Ökologische, digitale und menschengerechte Transformation : Technology Talks Austria: Wie schaffen wir den dreifachen Systemwechsel?

Deep Dive Meetup Fotocredit: Matthias Heschl

Die Hausherrin der Technology Talks Austria: Brigitte Bach

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In 12 Workshops und einer Vielzahl moderierten Panels diskutieren bei den Technology Talks Austria Führungskräfte aus der Industrie mit Spitzenforschern aus Europa, Asien und den USA und Vertretern der Politik über die Schlüsseltechnologien die wir für die Triple Transformation, vor der unsere Gesellschaft steht, benötigen. Welche Technologien benötigt es, um die parallel ablaufende grüne, digitale und soziale Transformation unserer Gesellschaft zu stemmen? Wie schaffen wir global sichtbare Leuchttürme und werden zum Talente-Magneten wie die USA? Und, welche Maßnahmen muss die Politik umsetzen? Die Hausherrin der TTA, die Sprecherin der Geschäftsführung des AIT, Brigitte Bach über die Technologiegespräche 2024.

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Technology Talks Austria 2024
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- © Industriemagazin

INDUSTRIEMAGAZIN:
Heuer finden die Technologiegespräche erstmals in Wien statt. Die waren vorher in Alpbach in Tirol. Was dürfen wir uns von dem neuen Event erwarten?

Brigitte Bach:

Das neue Event findet an zwei Tagen in Wien statt, nämlich am 12. und am 13. September im Museumsquartier, also auch ein bisschen eine Campus-Welt sozusagen, die wir hier aufbauen. 80 Sprecherinnen, internationale High-Level-Sprecherinnen und Sprecher werden sich in unterschiedlichen Formaten austauschen und Inputs geben. Wir kommen zu dem Thema ökologische, digitale und menschengerechte Transformation und wir sprechen auch darüber, was sich international tut in der Technologie, was tun die anderen in ihrer FTI-Politik, auch Japan zum Beispiel. Aus Japan werden wir auch einen Gast haben. Wir sprechen auch darüber, was passiert in Europa, was ist die Sichtweise der Europäischen Kommission. Wir fragen auch den Forwitt, den neuen Rat in Österreich, was seine Empfehlung ist und werden das dann diskutieren. Wir werden das dann diskutieren und wir laden alle Interessierten ein mitzudiskutieren. Das ist die Diskussion, um die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs für die Zukunft zu sichern.

INDUSTRIEMAGAZIN:

Warum wurde der Fokus der heutigen Technology Talks Austria auf das Thema Triple Transition gelegt?

Brigitte Bach:

Naja, Triple Transition ist die zentrale Herausforderung oder das Triumvirat der Herausforderungen, das uns momentan beschäftigt. Also digitale Transformation, Stichwort künstliche Intelligenz, ökologisch, Dekarbonisierung, menschengerecht, wie nehmen wir die Menschen mit? Das ist natürlich kommunikativ einerseits, natürlich auch in einer sozialen Dimension, aber auch technisch. Wie können wir all die Technologien so gestalten, dass die Menschen mit ihnen gut umgehen können und dass wir sie gut nutzen. Und all diese Herausforderungen müssen wir gemeinsam gut verstehen und sehen, was kann Forschung, Technologie und Innovation dazu beitragen, sie schneller und besser umzusetzen, um sie, wie gesagt, in Wettbewerbsfähigkeit zu vermitteln. Das ist eine große Herausforderung.

INDUSTRIEMAGAZIN:

Sie haben als promovierte Physikerin in den 2000ern begonnen Energieforschung am AIT aufzubauen. Zwischenzeitlich waren Sie beruflich in der Energiewirtschaft im Vorstand eines Energieerzeugungsunternehmens, der Salzburg AG. Sie kennen also die industrielle Anwendung und die industrielle Forschung. Was sind die größten Herusforderungen bei der Suche nach technischen Lösungen?

Brigitte Bach:

Wir haben einerseits das Thema das Gesamtsystem zu verstehen. Wir haben auch sehr komplexe Systeme und wir müssen sehr interdisziplinär denken. Das heißt, was wir im AIT ausgerufen haben, ist auch eine neue Kulturentwicklung. Ich denke, es geht sehr stark darum, in neuen Teamstrukturen zu denken, in flachen Hierarchien zu denken, auch in Richtung Open Innovation zu denken. Und es geht darum, wie man auch das Miteinander, wie man Führung versteht. Und wir im AIT gehen dann als Geschäftsführung gleich voran, arbeiten im Shared Leadership, wo wir miteinander nach unseren Kompetenzen und Skills uns gut ergänzen und versuchen, eine neue Kultur einzuführen. Ein zweiter großer Punkt ist, wir müssen natürlich die gesamte Innovationskette im Auge haben. Das heißt, von der grundlagennahen Forschung über die angewandte Forschung bis zur industriellen Umsetzung. Und das AIT kann genau diese Brücke bilden zwischen der grundlagennahen Forschung, und der Industrie. Und ein anderes Bild möchte ich noch geben, das AIT kann auch eine Transition begleiten, indem wir einerseits das System verstehen, also zum Beispiel das Energiesystem verstehen, aber auch dann der Industrie sagen können oder dem Energieversorger, welche Transitionspfade für die Dekarbonisierung können wir verwenden, welche sind realistisch. Und dann gehen wir auch in die Technologieentwicklung und setzen diese Technologieentwicklung mit der Industrie um und helfen sie auch dann entsprechend. Oder begleiten auch die Hochskalierung.

