Quantum Computing : Quantentechnologie in der Industrie: ihr enormes Potenzial

Quantenphysik und Industrie

Während sich die Fortschritte immer mehr beschleunigen, fließen die Investitionsgelder in Strömen, und die Start-ups für Quantencomputing vermehren sich. Auch große Technologieunternehmen entwickeln ihre Quantenkapazitäten weiter: Unternehmen wie Alibaba, Amazon, IBM, Google und Microsoft haben bereits kommerzielle Cloud-Dienste für Quantencomputer eingeführt.

Natürlich lassen sich all diese Aktivitäten nicht zwangsläufig in kommerzielle Ergebnisse umsetzen. Das Quantencomputing verspricht zwar, Unternehmen bei der Lösung von Problemen zu helfen, die jenseits der Reichweite und Geschwindigkeit herkömmlicher Hochleistungsrechner liegen, doch sind die Anwendungsfälle zu diesem frühen Zeitpunkt weitgehend experimentell und hypothetisch.

Quantencomputer stellen einen Paradigmenwechsel in der Datenverarbeitung dar. Quantensysteme werden immer größer und zuverlässiger und stehen kurz davor, einen echten Vorteil gegenüber klassischen Computern zu bieten. Da sich diese Technologie noch in einer so frühen Phase befindet, kann es sein, dass ihre wahren Auswirkungen noch nicht einmal vollständig verstanden werden.

Alles dreht sich
um die Quanten


Seit Jahrzehnten hofft man auf den Durchbruch der Quantentechnologie, um sie in der Industrie für Optimierungen und Effizienzsteigerungen zu nutzen und der KI zum Quantensprung zu verhelfen. Handelt es sich um den ersehnten Gamechanger?

Der Physiknobelpreis für Anton Zeiliger wirft ein großes Scheinwerferlicht auf die Quantenforschung in Österreich. Das kleine Alpenland gehört zu den wichtigsten Forschungsstandorten der Welt. Zeilingers Grundlagenforschung wird seit Jahrzehnten mit hohen Erwartungshaltungen beobachtet, weckte sogar das Interesse des Dalai Lama, der sich bei mehreren Gelegenheiten vom Oberösterreicher die (Quanten)Welt erklären ließ. Neben Zeilinger gehören Forscher wie Peter Zoller oder Rainer Blatt zu den international renommiertesten Theoretikern, deren Arbeit unlängst auch in China mit dem renommierten Micius-Preis für anwendungsoffene Quantenphysik ausgezeichnet wurde.

Den sprichwörtlichen Quantensprung verspricht man sich auch in der Industrie. Es winken enorme Steigerungen in der Rechenleistung, wenn es um komplexe Problemstellungen geht. Quanten-Anwendungen können helfen, Fertigungsprozesse wesentlich besser zu koordinieren und zu optimieren. Die Technologie kann auch dafür eingesetzt werden, den Fluss von Komponenten effektiver zu steuern und Personalmanagement- und Wartungssysteme enorm zu verbessern.

Längst ist ein globales Rennen um die technologische Vorherrschaft ausgebrochen. Die USA, China und die EU überbieten sich derzeit mit üppigen Fördersummen, die der Technologie zum Durchbruch verhelfen sollen. Kein Wunder, ist damit doch nicht nur ein neues Zeitalter im Computing und der industriellen Anwendung verbunden, sondern auch neue Gefahren im Bereich der Cybersecurity, aber auch der Rüstungsindustrie.

Vielseitige Anwendungsmöglichkeiten in der Industrie

Quantencomputer werden schon bald in der Lage sein, bestimmte Probleme viel schneller zu lösen als jeder herkömmliche Computer. Diese Fähigkeiten könnten sich insbesondere auf die Art und Weise auswirken, wie Unternehmen Herausforderungen angehen, die mit einer erschreckenden Anzahl von Variablen und möglichen Ergebnissen verbunden sind - wie die Simulation chemischer Wechselwirkungen, die Optimierung der Logistik oder die Sortierung riesiger Datensätze.

