OekB-Vorstand im Interview : OekB-Vorstand Bernkopf: "Diversifizierung ist das Gebot der Stunde"

OeKB Vorstand Helmut Bernkopf

"Mit der Exportinvest Green Energy ist uns ein großer Wurf gelungen": Helmut Bernkopf, Vorstand OeKB

- © studio@davidsailer.com

INDUSTRIEMAGAZIN: Herr Bernkopf, wir erleben Zeiten elementarer Umbrüche. Worin bietet die OeKB Unternehmen nun gerade Stabilität?

Helmut Bernkopf:
Wir sind eine verlässliche Partnerin, auch in stürmischen Zeiten und das schätzen unsere Kunden. Heimischen Exporteuren Sicherheit zu vermitteln, sie zu unterstützen und in schwierigen Situationen zu begleiten ist eine Kernkompetenz der OeKB. Die Welt ist zwar nachhaltig riskanter geworden; der internationale Handel ist aber gerade für eine kleine Volkswirtschaft wie Österreich alternativlos. Unsere Finanzierungs- und Absicherungsinstrumente braucht es daher derzeit vielleicht sogar noch mehr. Immer wichtiger wird es die unterschiedlichen Produkte und Hebel, die wir haben, miteinander zur verknüpfen und den Kunden ein Gesamtpaket für ihr Vorhaben anzubieten.

Vor welchen Herausforderungen stehen Österreichs Exporteure?


Bernkopf:
Die allgemeine Wirtschaftslage ist nach wie vor eine große Herausforderung, Die hohen Energiekosten machen vor allem der produzierenden Industrie zu schaffen. Der Druck ist hoch, keine Frage. Logistikkosten sind gestiegen und die Nachfrage hingegen etwas zurückhaltend. Die spürbar gestiegenen Personalkosten tragen ebenfalls dazu bei. Im Vergleich zu Ländern mit geringerer Lohnsteigerung ist die heimische Industrie da im Nachteil. Es gilt allerdings basierend auf dieser Ausgangslage Lösungen zu finden. Und manche Unternehmen sehen auch eine Chance mit einer weiteren Spezialisierung oder einer Weiterentwicklung mithilfe neuer Technologien ihre Position am Markt zu stärken.

Welche Instrumente leiten Unternehmen gerade besonders erfolgreich durch diese unsicheren Zeiten?


Bernkopf:
Gemeinsam mit dem Finanzministerium optimieren wir kontinuierlich unser Produkt- und Serviceportfolio. Meiner Meinung nach ein Muss in unserer schnelllebigen Zeit. Unsere Produkte sind stabile Anker für Investitionen, Expansionen und Exporte unserer Kunden. Betriebsmittel- und Investitionsfinanzierungen sind genauso wichtig wie die klassische Risikoabsicherung oder die Export(Re)finanzierung und die Kombination aus Finanzierung und Absicherung mittels Shopping Line. Eine große Nachfrage verzeichnen wir bei all unseren Green-Produkten. Dabei liegt der Fokus auf nachhaltigen Investitionen mit Aspekten des Klimaschutzes und der Ressourcenschonung. Hier können wir mit besonders attraktiven Konditionen unterstützen. Und wir arbeiten permanent an der Ausweitung unserer Services. Seit April steht österreichischen Exportunternehmen mit der „Vorratsinvest“ eine neue Finanzierungsmöglichkeit für mittel- bis langfristige Finanzierungen von Lägern sowie Zahlungen an Lieferanten, um deren langfristige Lieferbereitschaft und -fähigkeit sicherzustellen, zur Verfügung.

Welche Märkte sind zur Stunde besonders gefragt?


Bernkopf:
Eine breitere Diversifizierung der Märkte ist das Gebot der Stunde. Hier gibt es noch eine Diskrepanz zum Status quo. Das große Wachstum findet außerhalb von Europa statt. Enormes Potenzial bieten die Schwellen- und Entwicklungsländer. Natürlich sind diese Märkte auch mit höheren Risiken und herausfordernden Rahmenbedingungen verbunden. Dennoch führt kein Weg daran vorbei den Blick über den europäischen Tellerrand zu wagen. 80 % der heimischen Exporte gehen aber nach wie vor nach Europa, weitere 8 % nach Nordamerika. Nach Mittel- und Südamerika hingegen nur 2 %, nach Afrika rund 1 % und auch in Asien gibt es noch viel Potenzial für Wachstum. Indien, die ASEAN-Staaten wie die Philippinen oder Vietnam bieten neben gewissen Märkten in Afrika und Lateinamerika große Chancen.

