Statistik : Rekordhöhe bei Firmenübernahmen in Österreich

Das Hoch auf dem österreichischen Transaktionsmarkt hat auch im ersten Halbjahr 2018 angehalten, wie die Unternehmensberatung Ernst & Young meldet.

Dabei habe es 178 Firmenübernahmen mit österreichischer Beteiligung gegeben. Ihre Anzahl sei fast auf dem gleichen Niveau wie im Vorjahreszeitraum geblieben, doch das finanzielle Volumen habe mit rund fünf Milliarden Euro einen neuen Hochststand erreicht. Das entspreche nahezu einer Verdoppelung innerhalb von sechs Jahren.

Die drei größten Deals

Mehr als die Hälfte der Transaktionswerte seien alleine auf die zwei größten Deals des Jahres entfallen, so die Unternehmensberatung weiter.

Für die Übernahme des Wieselburger Scheinwerfer-Spezialisten ZKW habe der koreanische Elektronik-Riese LG rund 1,4 Milliarden Euro gezahlt.

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Die OMV habe für 20 Prozent an den Konzessionen für zwei Offshore-Ölfelder der Abu Dhabi National Oil Company rund 1,2 Milliarden Euro gezahlt.

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Die drittgrößte Übernahme des ersten Halbjahres sei der Kauf des US-Unternehmens Xerium Technologies um rund 650 Millionen Euro durch Andritz.

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Billiges Geld und neue Geschäftsmodelle als Treiber

Eva-Maria Berchtold von Ernst & Young Österreich meint dazu: "Die Marktentwicklung ist weiterhin durch zwei zentrale Trends gekennzeichnet: das anhaltende Niedrigzinsumfeld und die Neuausrichtung von Geschäftsmodellen aufgrund des digitalen Wandels."

Für das Gesamtjahr 2018 sei eine ähnliche Entwicklung zu erwarten. Zentrale Treiber sind weiter die sehr niedrigen Zinsen. Zudem gibt es sehr viel Geld am Markt. "Investoren suchen weiter intensiv nach renditeträchtigen Anlagen", so Berchtold.

Industriesektor als häufiges Ziel für Übernahmen

Die stärkste M&A-Aktivität verzeichnete erneut der Immobiliensektor, gleichauf mit der Industrie: Je 42 Transaktionen – insgesamt rund die Hälfte aller Deals – entfielen im ersten Halbjahr 2018 auf Übernahmen von Immobilien- und Industrieunternehmen. Das Deal-Volumen war im Immobilienbereich mit rund 800 Millionen Euro etwas höher als im Industriesektor mit 600 Millionen Euro.

Einzelne Firmenübernahmen wirken wie ein Schock

Die Auswirkung sind einerseits die sich weiter stark verschlechternde Situation am Mietmarkt in Österreich wie in Deutschland. Andererseits geraten Hightech-Unternehmen in der heimischen Industrie immer stärker ins Visier von Investoren und Finanzfirmen.

Einzelne spektakuläre Übernahmen wie der Fall des Augsburger Robotikherstellers Kuka durch den chinesischen Konzern Midea hatten in der Öffentlichkeit eine gewisse Schockwirkung. Inzwischen hat Deutschland den Schutz vor Übernahmen strategisch wichtiger Firmen erheblich verschärft - und bereits zwei Übernahmen durch chinesische Investoren verhindert: Wieder ein Veto aus Berlin gegen Chinas aggressive Einkaufstour >>

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Nach Österreich kommen deutlich mehr Finanzfirmen

Einen Anstieg gab es im ersten Halbjahr 2018 bei Transaktionen von Finanzinvestoren in Österreich, und zwar von 9 auf 14.

Doch bei 92 Prozent aller Übernahmen waren strategische Investoren die Käufer, also Unternehmen, die ihr eigenes Geschäftsmodell stärken oder neue Geschäftsfelder erschließen wollen. Die Anzahl der Deals dieser strategischen Investoren sank jedoch von 174 auf 164.

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Die meisten Übernahmen in der Autoindustrie

Bei der Höhe der Volumina ließ sich im ersten Halbjahr 2018 eine Rückkehr zur „Old Economy“ feststellen: Die höchsten Transaktionswerte (1,4 Milliarden Euro) entfielen auf den Automobilsektor, gefolgt vom Öl- und Gassektor (1,2 Milliarden Euro). In beiden Fällen war dafür aber eine einzige Milliardentransaktion ausschlaggebend: Der Kauf von ZKW durch LG und der Einstieg der OMV in zwei Offshore-Ölfelder der Abu Dhabi National Oil Company.

Technologieunternehmen im Visier

Einen deutlichen Aufschwung am Transaktionsmarkt gab es außerdem im Technologiebereich, der die drittmeisten Deals verzeichnet: Insgesamt wurden dort 36 M&A-Transaktionen gezählt.

Österreichs Investoren kaufen am liebsten in Deutschland

Österreichische Investoren setzten im 1. Halbjahr 2018 verstärkt auf Zukäufe im Ausland und hier rund 40 Prozent aller Transaktionen am häufigsten in Deutschland. Dahinter folgen Polen mit sechs und Tschechien mit fünf Transaktionen.

Im Gegenzug haben auch deutsche Unternehmen oft Firmen in Österreich gekauft: Fast ein Drittel aller Transaktionen oder 18 Deals geht auf das Konto deutscher Investoren. Dahinter folgen Investoren aus Großbritannien, Frankreich, Schweden und die USA.

(red)