Bereich Anwendung Technologie
Lieferketten Optimierung von Lieferketten und Logistik, einschließlich der Routenplanung von Fahrzeugen und des Flottenmanagements Computing & KI, Simulation
Geschäftsmodelle Sicherstellung der Kommunikation zwischen den verschiedenen Akteuren und zwischen den Produktionsanlagen und Überwachung der Anlagen Computing & KI, Kommunikation
Produktlebenszyklus Ermöglichung von datengesteuerten Geschäftsmodellen, einschließlich Matchmaking, Auktionen und Austausch von Dienstleistungen Computing & KI, Simulation
Fertigung Optimierung von Produktionsplänen, Arbeitsgängen, Roboterbewegungen und Bearbeitungsparametern Computing & KI, Simulation
Maschinen Identifizierung von End-of-Life- und industriellen Symbiose-Möglichkeiten Computing & KI, Simulation
Organisation Vorhersage, Entwurf und Prüfung von Material-, Produkt- und Produktionsverhalten und -eigenschaften Simulation, Bildverarbeitung, Sensorik
HR Förderung von Gesundheit und Kompetenzaufbau Bildverarbeitung, Sensorik

Logistik

Quantencomputer sind gut in der Optimierung. Theoretisch könnte ein komplexes Optimierungsproblem, für dessen Lösung ein Supercomputer Tausende von Jahren benötigen würde, von einem Quantencomputer in wenigen Minuten gelöst werden. In Anbetracht der extremen Komplexität und der Variablen, die bei internationalen Versandrouten und der Organisation von Lieferketten eine Rolle spielen, könnte die Quanteninformatik bei der Bewältigung der gewaltigen logistischen Herausforderungen eine große Hilfe sein.

DHL hat zum Beispiel bereits ein Auge auf Quantencomputer geworfen, um Pakete effizienter zu verpacken und die weltweiten Lieferwege zu optimieren. Das Unternehmen hofft, die Geschwindigkeit seiner Dienstleistungen zu erhöhen und gleichzeitig die Anpassung an Veränderungen zu erleichtern, z. B. wenn Aufträge storniert oder Lieferungen verschoben werden. Andere wollen mit Hilfe von Quantencomputern den Verkehrsfluss verbessern, was den Lieferfahrzeugen helfen könnte, mehr Stopps in kürzerer Zeit zu machen.



Cybersecurity

Die Cybersicherheit könnte durch Quantencomputer auf den Kopf gestellt werden. Leistungsstarke Quantencomputer drohen, Kryptographietechniken wie die RSA-Verschlüsselung zu brechen, die heute üblicherweise zur Sicherung sensibler Daten und elektronischer Kommunikation eingesetzt werden.

Die Sicherheit kryptografischer Algorithmen basiert auf schwierigen mathematischen Problemen, die mit einem klassischen Computer weder heute noch in Zukunft zu lösen sind. In erster Linie sind es Public-Key- oder asymmetrische Kryptografiesysteme, die durch die Implementierung des Algorithmus für Quantenangriffe anfällig wären.

Die Pioniere des
Quantencomputers


Die Gesetze der Quantenphysik hätten schon Albert Einstein fast um den Verstand gebracht. Was mit einer einfachen Idee begann, entwickelt sich heute zu einem der globalen Zukunftsmärkte.


Seit der Erfindung des elektronischen Taschenrechners in den 1960er Jahren hat sich die Welt der Datenverarbeitung rasant weiterentwickelt. Die letzten Jahre waren für die Informationsverarbeitung besonders transformativ. Was einst als Science-Fiction-Phantasie gedacht war, ist heute technologische Realität. Die klassische Datenverarbeitung ist exponentiell schneller und leistungsfähiger geworden, und unsere Hilfsmittel sind kleiner und anpassungsfähiger.

Wir beginnen, uns über die klassische Datenverarbeitung hinaus in eine neue Datenära zu entwickeln, die als Quanteninformatik bezeichnet wird. Man geht davon aus, dass das Quantencomputing unsere Zukunft beschleunigen wird, indem es die Landschaft der künstlichen Intelligenz und der Datenanalyse immens beeinflusst. Die Leistung und Geschwindigkeit der Quanteninformatik wird uns helfen, einige der größten und komplexesten Herausforderungen zu lösen, denen wir als Menschen gegenüberstehen. Während die Quantenmechanik bereits Albert Einstein beschäftigte, dauerte es deutlich länger, bis die Forschung für den ersten Quantencomputer anlief.

