Interner Warenfluss : Warum die Intralogistik ein Schlüssel zur Standortsicherung ist

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Gamechanger Intralogistik: Hier laufen die Prozesse zusammen

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Es ist ein Bild, das gar nicht so recht passen will zur Welt der vollautomatisierten, auf Effizienz gebürsteten Läger. Die Personal- und Schichtplanung in der Intralogistik erfolgt heute vielfach noch mit simplen Excel-Listen, dem Whiteboard, per Teams-Nachrichten oder der Methode "Zuruf". "Die Digitalisierung von Personalflüssen ist gar nicht gegeben", beobachtet Plancise-Gründer Thomas Mahringer. Das Startup ist die erste Ausgründung des Welser Lagerautomatisierers TGW und hat sich auf die Fahnen geheftet, die Effizienz beim Personaleinsatz - nicht selten sind es in Großlägern bis zu mehreren hundert Mitarbeiter, die hier werken - softwaregestützt auf ein neues Level zu heben. "Niedrigschwellig und echtzeitbasiert", wie Mahringer das Wertversprechen des Unternehmens nennt. So soll die Eigenentwicklung, deren Implementierung ohne großen Rollout mit den internen IT-Abteilungen der Kunden auskommt, Unternehmen in die Lage versetzen, mit einem Schlag Dutzende von Excel-Tabellen zu substituieren.

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Und auf diese Weise erstaunlichen Wert generieren. Nicht zuletzt dank der Lean-Startup-Methode habe man Tempo verinnerlicht, sagt Mahringer. Der das Produkt mit seinen elf Kollegen laufend weiterentwickelt. Und das Unternehmen beschäftigt sich mit prädiktiver Personalplanung, um in die Zukunft zu extrapolieren. "Wir schrauben an einer Methodik, wie sich auf Basis von mathematischen und statistischen Mitteln Tages- und Wochenlastprofile herausfinden lassen", so Mahringer. Oder allgemeiner: Demand- und Volumens-Forecasts. So sind Prognoseaussagen wie jene, am Black Friday 35 Kommissioniermitarbeiter zu benötigen, dann gestützt zu treffen.

Thomas Mahringer,  Gründer Plancise
"Die Digitalisierung von Personalflüssen im Lager ist noch zu wenig gegeben." Thomas Mahringer, Gründer Plancise - © Plancise

Mit Intralogistik die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs stärken

Ein potenzieller Use Case, der auch in der angewandten Forschung herbeigesehnt wird. "Im Bereich der Hochregalläger, wo Österreichs Produzenten Weltspitze sind, haben wir gesehen, wie ein Bereich in die Perfektion getrieben worden ist", beobachtet Franz Staberhofer. In der Produktionslogistik, in der Kette vom Aufschlagen der Ware bis zum Versenden der Ware dagegen sei man heute weit weg von Perfektion“, sagt der Leiter des Logistikums an der FH Steyr und Präsident ASCII. In der Kombination aus Ökonomie, Ökologie und Mensch (O-Ton Staberhofer: "Technologien müssen nachhaltig sein, nicht nur ein Element von Nachhaltigkeit bedeutet Einäugigkeit") läge eine enorme Chance. "Wenn das gut betrieben wird, dann resultiert daraus die Stärkung des Wirtschaftsstandorts", sagt Staberhofer. Die Intralogistik sei "ein wesentlicher Schlüssel zur Standortsicherung". Auch, weil der Fachkräftemangel spätestens nach dem Wiedererstarken der Konjunktur wieder offenkundig zu Tage treten werde.

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"In der Kombination aus Ökonomie, Ökologie und Mensch liegt die enorme Chance." Franz Staberhofer, Leiter Logistikum, FH Steyr und Präsident ASCII - © ING PETER KAINRATH 4400 STEYR

Intralogistik 4.0: Gamification und Teleoperation für Kranfahrer-Arbeitsplätze

Dem Fachkräftemangel ein Schnippchen schlagen will die Industrie-Logistik-Linz. Karl Schneeberger, Leiter IT, ISM & Innovation nennt die Details des Projekts Craneium. Mittels eines Teleoperator-Konzepts wolle man die Mehrkranbedienung durch einen Kranfahrer "vom Büroarbeitsplatz" in die Tat umsetzen, schildert er. Ort des Geschehens ist die 16.000 Quadratmeter große Hauptversandhalle der ILL am Werksgelände der voestalpine in Linz. Täglich werden dort bis zu 100 Waggons und LKWs an den jeweiligen Übergabepositionen mit Coils beladen.

