Andritz, AT&S, Palfinger : Die besten AI-Projekte der Industrie

Palfinger Mitarbeiter Schweißtechnik

Schweißarbeiten bei Palfinger: "KI dort, wo Sachverhalte die menschlichen Analysefähigkeiten überschreiten"

- © Palfinger

Produktionsprozesse zu verbessern, um höheren Durchsatz, weniger Unterbrechungen und eine geringere Belastung der Anlagenkomponenten zu erzielen: Das sei vorrangig das Ziel von AI in der Produktion bei Palfinger, schildert Palfinger-Experte Marius Stehling.

Besonders Projekte wie die Anomaliedetektion in der Qualitätskontrolle von Produktionsprozessen, aber auch "der Optimierung von Wartungszyklen mit Hilfe von selbstlernender Software" würden, so Stehling, Beachtung verdienen.

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Beispiel Prozessstabilität. Diese ist bekanntlich ausschlaggebend für die Qualität des Produkts, und wiederum enorm abhängig von Materialeigenschaften und Einflüssen wie Temperatur oder Bauteilpositionierung. "Der Einsatz einer AI-Lösung hilft uns hier, Abweichungen im Prozess frühzeitig zu erkennen", sagt der Head of CoE Digital Manufacturing. Dazu würden Einstellungen für Regelparameter automatisiert vorgeschlagen, um den Prozess stabil zu halten. Derlei Projekte führt Palfinger nun in schöner Regelmäßigkeit mit Forschungspartnern durch.

AT&S Leiterplatte Prüfung
In der Leiterplatteninspektion bei AT&S findet KI - als Tool zur Vorselektion - schon Einsatz - © AT+S AG/Werner Krug, 2020

KI am Vormarsch?

Machine Learning-Algorithmen bahnen sich ihren Weg in die Industrie. "Der größte Nutzen der Machine Learning Technologie liegt für uns in der mehrstufigen Analyse von komplexen Sachverhalten", heißt es bei den Salzburgern. Mit einfachen statistischen Analysen ließen sich diese nicht ausreichend detailliert analysieren. Dank Künstlicher Intelligenz lässt sich die Auswirkung unterschiedlicher Materialeigenschaften und deren tatsächliche Toleranzen auf die notwendigen Einstellungen im Produktionsprozess projizieren und entsprechende Maschineneinstellungen vornehmen.

Palfinger nutzt Algorithmen dort, wo Sachverhalte die menschlichen Analysefähigkeiten überschreiten. Die KI assistiert den Mitarbeitern im Prozess und ersetzt sie daher nicht. "Größte Herausforderung bei allen KI-Projekten" sei es, einen repräsentativen Datensatz zu bekommen, "da nur dies auch valide und anwendbare Analyseergebnisse der KI erzeugt", sagt Stehling.

AI im Industrie-Einsatz: Computer Vision bei Andritz

Erfahrungen sammeln nicht nur die Salzburger. Der Anlagenbauer Andritz nutzt vor allem eine AI-Anwendung namens „Computer Vision“. Diese setzen die Steirer vor allem in kamerageführten Anwendungen ein: Etwa Schweissrobotern zur Herstellung komplexer Schweissnähte, Robotern zur Herstellung und Reinigung von Gussformen sowie der Qualitätsüberwachung von Werkzeugen - Stichwort "Visual Die Protection".

Der Nutzen: Maschinen reagieren selbständig auf sich verändernde Umgebungsbedingungen. "Wir sind dadurch in der Lage, Arbeitsplätze zu automatisieren, welche bisher – ohne KI – nicht automatisierbar waren", sagt Peter Jost, Leiter Group Manufacturing, Andritz. Teils ersetze man damit auch unattraktive Arbeitsplätze durch Robotik.

Marius Stehling, Head of CoE Digital Manufacturing, Palfinger
"Besonders Projekte wie die Anomaliedetektion in der Qualitätskontrolle verdienen Beachtung": Marius Stehling, Head of CoE Digital Manufacturing, Palfinger - © Palfinger

AI-Unterstüztung bei AT&S: schnellere und bessere Produktion

Für eine einzige Leiterplatte sind rund 150 Arbeitsschritte nötig, bis sie einsatzbereit ist. Die automatisierte Bildanalyse ist mittlerweile in der Industrie ein wichtiger Bestandteil der Qualitätskontrolle. Die Vorteile liegen auf der Hand: Schnellere Fertigung, höhere Qualität und transparente Prozesse. Bereits während des Herstellungsprozesses werden beim Leiterplattenhersteller AT&S automatisiert Fotos der Leiterplatten gemacht und von einer Bildanalyse-Software geprüft. Fehlerhafte Leiterplatten können so rasch erkannt und aussortiert werden, um eine hohe Qualität sicherzustellen.

Mitunter werden Leiterplatten von der Software aber fälschlicherweise als „fehlerhaft“ erkannt, ohne dass die Gründe dafür nachvollziehbar sind. Bei einer solchen Fehlermeldung muss die betreffende Leiterplatte nochmals händisch überprüft werden. Mit dem Know-Center, dem europäischen Forschungszentrum für Data-driven Business und Artificial Intelligence, wurde im FFG-geförderten COMET-Modul DDAI an Lösungen geschraubt, die fehlerhaften Leiterplatten mithilfe eines Algorithmus zu identifizieren und die Ergebnisse nachvollziehbar zu machen.

"Der Algorithmus musste dafür verstehen, welche Leiterplatten fehlerhaft waren und warum", heißt es im Projekt. Dazu wurde ein neuronales Netzwerk trainiert und mit Bilddaten korrekter und fehlerhafter Leiterplatten gefüttert. AT&S steht somit ein transparentes KI-System für die Qualitätskontrolle von Leiterplatten zur Verfügung.

Visual Die Protection von Schuler: Prozesse werden überwacht und können im Problemfall gestoppt werden, bevor Schlimmeres passiert. Auch Andritz setzt auf Computer Vision und Visual Die Protection.

Artificial Intelligence in der Produktion: Visionen und Realität

Welche übergeordneten Visionen sind mit dem Einsatz von Artificial Intelligence in Unternehmen verbunden sind? Die Bandbreite der zukünftigen Anwendungsmöglichkeiten sei "wohl enorm", sagt Peter Jost, Leiter Group Manufacturing bei Andritz. Der Cobot als Mitarbeiter in der Schweisserei werde verstärkt kommen, um auch dem Arbeitskräftemangel zu begegnen. Für Planung und Steuerung von Produktionswerken würden lernende Algorithmen ebenfalls an Bedeutung zulegen.

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"Und die Qualitätskontrolle wird zukünftig ohne Camera Vision kaum noch vorstellbar sein", heißt es beim Anlagenbauer. Und: Wiederkehrende (auch komplexe) Analysen und Tätigkeiten werde das Unternehmen in Zukunft verstärkt "selbstlernenden Maschinen überlassen". Der Einsatz von KI ermöglicht es dem Kranbauer Palfinger schon heute, interne Prozesse ganzheitlich effektiver auf den Kundennutzen auszurichten.

Peter Jost, Leiter Group Manufacturing, Andritz
"Wir sind in der Lage, Arbeitsplätze zu automatisieren, welche ohne KI bisher nicht automatisierbar waren": Peter Jost, Leiter Group Manufacturing, Andritz - © Andritz

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