  • 1959: Die Vision von Feynman

    1959 erklärt Richard Feynman die Möglichkeit, Quanteneffekte für Berechnungen zu nutzen. 1981 fordert Feynman die Welt auf, einen Quantencomputer zu bauen.

  • 1985: Erste Forschung läuft an

    Der britische Physiker David Deutsch veröffentlicht die Idee eines "universellen Quantencomputers", der jenseits der Grenzen jeder klassischen Maschine arbeiten würde.

  • 1994: Der erste Algorithmus

    MIT-Mathematiker Peter Shor stellt einen Algorithmus vor, der die Faktoren großer Zahlen effizient finden kann und damit theoretisch den besten klassischen Algorithmus übertrifft.

  • 1996: Quantenvorteil wird ersichtlich

    Lov Grover, Mathematiker bei Bell Labs, stellt einen Algorithmus vor, der bei der Suche in unstrukturierten Datenbanken einen erheblichen Quantenvorteil bieten würde.

  • 1998: Quantenvorteil wird ersichtlich

    Jonathan Jones, Michele Mosca und Rasmus Hansen von der Universität Oxford veröffentlichen die erste Implementierung eines Quantenalgorithmus. Sie verwenden einen 2-Qubit-Quantencomputer.

  • 2001: Erster IBM-Prozessor

    Eine Zusammenarbeit zwischen IBM und der Stanford University veröffentlicht die erste Implementierung des Shor-Algorithmus, der 15 in seine Primfaktoren auf einem 7-Qubit-Prozessor zerlegt.

  • 2011: Kommerzialisierung erreicht

    Der erste kommerziell erhältliche Quantencomputer wird von D-Wave Systems angeboten. Die Rechenleistung liegt aber noch deutlich hinter dem klassischen Computer.

  • 2012: Überlegenheit der Quanten

    Physiker John Preskill beschreibt den Moment, in dem "Quantensysteme Aufgaben erfüllen können, die über das hinausgehen, was in der klassischen Welt möglich ist", als das Zeitalter der "Quanten-Supremacy".

  • 2019: Google schafft ersten Meilenstein

    Google behauptet, die Quantenüberlegenheit erreicht zu haben. Die genauen Einzelheiten sind umstritten, aber die Behauptung wird letztlich als gültig anerkannt.

Quantencomputing in Zahlen

Die wachsende Nachfrage nach hoher Rechenleistung treibt den Quantencomputermarkt voran. Wachsende Arbeitslasten in Rechenzentren, die steigende Nachfrage nach Software-as-a-Service (SaaS)-Geschäftsmodellen und die zunehmende Komplexität des Prozessordesigns herkömmlicher binärer Rechensysteme werden zu einem immer größeren betriebswirtschaftlichen Faktor.

Der Markt für Quantencomputer wird auch von staatlichen Investitionen stark profitieren. Verschiedene Länder sind derzeit bestrebt, die Forschung und Entwicklung im Bereich des Quantencomputers durch die Förderung der Explorationsforschung und die Entwicklung neuer Technologien zu verbessern. Es wird erwartet, dass die zunehmende staatliche Finanzierung von Quantencomputing-Lösungen für eine breite Palette von Anwendungen den globalen Markt für Quantencomputing ankurbeln wird.


Die staatlichen Investitionen steigen jährlich, doch laut Analysen werden private Investitionen den ausschlaggebenden Quantensprung auslösen. In den vergangenen Jahren hat das Ökosystem der Quantenkommunikation ein erhebliches Wachstum verzeichnet, wobei sich die Zahl der Start-ups von 28 auf 89 mehr als verdreifacht hat. Eine relativ kleine Anzahl von Quantennetzbetreibern wird von einer wachsenden Zahl von Hardwareherstellern und Anwendungssoftwareentwicklern unterstützt. Auf dem Markt für Quantensensorik ist die Zahl der Unternehmen im Vergleich zu den Bereichen Informatik und Kommunikation noch relativ gering. Allerdings hat sich die Zahl der Organisationen, die sich mit Quantensensorik befassen, fast verdoppelt.


