Grundteuer und Dieselprivileg : Felbermayr fordert unpopuläre Maßnahmen - Höhere Steuern und Reformen für Österreichs Zukunft

ABD0114_20230207 - WIEN - ?STERREICH: ZU APA0176 VOM 7.2.2023 - WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr am Dienstag, 07. Februar 2023, im Rahmen einer Pressekonferenz zum Thema "Budget?re Entwicklung 2022 und aktuelle Wirtschaftsprognosen" in Wien. - FOTO: APA/HANS KLAUS TECHT

Gabriel Felbermayr: "Wir müssen den Gürtel ein bisschen enger stellen."

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Reformen zur Reduzierung des Budgetdefizits

Wifo-Chef Gabriel Felbermayr betont die Notwendigkeit rascher Maßnahmen der neuen Regierung, um das Budgetdefizit zu reduzieren: "Wir werden ein paar unpopuläre Maßnahmen setzen müssen, damit man Österreich wieder auf den Wachstumskurs bringen kann", sagte er in der ORF-"Pressestunde". Dabei schlägt er unter anderem Anpassungen bei der Grundsteuer, dem Dieselprivileg und der Mineralölsteuer vor. Auch das Pensionsantrittsalter sollte seiner Meinung nach schrittweise erhöht werden.

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Felbermayr unterstrich die Bedeutung, die Maastricht-Kriterien einzuhalten und forderte gleichzeitig Reformen in Bereichen wie Pflege und Arbeitsmarktqualifizierung: "Was wir brauchen, ist eine klare Reformagenda." Er wies darauf hin, dass die Krisen der letzten Jahre den Wohlstand gekostet hätten: "Wir müssen den Gürtel ein bisschen enger stellen."

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Handlungsbedarf bei der Mineralölsteuer und dem Dieselprivileg

Auch Steuererhöhungen schließt der Wirtschaftsforscher nicht aus: "Eine Steuererhöhung gefällt keinem." Felbermayr hob hervor, dass die Mineralölsteuer seit 2011 unverändert geblieben sei, obwohl die Inflation um 40 Prozent gestiegen sei. In der Realität sei diese Steuer daher gesunken.

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Der Wifo-Chef sieht Handlungsbedarf bei der Mineralölsteuer und dem Dieselprivileg: "Behutsam könnte man hier einen Schritt gehen." Ebenso wäre eine Anhebung der Grundsteuer denkbar, da diese eine Vermögenssteuer sei. Er betonte, dass dadurch beide Seiten in einer möglichen Koalition einen Kompromiss erzielen könnten. Felbermayr selbst hält jedoch wenig von einer allgemeinen Vermögenssteuer.

Auch das Momentum-Institut befürwortet eine Reform der Grundsteuer und spricht sich für die Einführung weiterer vermögensbezogener Steuern aus. Im Gegensatz zu Felbermayr fordern sie jedoch auch höhere Unternehmenssteuern und lehnen Erhöhungen indirekter Steuern wie der Mineralölsteuer ab, da diese die unteren Einkommensgruppen stärker belasten würden.

Stichwort Dieselprivileg

Die fünf größten EU-Staaten investieren einer aktuellen Studie zufolge jährlich 42 Milliarden Euro in die Subventionierung von Dienstwagen mit Verbrennungsmotoren. Laut der Untersuchung, die im Auftrag der Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) durchgeführt wurde, ist Italien mit 16 Milliarden Euro Spitzenreiter, gefolgt von Deutschland mit 13,7 Milliarden Euro. Auch Frankreich und Polen subventionieren mit jeweils über 6 Milliarden Euro jährlich. Diese Subventionen fördern weiterhin den Einsatz umweltschädlicher Fahrzeuge, was die Bemühungen um einen nachhaltigen Wandel im Verkehrssektor untergräbt.

Aktuell machen Firmenwagen rund 60 Prozent der Neuwagenverkäufe in Europa aus. Besonders auffällig ist die Förderung von SUVs: Rund 15 Milliarden Euro fließen allein in die Subventionierung dieser Fahrzeuge in den vier untersuchten Ländern. Dienstwagenfahrer profitieren im Durchschnitt von einem jährlichen Steuervorteil von 6.800 Euro. Bei besonders schadstoffintensiven Modellen kann dieser Betrag sogar bis zu 21.600 Euro steigen. "Es ist völlig unlogisch und inakzeptabel, dass wir immer noch Milliarden von Steuergeldern in eine Technologie investieren, die dem grünen Wandel der Europäischen Kommission widerspricht", kritisiert Stef Cornelis, Flottenmanager bei T&E.

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Im EU-Vergleich zählt Österreich zu den Ländern mit einer der höchsten Subventionsquoten für Diesel. Kritiker fordern schon seit Jahren eine Abschaffung dieses Privilegs, um den Umstieg auf klimafreundlichere Alternativen wie Elektrofahrzeuge zu beschleunigen und die CO2-Emissionen im Verkehr zu senken.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat daher den neuen EU-Klimakommissar beauftragt, konkrete Vorschläge für den Ausstieg aus fossilen Subventionen zu erarbeiten. Dies könnte auch Auswirkungen auf die zukünftige Steuerpolitik in Österreich haben, da die Förderung fossiler Brennstoffe im Widerspruch zu den Klimazielen steht.

Experte spricht sich für Erhöhung des Pensionsalters aus

Obwohl Felbermayr sich nicht zur Zusammensetzung der künftigen Regierung äußern wollte, verwies er darauf, dass Koalitionen aus drei Parteien "komplex" seien, wie man in Deutschland sehe. Eine Präferenz für eine bestimmte Koalition, etwa ÖVP-FPÖ, wies er jedoch zurück: "Da mische ich mich nicht ein."

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Felbermayr sprach sich erneut für eine Erhöhung des Pensionsalters auf 67 Jahre aus, allerdings in einem langsamen Tempo bis 2044. Gleichzeitig plädierte er für die Stärkung der betrieblichen und privaten Altersvorsorge.

Unterstützung erhielt er von Seniorenbund-Obfrau Ingrid Korosec, die sich für mehr Anreize für freiwilliges Arbeiten im Alter aussprach. Gleichzeitig lehnte sie Pensionsanpassungen unterhalb der Inflationsrate ab.

In Bezug auf die Lohnrunde für Beamte riet Felbermayr zu Zurückhaltung und plädierte für ein maßvolles Vorgehen. Eine eigene politische Karriere schließt Felbermayr aus: "Schuster bleib bei deinen Leisten hat schon was." Auch bei einem Angebot, Finanzminister zu werden, würde er ablehnen.