Handelsabkommen : EU-Mercosur-Pakt: Warum Österreich dagegen ist

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Warum ist Österreich gegen ein Handelsabkommen der EU mit der Mercosur-Zone?

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Die EU hofft auf die Unterzeichnung des Handelsabkommens mit der lateinamerikanischen Mercosur-Freihandelszone bis Juli. Dieses Ziel nannte Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans laut der Nachrichtenagentur AFP am Rande eines Besuchs in Mexiko. Er verwies dabei auf ein am 17. und 18 Juli geplantes gemeinsames Gipfeltreffen. Österreich hatte sich im Herbst 2019 gegen das geplante Abkommen positioniert. Zuletzt gab es wieder Warnungen davor, etwa von der AK.

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Es sei der "dringende Wunsch" der europäischen Regierenden, das Abkommen "schnell zum Abschluss" zu bringen, sagte Timmermans weiter. Er verwies dabei auf entsprechende Äußerungen des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) während seiner aktuellen Lateinamerikareise sowie auch von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.

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Das Abkommen war vor allem wegen umweltpolitischer Bedenken lange auf Eis gelegt worden, insbesondere wegen der Politik des vergangenen Jahres abgewählten brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro. Dessen Nachfolger Inácio Lula da Silva hat einen effektiven Schutz des Amazonas-Regenwaldes zugesichert.

Kommission soll Abstand vom Abkommen nehmen

Gleichwohl äußern nicht nur internationale Umweltverbände weiterhin erhebliche Bedenken gegen das EU-Mercosur-Abkommen, von dem sie Nachteile für Klima- und Naturschutz befürchten. Auch in Österreich warnte die Arbeiterkammer (AK) zuletzt, dass "die EU-Kommission daran arbeitet, berechtigte Widerstände gegen das Abkommen zu umgehen". Sie forderte Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) im Spätherbst dazu auf, "sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass die Kommission Abstand vom Mercosur-Abkommen samt einer im Raum stehenden Zusatzvereinbarung nimmt".

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Die EU-Kommission wolle das Abkommen in ein politisches und ein wirtschaftliches Kapitel teilen ("Splitting") kritisierten neben der AK auch Nichtregierungsorganisationen in Österreich. "Damit würde beim umstrittenen Handelsteil die Einstimmigkeit im Rat der EU und die Notwendigkeit der Zustimmung aller Mitgliedsstaaten fallen. Infolge dessen würde auch der österreichische Nationalrat in einer derart weitreichenden Angelegenheit seine Entscheidungsrechte verlieren", so die Arbeiterkammer. Die Bundesregierung müsse "hier ein demokratisches Vorgehen einmahnen", forderte AK-Chefin Renate Anderl mit.

Nein zum EU-Mercosur-Abkommen

Der Österreichische Nationalrat hatte sich schon 2019 gegen das Abkommen positioniert. Konkret votierte der EU-Unterausschuss im damaligen September mit Stimmen aller Parteien außer der NEOS gegen das EU-Mercosur-Abkommen. Damit wurde die Regierung zu einem Nein zum EU-Mercosur-Abkommen auf EU-Ebene verpflichtet. Dem Pakt wurde ein Riegel vorgeschoben, denn Entscheidungen im EU-Rat müssen einstimmig erfolgen. "Ein Splitting und einen Beschluss durch die Hintertür gegen den Willen anderer Mitgliedsstaaten kommt nicht in Frage", so die damalige ÖVP-Agrarministerin Elisabeth Köstinger in der amtierenden türkis-grünen Bundesregierung.

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Für das Abkommen waren in Österreich damals neben der pinken Partei auch die Industriellenvereinigung (IV), Wirtschaftskammer (WKÖ) sowie der ÖVP-Wirtschaftsbund gewesen. Dezidiert dagegen trat neben Umweltschutzorganisationen und AK auch der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) auf.

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"Österreich muss sein stures Nein zu Mercosur endlich aufgeben", forderte nun am Mittwoch NEOS-EU-Abgeordnete Claudia Gamon. Ihre Partei ist nach wie vor für das Abkommen. "Ein Mercosur-Abkommen mit strengen Umweltstandards kann unser Instrument sein, den wichtigen europäischen Green Deal bis in den Amazonas auszudehnen", so die Oppositionspolitikerin. Das Umweltkapitel gehöre aber weiterhin nachgeschärft, denn Handel dürfe nicht auf Kosten der Klimaziele gehen. "Die Blockadehaltung und Panikmache der anderen Parteien bringt uns hier aber keinen Millimeter weiter", kritisierte Gamon gegenüber der APA.

Die EU dürfte aufgrund der globalen Verwerfungen in der multipolarer werdenden Welt versuchen, neue Handelspartner zu gewinnen und die Beziehungen zu bestehenden und demokratischen Ländern zu vertiefen. Internationale und kritische Verbände drängten zuletzt zumindest auf weitgehende Korrekturen an dem Vertrag.

Zur Mercosur-Freihandelszone gehören Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay. Die EU und die südamerikanischen Mercosur-Staaten hatten vor 2019 eine Grundsatzeinigung für einen Handelsvertrag erzielt. Zuvor war 20 Jahre lang verhandelt worden.

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