Girl in a jacket

Die größten privaten Investitionen in die Quantentechnologie weltweit

Unternehmen Land Segment Investitionssumme (Mio $) Hauptinvestor
PsiQuantum USA Hardware 450 BlackRock
ArQit UK Hardware 400 Centricus Aquisition Corp
IonQ USA Harware 350 dMY Technology Group
CQC UK Software 300 Honeywell
Xanadu Kanada Hardware 100 Bessemer Venture Partners
Rigetti USA Hardware 79 Bessemer Venture Partners
Silicon Quantum Computing Australien Hardware 66 University of New South Wales
ID Quantique Schweiz Hardware 65 SK Telekom

Quantentechnologie als Teil nationaler Strategien

Die großen Industrienationen der Welt wetteifern darum, im Rennen um die Quantenzukunft einen Vorsprung zu erlangen. So schlossen sich die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich und Australien zusammen, um militärische Anwendungen digitaler Technologien, insbesondere der Quanteninformatik, zu entwickeln. Darüber hinaus verabschiedete der US-Kongress den National Quantum Initiative Act, einen ambitionierten Zehnjahresplan, mit dem die USA den Ausbau der Quantenforschung immens beschleunigen wollen.

Aber auch die EU lässt sich nicht lumpen und investiert bis 2027 rund eine Milliarde in den Aufbau einer Infrastruktur für die Quantenkommunikation. China hingegen setzt auf den traditionellen Fünfjahresplan (2021-2025) und räumt der Entwicklung von Quantencomputern und -kommunikation Priorität ein.


Das 2016 ins Leben gerufene Quanten-Flaggschiff der Europäischen Union bringt Forschungseinrichtungen, Industrie und öffentliche Geldgeber zusammen, um die wissenschaftliche Führung und Exzellenz Europas im Bereich der Quantentechnologien zu konsolidieren und auszubauen. Ziel ist es, die Umwandlung der europäischen Forschung in kommerzielle Anwendungen zu unterstützen, die das bahnbrechende Potenzial der Quantentechnologie voll ausschöpfen.

Stark wachsender Markt

Bosch gründet Start-up für Quantensensorik

Bis 2026 wird so rund eine Milliarde Euro in Forschung und Entwicklung investiert. In der ersten Phase liegt der Fokus auf zwei Projekten. Mit OpenSuperQ wird ein Quantencomputersystem mit weltweit wettbewerbsfähiger Leistung auf der Grundlage integrierter elektrischer Schaltungen aus supraleitenden Metallen entwickelt. Und mit AQTION wird ein neuartiges System für gefangene Ionen entwickelt. Eines der bemerkenswertesten Merkmale dieses Systems ist die Tatsache, dass es über eine einzige Steckdose mit Strom versorgt wird und mit einem extrem niedrigen Stromverbrauch von 1,5 kW die gleiche Energiemenge verbraucht, die zum Kochen eines Wasserkochers benötigt wird.

Die nächste Phase des (im Rahmen von Horizon Europe finanzierten) Quanten-Flaggschiffs hat mittlerweile schon begonnen. Sie dient der Konsolidierung und dem Ausbau der europäischen Forschungsführerschaft im Bereich der Quantentechnologien und bringt die Forschungsergebnisse näher an die industrielle Nutzung heran.

Die ersten Anwendungen
in der Industrie


Auch wenn die Technologie noch nicht ausgereift ist, investieren internationale Unternehmen bereits in die Zukunftstechnologie. Logistik, Engineering oder CO2-Reaktoren: Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Die Experten von McKinsey gehen davon aus, dass zwischen 2022 und 2026 viele Unternehmen mit Optimierungsproblemen noch hybride Ansätze verfolgen werden, bei denen ein Teil des Problems mit klassischen Computern und ein Teil mit Quantencomputern bearbeitet wird. Im gleichen Zeitraum werden Quantencomputer wahrscheinlich leistungsfähig genug sein, um aussagekräftige Simulationen von Molekularstrukturen für Chemie-, Material- und Pharmaunternehmen durchzuführen.