Mit dem OeKB > ESG Data Hub etablierten Sie einen Standard zur Erfassung der Nachhaltigkeitsdaten von Unternehmen. Können Sie eine Aussage zur Durchdringungsrate machen?


Bernkopf:
Bereits 80 Prozent des heimischen Bankensektors nutzen unseren >ESG Data Hub. Das ist eine tolle Sache für unsere Unternehmenskunden, denn auf dieser zentralen Online-Plattform können sie die relevanten Nachhaltigkeitsdaten einfach und effizient sammeln und managen und im Anschluss entscheiden, welche Kreditinstitute auf ihre Daten zugreifen dürfen. Ein echter Gamechanger also. Wir haben damit unser Ziel erreicht und den österreichischen Standard etabliert, womit wir innerhalb der EU eine Vorreiterrolle einnehmen.

Welche Aktivitäten setzt die OeKB im Bereich Sustainable Finance?


Bernkopf:
Wir haben bereits vor vielen Jahren mit Maßnahmen im Kerngeschäft begonnen. Mit der Exportinvest Green setzen wir einen gezielten Anreiz für Investitionen, die einen nachhaltigen Beitrag zur Umweltverbesserung leisten. Mit der Exportinvest Green Energy haben wir eine weitere Finanzierungslösung, mit der uns wirklich ein großer Wurf gelungen ist. Wir können damit Exporteure und deren Zulieferer, die in Österreich in die Umstellung von fossilen Energieträgern auf Erneuerbare Energien investieren, noch besser unterstützen. Das ist bei der Finanzierungshöhe, der Risikoübernahme und auch bei der Laufzeit spürbar. Vor wenigen Tagen haben wir noch nachgeschärft und die Laufzeit ab geplanter Inbetriebnahme auf 20 Jahre erhöht. Wir verzeichnen bei beiden Produkten eine hohe Nachfrage und sehen, dass der Anteil der Grünen Finanzierungen in unserem Portfolio kontinuierlich zunimmt.

Die OeKB hat im November ihre vierte Nachhaltigkeitsanleihe begeben. Ist der grüne Kurs unaufhaltsam?


Bernkopf:
So sieht es aus. Auch der Finanzsektor leistet einen mittlerweile spürbaren Beitrag für eine nachhaltige globale Entwicklung. Für uns ist es ein Selbstverständnis und mit unseren Sustainability Bonds treffen wir auf jeden Fall den Puls der Zeit. Seit Oktober 2019 haben wir insgesamt rund 1,6 Mrd. Euro auf den internationalen Kapitalmärkten emittiert, um damit Umwelt- und Sozialprojekte zu finanzieren. Diesen Weg wollen wir weitergehen. Die Netto-Emissionserlöse des zuletzt emittierten Sustainability Bonds mit einem Volumen von 500 Mio. Euro wurden zu 85 % zur Finanzierung von Umweltprojekten und zu 15 % zur Finanzierung von Sozialprojekten verwendet.

Anfang des Jahres begab die OeKB die erste fünfjährige USD-Globalanleihe. Was zeichnet diese aus?


Bernkopf:
Wir sind mit einer sehr erfolgreichen fünfjährigen USD-Globalanleihe mit einem Gesamtvolumen von 1,5 Mrd. USD in das heurige Jahr gestartet. Trotz der anhaltenden geopolitischen Unsicherheiten war die Nachfrage am Primärmarkt sehr groß. Wir haben ein ideales Emissionsfenster erwischt. Die Anleihe stieß ab dem Zeitpunkt ihrer Ankündigung auf sehr starkes Interesse bei institutionellen Anlegern. Das Orderbuch erreichte ein finales Volumen von über 4,8 Mrd. USD. Insgesamt haben wir bereits 40 % unseres heurigen Emissionsbedarfs gedeckt. Damit können wir die Exportwirtschaft ideal unterstützen.

Nie mehr eine wichtige News aus der Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!

Die OeKB ging mit einer Anpassung ihrer Ausrichtung ins Geschäftsjahr. Was hat sich geändert?

Bernkopf:
Konkret haben wir den Fokus noch stärker als bisher auf die klare Aufteilung der Geschäftsbereiche in Markt und Marktfolge gelegt. Mit der Bündelung aller marktnahen Tätigkeiten im Marktbereich setzen wir ein starkes Zeichen in Richtung Kunden. Damit erreichen wir eine noch spezialisiertere Beratung und Begleitung unserer Kunden bei ihren Exportvorhaben. Es war für uns ein logischer Schritt, um das Wissen und die Expertise unserer Mitarbeitenden noch stärker auszuschöpfen und die Bedürfnisse unserer Stakeholder frühzeitiger zu antizipieren.