Börsenkurs stürzt ab : AT&S korrigiert Prognose und zieht Sparprogramm weiter an

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Lange ging es für AT&S nach oben. Nun häufen sich Negativschlagzeilen. 

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Jahres-Prognose gesenkt: Von 3 Milliarden auf 2,1 Milliarden Euro

Der Blick in die Zukunft hat für AT&S, den österreichischen Spezialisten für Mikroelektronik, schwerwiegende Konsequenzen im Hier und Jetzt. Am Dienstagabend veröffentlichte das Unternehmen eine Ad-hoc-Meldung, in der es seine Wachstumsprognose für das Geschäftsjahr 2026/27 drastisch nach unten korrigierte. Statt eines ursprünglich geplanten Jahresumsatzes von 3 Milliarden Euro rechnet AT&S nun mit Einnahmen zwischen 2,1 und 2,4 Milliarden Euro – eine deutliche Abweichung von den vorherigen Erwartungen.

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Diese Korrektur ist nicht die erste. Bereits im September 2023 senkte das Unternehmen seine Prognose leicht, von 3,1 Milliarden Euro auf 3 Milliarden Euro. Diese Entwicklung spiegelt die anhaltenden Herausforderungen wider, mit denen AT&S konfrontiert ist. Als Gründe nannte das Unternehmen eine „anhaltende Marktschwäche“ und Überkapazitäten im Bereich der Leiterplatten und IC-Substrate, die zu starkem Preisdruck führen.

Die Halbjahresbilanz 2023 verstärkte die düsteren Aussichten: Statt eines Gewinns wie im Vorjahr – damals 49 Millionen Euro – meldete AT&S einen Verlust von 63 Millionen Euro. Besonders stark betroffen ist das Unternehmen vom schwächelnden europäischen Markt für Automotive- und Industrieprodukte, in dem AT&S traditionell eine hohe Marktpräsenz hat.

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- © Industriemagazin

Wert-Verlust der Aktie bei 50% seit Jahresbeginn

Die Reaktion an der Börse ließ nicht lange auf sich warten: Am Mittwoch verlor die AT&S-Aktie zeitweise knapp 25 Prozent an Wert, bevor sie den Handelstag mit einem Minus von fast 20 Prozent beendete. Seit Jahresbeginn hat sich der Wert der Aktie um mehr als 50 Prozent reduziert – ein deutliches Signal für das wachsende Misstrauen der Anleger gegenüber der Entwicklung des Unternehmens.

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AT&S begründet die Anpassung mit einer anhaltenden Marktschwäche und Überkapazitäten bei Leiterplatten sowie IC-Substraten, die erheblichen Preisdruck erzeugen. Während das Unternehmen in der Vergangenheit häufiger seine Prognosen nach oben korrigiert hatte, markierte Februar 2023 einen Wendepunkt: Seitdem reiht sich eine negative Anpassung an die nächste – ein Trend, der auch bei anderen Branchengrößen zu beobachten ist.

Die Mikroelektronikindustrie steht weltweit unter Druck. Überkapazitäten bei Leiterplatten und IC-Substraten sowie ein anhaltender Preiskampf dominieren das Marktgeschehen. Hinzu kommt eine schwächelnde Nachfrage, insbesondere in Schlüsselindustrien wie der Automobil- und Industriebranche. Diese Faktoren treffen auch AT&S hart, insbesondere in Europa, wo das Unternehmen traditionell stark positioniert ist.

Die derzeitige Schwäche im europäischen Automotive- und Industriemarkt hat sich als zentraler Belastungsfaktor herausgestellt. Der Markt befindet sich in einer Phase des Umbruchs, in der traditionelle Wertschöpfungsketten durch die Elektrifizierung und Digitalisierung der Fahrzeuge verändert werden. Unternehmen wie AT&S, die stark auf diesen Markt ausgerichtet sind, müssen ihre Strategien überdenken, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.

Lichtblicke in Leoben und Malaysia

AT&S reagiert mit einem umfassenden Sparprogramm. Nach dem Verkauf des Werks im südkoreanischen Ansan und einem ursprünglichen Kostensenkungsplan von 250 Millionen Euro hat das Unternehmen diesen nun auf 325 Millionen Euro ausgeweitet. Kostensenkungen sollen vor allem durch Optimierungen im Einkauf und in der Produktion erreicht werden.

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Trotz der Herausforderungen gibt es auch Lichtblicke. Im zweiten Quartal konnte AT&S die Umsätze wieder auf Vorjahresniveau stabilisieren. Zudem plant das Unternehmen den Produktionsstart seines neuen Werks in Leoben Anfang 2025. Die Belegschaft soll bis Herbst 2025 um 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgestockt werden. Parallel läuft die neue Fabrik im malaysischen Kulim hoch, wo positive Geschäftsentwicklungen bei Modulleiterplatten erwartet werden.

ABD0002_20231023 - LEOBEN - ?STERREICH: Das neue Werk von AT&S in Leoben, das knapp eine halbe Milliarde Euro kosten und im Vollbetrieb Platz f?r etwa 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bieten wird, wird nach rund eineinhalb Jahren Bauzeit nun mit Innenleben gef?llt. Rund 130 Maschinen, darunter 30 Meter lange, ziehen in das mehrgescho?ige Geb?ude ein. Ab November sollen auch die ersten B?ror?ume bezogen werden. Im Bild: Ein Mitarbeiter von AT&S am Donnerstag, 19. Oktober 2023 im neuen Werk von AT&S in Leoben. - FOTO: APA/INGRID KORNBERGER
AT&S-Werk in Leoben - © APA/INGRID KORNBERGER

Das neue Werk von AT&S in Leoben spielt eine zentrale Rolle in den Zukunftsplänen des Unternehmens und unterstreicht dessen Fokus auf Innovation und Hightech-Produktion. Geplant ist, dass die Produktion Anfang 2025 startet. Das Werk in Leoben ist speziell darauf ausgelegt, die wachsende Nachfrage nach High-End-Technologien wie IC-Substraten und Modulleiterplatten zu bedienen. Diese Produkte sind essenziell für den Einsatz in modernen elektronischen Geräten, darunter Smartphones, Laptops und Automobiltechnologien. Die Produktionsanlagen in Leoben sind darauf ausgelegt, neue Standards in der Herstellung von IC-Substraten zu setzen. Diese Komponenten sind entscheidend für den Übergang zu fortschrittlichen Technologien wie 5G, Künstlicher Intelligenz und autonomem Fahren.

Neuer Aufsichtsratsvorsitzende folgt Hannes Androsch

Der Rücktritt des langjährigen CEOs Andreas Gerstenmayer zum 1. Oktober 2023 aus „persönlichen Gründen“ hat ebenfalls für Aufsehen gesorgt. Zwischen Gerstenmayer und dem mittlerweile verstorbenen Aufsichtsratschef Hannes Androsch soll es Spannungen gegeben haben, insbesondere nach einem gescheiterten Einstieg der Staatsholding ÖBAG und einer abgesagten Kapitalerhöhung. Die Interimsgeschäftsführung übernahm Peter Schneider. Ein neuer CEO soll Anfang 2025 ernannt werden.

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Am Mittwoch wurde Georg Riedl, bisheriger Stellvertreter, als Nachfolger von Hannes Androsch zum Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt. Seine Stellvertreterin ist Gertrude Tumpel-Gugerell.

Andreas Gerstenmayer
Ex-AT&S-CEO Andreas Gerstenmayer ist aus persönlichen Gründen zurückgetreten - © AT&S
AT&S: Chaostage in Leoben, CEO Gerstenmayer tritt ab