Industriestandort : Sogwirkung: US-Subventionen ziehen europäische Industrie an

Hamburger Hafen

Hamburger Hafen: Industriestandort Europa verliert gegenüber den USA nicht nur aufgrund ihrer Subventionspolitik an Attraktivität.

- © HHM / Hasenpusch Productions

Diskriminierung europäischer Firmen, unfreundlicher Akt, Protektionismus: Das 370 Milliarden Dollar schwere Subventionspaket der USA, mit dem Investitionen in grüne Technologien forciert werden sollen, hat die Politik in Europa zu Jahresbeginn alarmiert. Auch wenn sich nach einigen bilateralen Verhandlungen die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass die Maßnahmen für den Standort Europa nicht so negativ sind wie anfangs gedacht, entfaltet das Subventionspaket offenbar eine deutliche Sogwirkung auf deutsche Unternehmen. Zuletzt hat etwa gestern der CEO des auch in Österreich produzierenden Automobilzulieferunternehmen Schaeffler angekündigt, zukünftig eher in den USA als in Europa investieren zu wollen.

Nach einer Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) unter 2.400 Betrieben aus allen Branchen plant bereits jede zehnte Firma Produktionsverlagerungen, wie der Verband am Mittwoch mitteilte. Geschäftlich besonders beliebt sind derzeit die USA und Kanada, auch weil hier die Energiekosten deutlich niedriger sind als in Europa. Die Firmen machen aber auch immer mehr Handelshemmnisse aus, seit dem russischen Angriff auf die Ukraine sind dies vor allem Sanktionen. Das trübt die Perspektiven vieler exportorientierter Betriebe. DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier rechnet 2023 mit einem realen Exportwachstum von 2,5 Prozent. Im vergangenen Jahr waren es laut deutschem Statistikamt 3,2 Prozent.

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Maschinenbau-, Automotive- und Chemiebranche am Sprung

Überdurchschnittlich oft können sich der DIHK-Umfrage zufolge mit 23 Prozent Fahrzeughersteller und deren Zulieferer eine Verlagerung der Produktion ins Ausland vorstellen. In diesem Bereich bietet der sogenannte Inflation Reduction Act - ein insgesamt 370 Milliarden Dollar (knapp 350 Mrd. Euro) schweres Subventionspaket in den USA - zahlreiche Steuervergünstigungen, etwa für E-Autos, vor allem wenn diese in Nordamerika gefertigt werden.

Auch überdurchschnittlich viele Maschinenbauer und Betriebe aus der Chemie- und Kunststoffbranche denken über Verlagerungen nach.Wegen des zunehmenden Protektionismus wird für 74 Prozent der bis Mitte Februar befragten deutschen Unternehmen mit Auslandsgeschäften die Euro-Zone wichtiger. 43 Prozent nennen aber Nordamerika. Die USA locken neben den Subventionen mit einem riesigen Markt und niedrigen Steuern. In Asien wird eher versucht, die starke Abhängigkeit von China zu reduzieren. Insofern gewinnen andere asiatische Länder an Bedeutung. Süd- und Mittelamerika wird wegen seiner Rohstoffvorkommen wichtiger.In den USA schätzen deutsche Betriebe ihre aktuelle Geschäftslage besser ein als im Vorjahr. Auch bei der Perspektive für heuer nimmt der Optimismus zu. "Diese Entwicklung zeigt, dass die Vereinigten Staaten an Bedeutung für Investitionen der deutschen Unternehmen gewinnen und wichtiger Absatzmarkt bleiben", heißt es in der DIHK-Studie.

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Deutlich schlechter sind die Zahlen für China. "Zwar wurde Ende 2022 die Null-Covid-Politik im Land aufgehoben, die dreijährige weitgehende Abschottung hat jedoch ihre Spuren hinterlassen."Mehr als jedes zweite Unternehmen will laut der Umfrage neue Märkte erschließen oder ist bereits dabei. Damit sollen politische Risiken stärker gestreut werden. Wegen der Probleme in internationalen Lieferketten setzen 38 Prozent der Firmen verstärkt auf Lagerhaltung. Besonders ausgeprägt ist dies in der Maschinenbaubranche.Es gebe eine klare Tendenz zu mehr Protektionismus, sagte Treier. "Das trifft die weltweit aktive deutsche Wirtschaft besonders hart und verhindert einen Exportaufschwung im laufenden Jahr." Zunächst waren es die vom ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump ausgelösten Handelsstreitigkeiten mit China gewesen, nun sorgt der Krieg in der Ukraine für Sanktionen gegen Russland und Belarus sowie Gegenmaßnahmen gegen westliche Länder. 56 Prozent der deutschen Firmen berichten von neuen Handelshemmnissen. Das ist ein Rekordwert in der Umfrage, die seit 18 Jahren regelmäßig erstellt wird. Vor 2017 - dem Jahr der Amtsübernahme von Trump - klagten im Schnitt 35 Prozent darüber. Neben Russland sind auch das Großbritannien- und China-Geschäft für deutsche Firmen schwieriger geworden.