Automobilzulieferer : Reaktion auf Verluste in Milliardenhöhe: ZF Friedrichshafen führt kürzere Arbeitszeiten ein

ZF baut auch Bremsen für E-Fahrzeuge
© Nico Kleemann

Der deutsche Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen reagiert auf seine anhaltend schwierige wirtschaftliche Lage mit einschneidenden Maßnahmen am Stammsitz. Wie das Unternehmen und der Betriebsrat jeweils separat mitteilten, wird die wöchentliche Arbeitszeit für rund 2.800 Beschäftigte ab dem 15. Mai 2025 auf 32,5 Stunden, ab dem 1. Juni 2025 grundsätzlich auf 31,5 Stunden reduziert. Diese Maßnahme betrifft insbesondere Mitarbeitende am sogenannten „Betrieb Z“, zu dem die zentrale Forschung und Entwicklung sowie mehrere technologische Entwicklungsbereiche gehören.

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Laut Konzernangaben soll die Arbeitszeitverkürzung dazu beitragen, einen zweistelligen Millionenbetrag einzusparen. Die Einsparungen seien notwendig, um die finanzielle Stabilität des Unternehmens mittelfristig zu sichern. Die Vereinbarung zwischen Unternehmensleitung und Arbeitnehmervertretung gilt zunächst bis zum 31. März 2026 und ist als Übergangslösung zur Krisenbewältigung gedacht.

Ein wesentliches Element der Vereinbarung ist die Option auf eine Vier-Tage-Woche, die laut dem Vorsitzenden des Betriebsrats, Franz-Josef Müller, auf Initiative der Arbeitnehmervertretung in die Gespräche eingebracht wurde: „Sie sei ein besonderes Anliegen des Betriebsrats gewesen.“ Dies ermögliche mehr Flexibilität und verbessere die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben – trotz gleichzeitiger Gehaltskürzungen.

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Hintergrund: Milliardenverlust belastet ZF schwer

ZF Friedrichshafen zählt zu den weltweit größten Automobilzulieferern und beliefert nahezu alle namhaften Fahrzeughersteller mit Komponenten in den Bereichen Fahrwerk, Antrieb, Elektronik und autonomes Fahren. Im Geschäftsjahr 2024 verzeichnete das Unternehmen jedoch einen Verlust von über einer Milliarde Euro. Noch im Jahr 2023 hatte ZF einen Gewinn in Höhe von 126 Millionen Euro ausgewiesen.

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Die Gründe für die massiven Verluste liegen laut Branchenanalysten in einer Kombination aus inflationären Kostensteigerungen, anhaltenden Lieferkettenproblemen, dem globalen Rückgang der Fahrzeugproduktion sowie hohen Investitionen in Zukunftstechnologien wie Elektromobilität und Softwareentwicklung. Zusätzlich hat der zunehmende Wettbewerbsdruck – insbesondere durch asiatische Anbieter – den Spielraum für europäische Zulieferer deutlich eingeschränkt.

Der Konzern befindet sich derzeit in einem umfassenden Transformationsprozess, bei dem Kostenstrukturen verschlankt und Geschäftsbereiche neu ausgerichtet werden sollen. Besonders im Fokus stehen dabei Investitionen in nachhaltige Mobilitätslösungen, etwa durch die Entwicklung effizienter E-Achsen und digitaler Fahrzeugsysteme.

ZF befindet sich mehrheitlich im Besitz der Zeppelin-Stiftung (93,8 Prozent), die wiederum von der Stadt Friedrichshafen verwaltet wird. Diese Struktur verpflichtet das Unternehmen nicht nur zu wirtschaftlicher Stabilität, sondern auch zu gesellschaftlicher Verantwortung am Standort Friedrichshafen.

Auswirkungen für Deutschland und Österreich

Auch außerhalb Deutschlands ist der Automobilzulieferer präsent: In Österreich beschäftigt ZF etwa 800 Mitarbeiter an drei Standorten. Ob vergleichbare Maßnahmen auch dort geplant sind, ist derzeit nicht bekannt. Beobachter gehen jedoch davon aus, dass sich der Sparkurs auf weitere Länder und Standorte ausweiten könnte, sollten die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiterhin angespannt bleiben.

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Branchenexperten sehen die Reduzierung der Arbeitszeit als einen Schritt, der helfen kann, kurzfristig Druck aus der Krise zu nehmen, ohne qualifiziertes Personal zu verlieren. Dennoch bleibt offen, ob die Maßnahme langfristig ausreicht, um die Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns auch nachhaltig zu sichern.

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