas – läuft es für BYD bislang alles andere als rund.
2022 hatte der damalige Europachef Michael Shu das Ziel ausgegeben bis 2026 jährlich 120.000 Autos zu verkaufen. Zwei Jahre später? Waren es nicht einmal 3.000.
Im ersten Halbjahr 2025 entfielen 6.300 Neuzulassungen auf BYD – geplant war ein Jahresabsatz von 50.000 Autos, inzwischen ist klar: die Zielvorgabe ist – wieder einmal – völlig unerreichbar.
Der Marktanteil liegt bei bei unter einem halben Prozent. Eine Demütigung für Chinas Autochampion, dem Weltmarktführer bei E-Autos.
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Warum BYD in Deutschland scheitert
Die Autos sind gut. Die Technik stimmt. Der Preis auch. Und trotzdem: Die Deutschen kaufen sie nicht. Das Problem beginnt beim Auftritt. Das Händlernetz ist zu dünn, die Vertriebsstrukturen zu langsam.
Gerade einmal 60 Händler verkaufen derzeit BYD in Deutschland, geplant waren bis Jahresende 120, laut Branchen-Insidern wären mindestens 200 notwendig um die ambitionierten Ziele erreichen zu können.
Viele Kunden wissen nicht, wo sie ein Auto überhaupt ansehen oder warten lassen können. Händler berichten von verspäteten Lieferungen, fehlenden Papieren, mangelhafter Kommunikation.
Auch beim Preisverständnis stößt BYD an Grenzen: Leasingraten sind zu hoch, Restwerte zu niedrig – für Flottenbetreiber ein Ausschlusskriterium.
BYD will Europa mit ‘China-Speed’ erobern: schnell, aggressiv, mit großen Zielen. Aber der deutsche Markt tickt anders: Hier zählen Vertrauen, guter Service und Verlässlichkeit. Ein Kulturschock den BYD noch nicht überwunden hat.
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Verzögerungen in Ungarn
Knapp 800 Kilometer östlich von München, im ungarischen Szeged, entsteht das erste europäische BYD-Werk. Eigentlich hätte die Produktion bereits im Mai 2025 starten sollen, dann hieß es Sommer, dann Herbst – nun ist der Start erneut verschoben: auf Anfang 2026.
Zunächst nur als Testlauf, die Serienfertigung beginnt frühestens im April.
China-speed sieht anders aus. Gerüchte, BYD wolle die Produktion in die Türkei verlagern, wies der Konzern zurück. Gründe für die Verzögerungen in Ungarn nennt er allerdings keine.
Offiziell hält BYD an den Produktionszielen fest: Auf dem Gelände sollen im kommenden Jahr 150.000 Fahrzeuge gefertigt werden, 2027 bereits 300.000 – fast so viele wie Audi in Ingolstadt produziert.
Gemeinsam mit den geplanten Werken in der Türkei und Spanien bildet Szeged den industriellen Brückenkopf, mit dem BYD Europa erobern und die Zölle umgehen will.
Doch selbst wenn das Werk im kommenden Jahr wirklich mit der Produktion startet:
wie es ausgelastet werden sollen, ist bislang völlig unklar. 2024 verkaufte BYD in ganz Europa gerade einmal 47.000 Fahrzeuge – ein Drittel dessen was künftig in Ungarn vom Band laufen soll.
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Zum Wachstum verdammt
Für BYD ist die Expansion nach Europa alternativlos. In China tobt ein erbarmungsloser Preiskampf, die Fabriken produzieren mehr Autos, als der Markt aufnehmen kann. Die Überkapazitäten sind gigantisch - und die Autos müssen irgendwo hin.
In Asien, Südamerika und Afrika hat sich BYD bereits festgesetzt. Die USA sind durch massive Handelsbarrieren faktisch unerreichbar. Also richtet sich der Blick nach Westen – auf Europa.
Doch die Erwartungen aus der Zentrale in Shenzhen sind zunehmend realitätsfern:
Absatzerwartungen, die kaum erreichbar sind, Zeitpläne, die sich ständig verschieben, Lieferzeiten, die nicht haltbar sind.
Was in China als Zeichen für Entschlossenheit gilt, wird in Europa zur Belastungsprobe. Für das Management bedeutet das vor allem eins: ständiger Druck – zwischen den Vorgaben aus Peking und einem Markt, der sich von Chinas Tempo nicht beeindrucken lässt.
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Maria Grazia Davino - zwischen Ziel und Realität
In dieser Zwickmühle steht seit Ende 2024 Maria Grazia Davino. Sie leitet das Europageschäft von BYD – mit dem Auftrag, das Unmögliche möglich zu machen.
Die Italienerin, studierte Philosophin und ehemalige Fiat- und Stellantis-Managerin, gilt in der männerdominierten Autobranche als Ausnahmeerscheinung – temperamentvoll, ehrgeizig, mit einer Vorliebe für große Auftritte.
In der Branche hat sie den Ruf, laut zu denken und schnell zu handeln. Bei Fiat hielt sie während der Corona-Zeit per Videobotschaften Kontakt zu ihren Händlern, bei BYD soll sie nicht weniger als den Durchbruch in Deutschland erreichen.
Ihre Aufgabe: Strukturen schaffen, Händler gewinnen, Vertrauen aufbauen – und gleichzeitig Wachstumsziele erfüllen, die selbst in China als ehrgeizig gelten.
Davino versucht, das Unmögliche zu schaffen – zwischen chinesischem Hochdruck und europäischer Realität. Und sie weiß: Der Druck aus Fernost wird weiter wachsen.