"Mit Vollautomatisierung kommen wir hier nicht weit, wir werden auch in 30 Jahren noch die menschliche Interaktion benötigen", sagt Schneeberger. Deshalb wird ein Ansatz, der in Richtung Gamification geht und intrinsisch motiviert war, gewählt. Der Kranfahrer-Arbeitsplatz der Zukunft wird - neben der gesteigerten Produktivität pro Person - eine Reihe von Vorteilen bieten. So kann man in punkto Ergonomie Arbeitsplatzverletzungen vorbeugen und eröffnet auch Menschen mit Beeinträchtigung ein Arbeitsumfeld. Und auch aus Nachhaltigkeitssicht wird sich das Projekt rechnen - denn es setzt auf Kontinuität: "Wir erzielen eine viel schönere Lastverteilung und besseren Ressourceneinsatz an den Kränen", sagt Schneeberger.

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"Wir werden auch in 30 Jahren die menschliche Interaktion benötigen." Karl Schneeberger Leiter IT, ISM & Innovation, Industrie-Logistik-Linz - © Industrie-Logistik-Linz

EVENTTIPP

31. Österreichischer Logistik-Tag

Der österreichische Jahrestreffpunkt für Logistik und Supply Chain Management mit allen Stakeholdern der Bedarfsträger (Industrie, Handel) und Lösungsanbieter (Spedition, integrierte Dienstleister, Technologie & IT, Bildung & Forschung).

Wann: 06. Juni 202, 09:00 bis 17:00 Wo: Design Center Linz, 4020 Linz

Veranstaltungsrahmen+ Keynote-Vorträge+ Vertiefende Fachsequenzen+ Fachausstellung der Lösungsanbieter aus IT & Technologie, Transport & Infrastruktur, Spedition, F&E, Consulting

Teilnehmerinnen und Teilnehmer 60 Referenten, 50 Aussteller & Newcomer und 800 Fachkollegen:+ Supply Chain- und Logistik-Manager aus Industrie, Handel und Dienstleistung+ Fachexperten aus Beschaffungs-, Produktions-, Lager- und Transportlogistik+ IT-, Technologie- und Digitalmanager+ C-Level-Führungskräfte

Das Logistik-Future-Lab am 5. Juni startet mit einer innovativen Live-Vernetzung aller Teilnehmer zum Motto: Mit kollektiver Intelligenz gemeinsam Zukunft gestalten!

Darin werden Lösungen für die zukünftigen Herausforderungen in SCM und Logistik erörtert.

Weitere Informationen hier

Die Zukunft der Logistik bei Veit Kohnhauser

Für Veit Kohnhauser ist dieses Digitalisierungsprojekt eines, das zu recht Beachtung verdient. Es praktiziert eine andere Form der Automatisierung, die nicht primär aus der Wirtschaftlichkeitsrechnung kommt, sondern einen Perspektivenwechsel vollzieht: Es geht darum Logistikprozesse mit digitalen Technologien aufzuwerten und damit die Vielfalt und Attraktivität der Arbeitsplätze für die Mitarbeiter zu steigern“, sagt der Studiengangsleiter Logistik Engineering und Management an der FH Steyr. Innovative Technologien in der Logistik zu verstehen, Zusammenhänge zu erkennen, Lösungsansätze zu bewerten und diese erfolgreich in der Praxis zu implementieren, wird "eine Schlüsselkompetenz für die Logistiker der Zukunft" sein, sagt Kohnhauser.