Die Ankunft der Quanten-KI liegt noch in weiter Ferne - werden frühestens in den späten 2020er Jahren leistungsfähig genug für die Primfaktorzerlegung sein werden. Dennoch werden bereits jetzt große Investitionen getätigt und die ersten Versuche gestartet. Hier einige Beispiele aus der Industrie:


BMW optimiert Lieferketten

BMW setzt Quantencomputing für die Optimierung von Lieferketten ein – spätestens seit den durch die Pandemie verursachten Ausfällen bei den Zulieferern ein prioritäres Anwendungsgebiet in der Automobilindustrie. Noch werden die Berechnungen nicht regelmäßig eingesetzt, doch man zeigt sich von der Technologie überzeugt: „Für die BMW Group steht fest, dass Quantencomputing eine wegweisende Zukunftstechnologie ist und erhebliches Potenzial für eine Vielzahl von Anwendungsbereichen hat – zum Beispiel in der Materialforschung, wie der Batteriezellchemie, oder für die Zukunft des automatisierten Fahrens mit Quantum Machine Learning“, so BMW-Entwicklungsvorstand Frank Weber.


VW simuliert Batteriematerialien

Auch Volkswagen sieht seine ersten Anwendungsmöglichkeiten in der Simulation von Batteriematerialien. Bestehende Methoden wie die Dichtefunktionaltheorie seien seit Jahrzehnten im Einsatz, stoßen aber an ihre Grenzen. Abhilfe soll die Simulation mit einem Quantencomputer bringen: „Volkswagen betritt mit seiner Strategie Neuland, insbesondere wenn es darum geht, Möglichkeiten entlang der Batterie-Wertschöpfungskette auszuloten. Hochleistungsmaterialien der nächsten Generation und elektrochemische Prozesse sind die wichtigsten Bestandteile dieser Expedition“, sagt Nikolai Ardey, Leiter Volkswagen Group Innovation.


Festo baut Bioreaktor

Ein besonders hochgestecktes Ziel verfolgt das Automatisierungsunternehmen Festo. Mit dem Konzept eines Bioreaktors, bei dem Algen als Rohstoff zum Einsatz kommen, will das Unternehmen in Kooperation mit Q.ANT, einer Tochter von Trumpf, eine Lösung für den Kampf gegen den Klimawandel auf den Markt bringen. Dabei kommt ein Quantensensor zum Einsatz, der in der Lage ist, einzelne Zellen optisch zu analysieren, sodass die Menge der Biomasse exakt ermittelt werden kann. Die Idee ist vielversprechend: Bis zu 2.000-mal so viel CO2 wie ein Baum sollen die Reaktoren absorbieren können. „In der Natur gibt es keinen Abfall und keine Verschwendung, wir müssen nur lernen, diese Prinzipien auf unsere Wirtschaft zu übertragen“, so Festo-CEO Oliver Jung.


Infineon legt sich nicht fest

Der Chiphersteller Infineon hat heuer sein ohnehin schon bestehendes Engagement in der Entwicklung der Quantentechnologie verstärkt und beteiligt sich an sechs weiteren Forschungsprojekten. Das Unternehmen verspricht sich Lösungen, um hochkomplexe Prozesse in der Logistik zu optimieren. Reinhard Ploss, ehemaliger Vorstandsvorsitzender von Infineon: „Es ist noch längst nicht entschieden, welcher technologische Weg den schnellsten Fortschritt ermöglicht und in welchen Anwendungen Quantencomputer erfolgreich sein werden. Infineon erforscht deswegen verschiedene Ansätze.“

Q.ANT

Trumpf baut Quanten-Chips

Das Quantenportfolio der IT-Giganten

Google Quantum

Quantencomputer sind mittlerweile in der Breite verfügbar, die IT-Riesen bieten dafür eigene Cloud-Services an. Die Liste der Anbieter hat mittlerweile eine beträchtliche Länge erreicht: Bereits 2011 stellte die kanadische Firma D-Wave Systems den ersten kommerziellen Quantencomputer auf Supraleiterbasis vor, mittlerweile wird die Technologie in der Cloud angeboten.

