CS3D Direktive: Kosten kaum zu stemmen : Lieferkettengesetz mit Luft nach oben

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Die Wahrscheinlichkeit, zumindest indirekt mit Unternehmen zusammenzuarbeiten, die Umweltbestimmungen oder Menschenrechte verletzen, sei groß. In der Konsequenz würden sich Lieferketten auch nicht so einfach isolieren und bewerten lassen.

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Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr begrüßt den Vorstoß der Europäischen Union, eine Sorgfaltspflicht für Unternehmen in Bezug auf ihre Lieferketten zu etablieren, sieht aber Möglichkeiten, die Regulierung effizienter zu gestalten. Hintergrund ist die sogenannte "Corporate Sustainability Due Diligence Directive" (CS3D), die derzeit im Trilog verhandelt wird. Diese würde zu hohen Kosten für Unternehmen führen und wäre in der Praxis kaum umsetzbar, sagte Felbermayr am Dienstag.

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Die Richtlinie soll größere Unternehmen dazu verpflichten, potenziell negative Auswirkungen ihrer Geschäfte auf Menschen und Umwelt zu identifizieren und in der Folge zu beheben. Die CS3D würde von betroffenen Unternehmen verlangen, ihre dauerhaften Zulieferer einer regelmäßigen Sorgfaltsprüfung zu unterziehen und darüber auch jährlich zu berichten. Richten sich die Unternehmen nicht danach, würden ihnen Geldstrafen drohen, die auch als Schadenersatz für Betroffene ausgelegt werden könnten.

Das Problem dabei: Die meisten Firmen verfügen über mehrere Dutzend, teilweise über hunderte oder gar tausende Zulieferer. Die Kosten sowie der Aufwand der seitens der im Vorschlag vorgesehenen Prüfungen wären also kaum zu stemmen, so Felbermayr bei einem Pressegespräch des Supply Chain Intelligence Institute Austria (ASCII).

Außerdem ist die internationale Verflechtung enorm, wie Komplexitätsforscher Peter Klimek festhielt. Die Wahrscheinlichkeit, zumindest indirekt mit Unternehmen zusammenzuarbeiten, die Umweltbestimmungen oder Menschenrechte verletzen, sei daher groß. In der Konsequenz würden sich Lieferketten auch nicht so einfach isolieren und bewerten lassen.

Gabriel Felbermayr vom Wifo
Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr sieht Möglichkeiten, die Regulierung effizienter zu gestalten. - © YouTube/ORF Fan [HD]

Die Bestimmungen dürften daher Anreize für Unternehmen schaffen, sich aus bestimmten geografischen Regionen zurückzuziehen und wiederum dort ansässige, "saubere" Lieferanten auszublenden, führte Felbermayr aus. Das sei nicht im Sinne des Grundgedankens, die Situation in Bezug auf Umwelt und Menschenrechte zu verbessern. Darüber hinaus bestehe so die Möglichkeit, dass Lücken für Konzerne aus Ländern entstehen, die diese Werte nicht hochhalten.

Felbermayr empfiehlt daher, sich bei der Sorgfaltspflicht nicht auf Lieferketten, sondern einzelne Unternehmen zu fokussieren. Die Richtlinie solle also darauf abzielen, Unternehmen in positive und negative Listen zu kategorisieren. Geschäfte mit Lieferanten, welche die ethischen Bestimmungen nicht einhalten, könnte man auf diesem Wege effektiv unterbinden. Vice versa könne auf diesem Weg eine mögliche Haftung für Verstöße bei Geschäften, die mit Unternehmen auf der "positiven" Liste unterhalten werden, entfallen.


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Als potenzielle Prüfer würden laut Felbermayr internationale Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in Frage kommen. Der Fokus auf Unternehmen werde zu einer höheren Effektivität und letztlich auch zu einer größeren Rechtssicherheit führen, argumentierte der Wifo-Chef, der seine Ideen auch in einem aktuellen Policy Brief des ASCII festgehalten hat. (APA/red)

Peter Klimek, Leiter des Supply Chain Intelligence Institute Austria (ASCII)
In der Konsequenz würden sich Lieferketten auch nicht so einfach isolieren und bewerten lassen: Peter Klimek - © Eugénie Sophie