Dossier : Voith Paper in St.Pölten wird geschlossen – 150 Jobs weg

Der deutsche Anlagenbauer Voith stellt die Papiermaschinenaktivitäten von Voith Paper in St. Pölten ein. Dadurch fallen 150 Stellen der 646 Mitarbeiter an dem Standort weg, teilte das Unternehmen heute, Montag, in einer Presseaussendung nach einer Aufsichtsratssitzung mit. Damit ist die Verlagerung der Walzenfertigung aus St. Pölten nach Asien nun fix. In Deutschland und in Österreich werden insgesamt rund 800 Stellen in der Papiermaschinensparte gestrichen.

Neben St. Pölten werden auch die deutschen Voith-Paper-Standorte in Krefeld und Neuwied geschlossen, mit einem Abbau von 200 Stellen. Am Standort Heidenheim sollen rund 300 Stellen wegfallen, in Ravensburg insgesamt 150 Stellen.

Auch in der Verwaltung fallen Arbeitsplätze weg

Rund 50 Verwaltungsjobs sollen am Standort in Niederösterreich ebenfalls auf wackeligen Beinen stehen, wie die "NÖN" berichtet. Durch die Zentralisierung der Verwaltung werde auch hier eingespart. Unklar ist noch, ob die Verwaltung in Berlin, Krakau oder Heidenheim gebündelt wird.

„Die Marktbedingungen für den Maschinenbau verändern sich gerade tiefgreifend. Wir fokussieren uns auf unsere traditionelle Stärke: unsere durch langjährige Forschungs- und Entwicklungstätigkeit aufgebaute technologische Engineering-Kompetenz", erklärt Vorstandschef Hubert Lienhard in der Aussendung.

Das Marktvolumen für Neuanlagen und Großumbauten in der Papierindustrie habe sich deutlich verringert, heißt es vom Konzern. Darum würden weltweit Kapazitäten gebündelt und reduziert. Insgesamt werden vom Jobabbau weltweit bis Ende 2016 bis zu 1.600 Stellen betroffen sein.

Vom Verkauf des Konzernbereichs sind weltweit rund 18.000 Mitarbeiter betroffen, fast die Hälfte aller Voith-Beschäftigten. Für den Konzernbereich Voith Industrial Services, der einen "profitablen Umsatz" von rund 1,2 Mrd. Euro erlöste, solle "ein werterhaltender Verkaufsprozess" angestoßen werden, teilte der Konzern Montagnachmittag mit.

Der CEO dieses Geschäftsbereiches, Martin Hennerici, werde das Unternehmen "auf eigenen Wunsch" verlassen. Ihm folge Markus Glaser-Gallion nach, bisher für den Bereich Automotive verantwortlich.

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Vorstandschef Lienhard will Voith mithilfe von Kuka auf die unter dem Schlagwort "Industrie 4.0" bekannte stärkere Automatisierung und Vernetzung von Anlagen und Maschinen vorbereiten.

"Wir haben erkannt, dass wir in der Mechanik stark sind. Aber ohne das Liefer- und Leistungsspektrum von Kuka ist eine 'Industrie 4.0' nicht möglich." Voith erwirbt zunächst 24,1 Prozent, den Großteil davon vom Kuka-Großaktionär Grenzebach, der damit nach sechs Jahren komplett aussteigt. Die Aufstockung auf eine Sperrminorität von 25,1 Prozent sei bereits gesichert. Dazu müsse aber noch das Kartellamt zustimmen, sagte ein Sprecher.

"Wir denken an Jahrzehnte"

Das Anteilspaket von Voith ist an der Börse 550 Millionen Euro wert. Grenzebach hatte zuletzt 19,8 Prozent gehalten, den Rest habe Voith über die Börse zugekauft. Die Kuka-Aktie gab leicht nach. Lienhard machte klar, dass Voith seine Beteiligung nicht weiter aufstocken wolle. "Wir fühlen uns mit 25,1 Prozent gut positioniert und meinen, das genügt unseren Interessen."

Mit einer Sperrminorität kann ein Aktionär wichtige Maßnahmen wie Kapitalerhöhungen blockieren. Voith sehe sich als langfristiger Ankeraktionär. "Wir denken da an Jahrzehnte", betonte der Voith-Chef. Mit dem zweiten Kuka-Großaktionär, dem hessischen Unternehmer Friedhelm Loh (zehn Prozent), habe man noch nicht gesprochen.

Voith: dreimal so groß wie Kuka

Lienhard sprach dem Kuka-Vorstand um den Grenzebach-Vertrauten Till Reuter das Vertrauen aus. "Kuka hat eine tolle Performance hingelegt, die Strategie scheint ja zu stimmen. Wir wünschen uns, dass diese Erfolgsgeschichte weitergeht." Reuter begrüßte den Einstieg des Konzerns, der mit 5,5 Milliarden Euro Umsatz dreimal so groß ist wie Kuka und 43.000 Mitarbeiter beschäftigt. "Dieser neue Ankeraktionär gibt uns eine stabile Basis für weiteres Wachstum." Der Einstieg sei weder für Voith noch für Kuka der Anfang eines größeren Umbaus.

Grenzebach war Ende 2008 bei Kuka eingestiegen und hatte dort für Wirbel gesorgt. Das Familienunternehmen aus Hamlar bei Donauwörth hatte auf einen Strategieschwenk gepocht und die Führungsspitze ausgetauscht. Doch auch unter Reuter schaffte das Unternehmen nicht die geforderte stärkere Unabhängigkeit von der Autoindustrie.

Zuletzt hatte Kuka angekündigt, das Schweizer Logistikunternehmen Swisslog komplett zu übernehmen, bei der Grenzebach Großaktionär ist. Die Übernahmeofferte läuft noch bis Freitag.

Voith Paper war einer der Hauptgründe für den Rückgang des Betriebsgewinns auf 270 (2012/13: 350) Millionen Euro. An der Sparte halte Voith fest, müsse dort aber weiter sparen. Unter dem Strich blieb ein Gewinn von 41 (65) Millionen Euro.

Hoffnung macht dem Familienunternehmen aus Heidenheim der Auftragseingang, der nach zwei Jahren wieder stieg, und zwar um 7 Prozent auf 5,58 Mrd. Euro. Das werde sich aber erst im übernächsten Geschäftsjahr im Umsatz niederschlagen.

Stagnierende Umsätze und Aufträge

Für 2014/15 geht Voith von stagnierenden Umsätzen und Aufträgen aus. Das laufende Sparprogramm des fast 150 Jahre alten Konzerns soll aber dem operativen Gewinn wieder etwas auf die Sprünge helfen. Bis 2017 will Voith 250 Mio. Euro im Jahr einsparen. Dazu seien sowohl bei Voith Paper als auch in der Verwaltung weitere Personalmaßnahmen geplant, sagte Lienhard, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Voith beschäftigt mehr als 39.000 Menschen.

Das Unternehmen hatte in der vergangenen Woche mit dem Einstieg beim Augsburger Roboterhersteller Kuka auf sich aufmerksam gemacht. Die Beteiligung von 25,1 Prozent ist rund 550 Mio. Euro wert. Vorstandschef Lienhard will Voith mithilfe von Kuka auf die unter dem Schlagwort "Industrie 4.0" bekannte stärkere Automatisierung und Vernetzung von Anlagen und Maschinen vorbereiten. (mato/APA/Reuters)