Seit 2016 betreibt IBM mit seiner Quantum Expirience einen eigenen Cloud-Dienst. Honeywell stellte 2019 den ersten kommerziellen Ionenfallen-Quantencomputer weltweit vor – auch hier kann man per Fernzugriff auf die Dienste zugreifen. Google arbeitet an seinem ersten kommerziellen Quantencomputer und investiert mehrerer Milliarden Dollar in die Entwicklung. Das angepeilte Ziel: Bis 2029 soll die Technologie der breiten Öffentlichkeit zugänglich sein. Und mit Braket ist auch Amazon in den Ring gestiegen, wenn auch derzeit noch auf die Hardware anderer Anbieter zurückgegriffen wird. Aber auch Amazon will in den kommenden Jahren einen eigenen Quantencomputer entwickeln.

Auch wenn die Technologie in der Breite verfügbar ist, lässt der Durchbruch noch auf sich warten. Denn die Quantenrechner sind noch lange nicht praxisreif, die Verschränkung und Überlagerungszustände der Quantenbits sind extrem anfällig, schon kleinste Störeinflüsse beenden ihre Kohärenz und führen so zu Fehlern. So ist man von der Entwicklung eines universell programmierbaren und fehlertoleranten Quantencomputers noch weit entfernt.

Die Quantengiganten: Diese IT-Riesen sind im Bereich des Quantencomputing aktiv

Unternehmen Aktivitäten
IBM Im Quantenbereich bilden der IBM Quantum Composer und das IBM Quantum Lab (früher unter dem Namen IBM Quantum Experience bekannt) eine Online-Plattform, die den öffentlichen und Premium-Zugang zu den von IBM Quantum bereitgestellten Cloud-basierten Quantencomputing-Diensten ermöglicht. Dazu gehören der Zugang zu einer Reihe von IBM-Prototyp-Quantenprozessoren, eine Reihe von Tutorials zur Quantenberechnung und der Zugang zu einem interaktiven Lehrbuch. Es sind über 20 Geräte im Dienst, von denen sechs der Öffentlichkeit frei zugänglich sind. Dieser Dienst kann genutzt werden, um Algorithmen und Experimente auszuführen und Tutorials und Simulationen zu erforschen, die zeigen, was mit Quantencomputern möglich ist.
Google Quantum AI Das Nervenzentrum für Googles Quantenaktivitäten ist das Quantum Artificial Intelligence Lab, eine gemeinsame Initiative von Google, der NASA und der Universities Space Research Association. Es wurde 2013 gegründet und war für die Ankündigung verantwortlich, dass es im Oktober 2019 die Quantenüberlegenheit erreicht hat. Bis 2029 soll ein eigener Quantencomputer entwickelt werden.
Microsoft Die Wurzeln von Microsofts Quantenforschung lagen in zwei Teams, die sich für Quantencomputer interessierten: das QuArC-Team in Redmond, Washington, unter der Leitung von Krysta Svore. Dieses Team erforschte die Konstruktion von Quantenschaltkreisen. Das zweite, in Santa Barbara ansässige und von Michael Freedman geleitete Team war Station Q, das sich mit topologischen Quantencomputern beschäftigte. 2019 kündigte Microsoft an, dass es das Quantum Development Kit, einschließlich seiner Q#-Compiler und -Simulatoren, als Open-Sourcing-Lösung bereitstellt.
AWS Amazon Braket ist ein vollständig verwalteter Quantencomputerdienst, der dazu beitragen soll, die wissenschaftliche Forschung und Softwareentwicklung für Quantencomputer zu beschleunigen. Zu den weiteren Funktionen gehören ein hardwareunabhängiges Entwickler-Framework, das den Entwurf und die Ausführung von Quantenalgorithmen vereinfacht, vorgefertigte Algorithmen und Tutorials, eine Auswahl an Simulationswerkzeugen und viele andere interessante Möglichkeiten.
Alibaba Group In Zusammenarbeit mit der Chinesischen Akademie der Wissenschaften hat die Cloud Computing-Tochter der Alibaba Group das Alibaba Quantum Computing Laboratory in Shanghai, China, gegründet. Als Mitglied der internationalen Quantencomputer-Gemeinschaft unterstützen die Bemühungen der Alibaba Group im Bereich Quantencomputing die Idee von Open-Source-Projekten in diesem Bereich
Atos Atos Quantum ist eine Gruppe innerhalb des französischen multinationalen Unternehmens Atos, die sich auf Quantentechnologie spezialisiert hat. Atos Quantum hat ein Produkt namens Atos Quantum Learning Machine auf den Markt gebracht, einen klassischen Computer, der ein Quantensystem mit 30 bis 40 Qubits simulieren kann, je nach Konfiguration. In Verbindung mit diesem Produkt bietet Atos Quantum eine universelle Quanten-Assembler-Programmiersprache namens AQASM sowie weitere Software an, die es Forschern, Ingenieuren und Studenten ermöglicht, Quantensoftware zu entwickeln und damit zu experimentieren.
Baidu Wie Alibaba kommt auch Baidu aus China. Zu seinem Quantenprogramm gehört die Gründung eines Instituts für Quanteninformatik, das sich mit der Anwendung von Quanteninformatik-Software und -Informationstechnologie befasst. Das Baidu Quantum Computing Institute wird von Professor Duan Runyao geleitet, der zuvor Direktor des Zentrums für Quantensoftware und -information an der University of Technology Sydney (UTS) war. Baidu beabsichtigt, die Quantentechnologie in verschiedenen Bereichen wie künstliche Intelligenz (AI) und maschinelles Lernen (ML) einzusetzen.
Intel Intel arbeitet sowohl an supraleitenden als auch an Spin-Qubits, wobei sich die Forschung zu Supraleitungen auf die akademischen Partner bei Qutech (Universität Delft) zu beschränken scheint, während Spin-Qubits den Schwerpunkt der Aktivitäten bei Qutech und im eigenen Haus bilden.