INDUSTRIEMAGAZIN:

Welche Forschungsthemen sind dabei aus Ihrer Sicht besonders wichtig?

Brigitte Bach:

Wir im AIT arbeiten an zwei Schwerpunktthemen. Das eine ist die resiliente, nachhaltige Infrastruktur. Und das zweite ist die digitale Transformation von Gesellschaft und Wirtschaft. Darüber hinaus und auch interdisziplinär zwischen diesen Themenblöcken nehmen wir uns für die nächsten Jahre den Aufbau von großen Bereichen vor, wie zum Beispiel die Industrie. Industrieprozesse der Zukunft, die natürlich die digitale Komponente, die künstliche Intelligenz, aber auch die Dekarbonisierung beinhalten müssen. Oder wir möchten die Stärke, die wir in der Quantenkommunikation haben, auch weiter ausbauen. Oder um ein drittes Beispiel zu geben, künstliche Intelligenz ist ganz wichtig in unterschiedlichen Bereichen. Wir sprechen hier von Research Acceleration Plattformen für die Materialforschung, aber zum Beispiel auch für die Mikrobiomforschung.

INDUSTRIEMAGAZIN:

Wie beurteilen Sie die derzeitigen politischen Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung in Österreich?

Brigitte Bach:

Prinzipiell muss man sagen, bei Forschung, Technologie und Innovation steht Österreich relativ gut da. Es braucht kein Bashing gegen niemanden oder für niemanden. Das Wesentliche ist aber, wenn man Spitzentechnologie haben möchte, um ein reiches Land wie Österreich, das zu den reichsten Ländern der Welt gehört, auch auf diesem sozialen Status zu halten, dann muss man die Technologie nutzen. Und um diesen Status zu halten und um diesen Reichtum zu halten, dann müssen wir schlicht und einfach Spitzensport betreiben im Bereich der Technologieentwicklung. Das heißt, wenn wir jetzt gerade bei den Olympischen Spielen gesehen haben, eine Leistung, die bei den letzten Olympischen Spielen ein Stockerlplatz war, war jetzt unter Umständen nicht einmal mehr der zehnte Platz. Das bedeutet, wir dürfen uns nicht ausruhen. Wir würden sofort sehr stark zurückfallen. Und wir haben uns vorgenommen, zu den Innovation Leaders zu gehören. Das haben wir bisher nicht geschafft. Wir gehören immer noch zu den Innovation Followern. Und wir haben auch von der OECD bescheinigt bekommen, dass ein bisschen der Schwung aus dem österreichischen Aufholdrang heraus ist. Was heißt das? Das heißt, wir müssen verstärkt in die Forschung gehen. Wir fordern daher eine Forschungsquote von vier Prozent. Gleichzeitig ist Forschung auch hoch international. Für Österreich ist die europäische Forschung sehr zentral. Das bedeutet, wir brauchen ein starkes zehntes Rahmenprogramm. Übrigens, Österreich holt mehr Gelder aus dem Forschungsrahmenprogramm heraus, als wir einzahlen. Das heißt, auch hier ist der Nutzen doppelt. Wir fordern daher ein starkes zehntes Rahmenprogramm, nämlich eine Erhöhung auf 200 Milliarden Euro.

INDUSTRIEMAGAZIN:

Was erhoffen Sie sich denn von der neuen Bundesregierung, außer eine Erhöhung der Forschungsquote?

Brigitte Bach:

Auch natürlich die Stärkung der internationalen Forschung. Aber dann gibt es noch ein paar Themen. Zum Beispiel brauchen wir eine längerfristige Perspektive, wenn es um FTI-Budgets geht. Wir brauchen aber auch schlicht und einfach mehr Kommunikation zum Thema Forschung. Wir müssen über Forschung sprechen, weil alle Österreicherinnen und Österreicher sich bewusst sein müssen, einerseits wie wichtig Forschung ist, aber wir brauchen ja auch die Arbeitskräfte der Zukunft. Wir müssen unsere jungen Menschen, insbesondere auch junge Mädchen und Frauen, dafür interessieren, dass sie in die Technik gehen und dass sie MINT-Fächer studieren.