Zweifelhafte Geschäftspraktiken : Thyssenkrupp wird von der Vergangenheit eingeholt

Gerade hofft Thyssenkrupp auf einen riesigen Auftrag in Australien, denn die dortige Regierung plant den Bau einer Flotte von Kriegsschiffen und will dafür über die nächsten 20 Jahre rund 89 Milliarden australische Dollar ausgeben – umgerechnet fast 60 Milliarden Euro. Der Bieterwettbewerb ist voll im Laufen, deshalb kommen nun die Tausenden Seiten, die auf zweifelhafte Geschäftspraktiken beim Verkauf von U-Booten aus dem Hause Thyssenkrupp hindeuten, mehr als ungelegen. Laut dem Handelsblatt, dem die Dokumente vorliegen, habe vor einigen Jahren ein Londoner Konzernableger namens Marine Force International (MFI) Geld zu dubiosen Beratern in Abnehmerländern gelotst, um Aufträge zu sichern. Als Beispiele werden Griechenland, Südkorea und die Türkei genannt, wie die Onlineplattform "der Westen" berichtet.

Fälle aus der Vergangenheit

An der Firma MFI war auch das Essener Unternehmen Ferrostaal beteiligt. Vor fünf Jahren wurde Ferrostaal von einem Schmiergeld-Skandal erschüttert. Die aktuelle Berichterstattung drehe sich um Fälle aus der Vergangenheit, wird bei Thyssenkrupp und Ferrostaal betont. "Schon 2010 hat Ferrostaal sämtliche U-Boot-Geschäfte umfassend von den amerikanischen Anwälten Debevoise & Plimpton untersuchen lassen", teilte ­Ferrostaal auf Anfrage mit. Auf Basis dieser Untersuchungen habe das Unternehmen für U-Boot-Geschäfte in Griechenland und Portugal eine Strafzahlung geleistet. Schon seit mehreren Jahren sei Ferrostaal nicht mehr in dem Geschäftsfeld tätig.

Thyssenkrupp war Miteigentümer von MFI, die Vertriebsgesellschaft wurde schließlich 2011 aufgelöst, davor war sie durch eine Kanzlei überprüft worden. "Beweise oder begründete Verdachtsfälle von Korruption wurden nicht festgestellt. Der Bericht wurde auch der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt", so Thyssenkrupp. Der Prüfungsbericht der Kanzlei habe aber Anlass gegeben, die Organisation des Marinevertriebs neu zu bewerten. Nun beschäftigt sich schon seit über einem Jahr das Vorstandsmitglied Donatus Kaufmann um das Thema Compliance bei Thyssenkrupp. Dabei habe gerade der Bereich Marine Systems "signifikante Fortschritte in Sachen Compliance gemacht, um den spezifischen Risiken dieses Geschäftsfeldes Rechnung zu tragen", heißt es aus dem Unternehmen.

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