Veit Kohnhauser
"Nicht immer liegt die Lösung in Automatisierung, die aus der Wirtschaftlichkeitsrechnung kommt." Veit Kohnhauser, Studiengangsleiter Logistik Engineering und Management, FH Steyr - © FOTO ANDREAS HAUCH ? Copyright österreichischer Berufsfotografen ? Verwendung mit Urheberbezeichnung Andreas Hau

Holz als Ladungsträger

Der auch andere Aspekte wie die Nachhaltigkeit untersucht. Reuse von Infrastruktur - die Aufbereitung von viel gebrauchten Staplern - ist so ein Thema, das beispielsweise die Hersteller von Flurförderfahrzeugen umtreibt, weiß er. Auf ein erstaunliches Fünftel sollen dagegen die Instandhaltungskosten beim Tausch von Ladungsträgern aus Metall durch Ladungsträger aus Holz abschmelzen. Das rechnet Ligenium-Geschäftsführer Christoph Alt vor. Sein Unternehmen substituiert im Maschinenbau und der Logistik nicht-biobasierte Materialien durch Birken- und Buchensperrhölzer. "2018 gegründet, wollen wir unser Produkt in Europa salonfähig machen", erzählt er.

Es verringert nicht nur die Reparaturquote enorm, es macht auch die Vision einer zirkulären Wirtschaft lebendig. Durch ein modulares Stecksystem und teilweiser Verschraubung sei der Reparaturprozess ein vielfach einfacherer, "wenn überhaupt etwas kaputt geht", sagt Alt. Verstärkt Automobilhersteller habe man im Kundenstock. Das geringere Grundinvestment, geringere Nutzungszyklenkosten und das Nachhaltigkeits-Plus - Holz ist ein hervorragender Co2-Speicher - würden neben dem höheren möglichen Füllgrad und geringeren Transportschäden dafür sorgen, "dass wir starkes Feedback bekommen", sagt Alt.

Christoph Alt Ligenium
"Wir wollen unser Produkt in Europa salonfähig machen." Christoph Alt, Geschäftsführer Ligenium - © Ligenium

Durchgängige Schrottlogistik

Mit greentec steel hat die voestalpine einen klaren Plan für ihren Weg zur grünen Stahlproduktion. Die Transformation der Metallurgie und der damit verbundene Einsatz von Elektrolichtbogenöfen (EAF) ist neben der technologischen Herausforderung auch ein großes logistisches Thema. Denn die EAFs brauchen – ab 2027 – zusätzlichen Schrott für die Stahlproduktion. Allein am Schrott-Hub in Ennsdorf, der einer von mehreren Schrott-Hubs sein wird, ist die Steigerung der Schrottmenge extrem: Der derzeitige Bedarf wird sich verfünffachen und damit auf rund eine Million Tonnen jeweils im Ein- und Ausgang ansteigen. Um den Schrottbedarf der Elektrolichtbogenöfen decken zu können, entwickelt LogServ ein hochproduktives, hochautomatisiertes und hochwirtschaftliches Logistik-Konzept als Basis für einen der modernsten Schrott-Hubs Europas.

Im Endausbau wird rund eine Million Tonnen Schrott jeweils im Ein- und Ausgang über das neue Hub abgewickelt werden. Bisher bewegt sich die benötigte Menge bei jeweils rund 200.000 Tonnen. Der Schrottplatz erhöht die vorgelagerten Mengen, um schließlich die verschiedenen Schrottsorten tagesaktuell und bedarfsgerecht anliefern zu können. "Unser Alltag als Logistiker ist geprägt vom Reagieren, doch hier kommen wir ins Gestalten", freut sich Markus Schinko, Geschäftsführer LogServ. So ist die Kapazitätserhöhung der dortigen Anschlussbahn unerlässlich, was infrastruktureller Maßnahmen bedarf. Man ist getrieben von der Vision, Schrotte vorsortiert den Produktionsanlagen zuzuführen. "Und wir konzipieren gerade einen neuen Güterwagen, der den Anforderungen besonders gerecht wird", sagt Schinko.

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"Unser Alltag als Logistiker ist geprägt vom Reagieren, doch hier kommen wir ins Gestalten": Markus Schinko, Geschäftsführer LogServ - © Logserv