Zwischen Theorie
und Praxis


Nicht zuletzt aufgrund der Pionierleistung Anton Zeilingers gehört Österreich zu den Leuchttürmen der Quantenforschung. Aber auch in der Praxis spielt das Alpenland in der obersten Liga.

Das Potenzial der Technologie wurde längst auch in der österreichischen Politik erkannt. 107 Millionen Euro werden in die Forschung bis 2026 fließen. Die Förderungen werden in drei Ausschreibungen von der Initiative Quantum Austria des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung abgewickelt.

Zwölf Projekte aus der ersten Ausschreibungsrunde haben bereits ein Förderzusage bekommen. Die Projekte beschäftigen sich unter anderem mit Ionenfallen für Quantencomputing, Chips für die Quantenkommunikation, dem Zusammenspiel zwischen High Performance- und Quantencomputing sowie dem Aufbau einer hochpräzisen optischen Ionen-Uhr. An den genehmigten Projekten sind neben Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen auch elf Unternehmensbeteiligungen zu verzeichnen.

Bereits in den 1960er und 1970er Jahren investierte Österreich großzügig in Quantenforschung. Resultat ist eine sehr breite Basis in der Grundlagenforschung rund um die Quantentechnologie, die einerseits im Nobelpreis gipfelte, andererseits aber auch einige zukunftsweisende praxisorientierte Projekte zu Tage gefördert hat.

Erste hybride Quantencloud kommt aus Wien

Während die IT-Riesen an den ersten kommerziellen Anwendungen für native Quantencomputer arbeiten, entwickelt sich Wien zum Zentrum des technologischen Übergangs. Das österreichisch-schweizerische Joint Venture QMware launchte Anfang des Jahres die erste europäische hybride Quantencloud, mit der der industrielle Einsatz der Quantentechnologie erheblich erleichtert wird. Der Clou: Mithilfe virtueller Quantenprozessoren wird eine Nutzung von Quantenalgorithmen in klassischen hochperformanten Anwendungen möglich.

Terra Quantum AG Georg Gesek

Georg Gesek

Hybride Quantencloud als Übergangslösung

Das Konzept schlägt hohe Wellen. Nach Österreich ist QMware nun auch in Deutschland am Aufbau der ersten deutschen Quantencloud für Industrieanwender beteiligt. "Mit unserem hybriden Ansatz können wir mit unseren Maschinen bis zu 40 Qubits simulieren. Der Vorteil dabei ist, dass es im Vergleich zu nativen Quantencomputern keine Quantenfehler gibt. Und somit können wir bereits jetzt die Vorteile der Quantentechnologie im Bereich der Optimierung und Künstlichen Intelligenz nutzen", so CTO Georg Gesek.

Mobile Quantencomputer aus Tirol

Federführend in der praktischen Umsetzung ist in Österreich der deutsche Experimentalphysiker Prof. Rainer Blatt, Leiter des Instituts für Experimentalphysik an der Universität Innsbruck, der 2018 das Unternehmen Alpine Quantum Technologies mitgegründet hat. Das Ziel: Der erste Allzweck-Quantencomputer für den industriellen Gebrauch.

Bereits jetzt können fertige Quantencomputer für die Industrie geliefert werden, mit bis zu 20 und in naher Zukunft bis zu 30 Quantenbits, die voll funktionsfähig sind. Das ist der erste transportierbare Quantencomputer, der modular aufgebaut ist und über die Cloud angebunden ist.

Prof. Rainer Blatt

Über die Potenziale der Quantentechnologie

Doch Blatt warnt ausdrücklich vor zu hohen Erwartungen an die Quantentechnologie in der Industrie. "Wovon die Industrie natürlich träumt – und da ist es noch zu früh – ist, dass man diese Technologie z.B. für die Entwicklung von chemischen Prozessen einsetzt und für die Simulation von sehr komplexen Systemen", so der Physiker. Er ist von der Technologie überzeugt, wir seien aber erst am Beginn der Reise: "Wir sollten die Quantentechnologie jetzt nicht zu sehr in den Himmel heben."

Google: Durchbruch bei Reduzierung von Fehlern

Die Forscher von Google haben Ende Februar 2023 einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zu einem brauchbaren Quantencomputer erreicht, wie sie sagen. In einem Labor in Santa Barbara, Kalifornien, haben sie gezeigt, dass sie die Fehlerquote bei Berechnungen senken können, indem sie ihren Quantencode vergrößern. Die Fehlerkorrektur ist eine unausweichliche Voraussetzung dafür, dass Quantencomputer ihr Versprechen einlösen können, Probleme zu lösen, die für klassische Maschinen unerreichbar sind - wie die Zerlegung großer ganzer Zahlen in Primzahlen oder das Verständnis des detaillierten Verhaltens chemischer Katalysatoren.

"Die Erfolge von Google sind beeindruckend, da es sehr schwierig ist, eine bessere Leistung bei großer Codegröße zu erzielen", sagt Barbara Terhal, eine theoretische Physikerin, die sich an der Technischen Universität Delft in den Niederlanden auf Quantenfehlerkorrektur spezialisiert hat. Die Verbesserung ist noch gering, geben die Google-Forscher zu, und die Fehlerrate muss noch viel weiter sinken. "Sie ist ein wenig gesunken, aber wir müssen sie noch viel weiter senken", sagte Hartmut Neven, der die Abteilung für Quantencomputer in der Google-Zentrale in Mountain View, Kalifornien, leitet, bei einer Pressekonferenz.

Google hat sich selbst einen Fahrplan für das Quantencomputing mit sechs wichtigen Meilensteinen gesetzt. Der Quantenvorteil war der erste, und das jüngste Ergebnis war der zweite. Der sechste Meilenstein ist eine Maschine, die aus einer Million physikalischer Qubits besteht und 1.000 logische Qubits kodiert. "In diesem Stadium können wir getrost einen kommerziellen Wert versprechen", sagt Neven.