Hintergrund : Peking will mit Milliardensummen Börsenpanik verhindern

Mit massiven Finanzspritzen und der Ankündigung neuer Regeln kämpft China gegen einen weiteren Einbruch der Aktienkurse. Die Nervosität der Anleger legt sich etwas - aber wie geht es jetzt weiter?

Massive Interventionen der chinesischen Regierung haben die Aktienmärkte am Dienstag wieder etwas beruhigt. Nach dem heftigen Kursrutsch am Vortag pumpte die Zentralbank rund 130 Mrd. Yuan (18 Mrd. Euro) in die Finanzmärkte. Obwohl die Kurse an den beiden Börsen in Shanghai und Shenzhen zum Handelsauftakt zunächst weiter um drei Prozent absackten, erholten sie sich später wieder und notierten zum Handelsschluss nur noch leicht im Minus.

Der wichtige Shanghai Composite Index ging um 0,26 Prozent zurück, während der Shenzhen Component Index um 1,36 Prozent fiel. Der ChiNext, der dem amerikanischen Nasdaq ähnelt, sackte aber stärker um 2,99 Prozent ab. Der Kurseinbruch in China und die Unsicherheiten in der zweitgrößten Volkswirtschaft hatten am Montag die Märkte weltweit in den Keller gezogen. Doch stabilisierte sich die Lage auch an anderen asiatischen Börsen, die nur noch leicht im Minus schlossen.

Börsenaufsicht verteidigt den neuen Schutzmechanismus

Nach Kritik verteidigte Chinas Börsenaufsicht die Einführung eines Schutzmechanismus, der den Handel angesichts fallender Kurse am Montag für den Rest des Tages ausgesetzt hatte. Einige Beobachter sahen darin den Grund für Panikverkäufe und eine Abwärtsspirale. Der Markt brauche Zeit, um sich "schrittweise daran zu gewöhnen", argumentierte die Aufsichtsbehörde laut amtlicher Nachrichtenagentur Xinhua. China werde den Mechanismus anpassen, hieß es allgemein.

Nach dem neu geltenden Schutzmechanismus wird der Handel für 15 Minuten ausgesetzt, wenn der China Securities Index (CSI) mit 300 führenden Werten in Shenzhen und Shanghai um fünf Prozent fällt. Bei einem Minus von sieben Prozent wird der Handel für den Rest des Tages abgebrochen, wie es zur Einführung am Montag zum ersten Mal in der 25-jährigen Geschichte der Börsen in China auch prompt geschehen war.

Angst und schlechte Nachrichten aus der Industrie als Auslöser

Der Kursrutsch war durch schlechte Wachstumsprognosen, die Angst vor einem Rückzug der Regierung aus dem Markt und vor einem Anziehen der Geldpolitik ausgelöst worden. Auch gibt es Sorgen über die anhaltende Abwertung der chinesischen Währung, die im vergangenen Jahr schon um 4,5 Prozent an Wert gegenüber dem US-Dollar verloren und jetzt die psychologische Marke von 6,5 Yuan zum US-Dollar überschritten hat.

Der schlechte Start ins neue Jahr in China folgte auf die Nachricht von einem unerwartet starken Rückgang der Industrieaktivitäten im Dezember, der darauf hindeutet, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft weiter an Schwung verliert. So fiel der Einkaufsmanagerindex (PMI) des Wirtschaftsmagazins "Caixin" von 48,6 auf 48,2 Punkte.

Der Wert liegt den zehnten Monat in Folge unter der Grenze von 50, was auf einen Rückgang der industriellen Fertigung hindeutet. Analysten hatten eigentlich eine Beruhigung der Lage erwartet. Der Index, der besonders die Stimmung in den Chefetagen kleiner und mittelgroßer privater Industrieunternehmen berücksichtigt, ist damit in sieben der vergangenen acht Monate rückläufig. Offenbar trennen sich derzeit viele Anleger von ihren Papieren, weil sie davon ausgehen, dass die Großinvestoren dies nach Fristende ebenfalls tun.

Sichtbar wird die Situation der Industrie unter anderem bei den Stahlbetrieben des Landes. Die großen chinesischen Stahlkonzerne haben allein 2015 rund vier Milliarden Euro Verlust erwirtschaftet - und eine Erholung ist weiter nicht in Sicht. Branchenexperten erwarten die Schließung zahlreicher Stahlwerke.

Peking investiert Milliarden, um eine Pakin zu verhindern

Um nach dem Einbruch an den Börsen den Markt wieder zu stabilisieren, pumpte die Zentralbank nach eigenen Angaben 130 Milliarden Yuan über sogenannte Reverse Repo-Geschäfte in den Markt. Dabei kauft die Notenbank Wertpapiere, wobei sie sich verpflichtet, diese zu einem vereinbarten Preis zu einem bestimmten Termin rückzuübertragen. Mit Stützungskäufen halfen auch staatlich kontrollierte Fonds, die Kurse wieder in die Höhe zu treiben.

Ferner kündigte die Wertpapieraufsicht an, auch nach dem Auslaufen des seit einem halben Jahr geltenden Verkaufsverbots für einige Großinvestoren am Ende der Woche "neue Maßnahmen" zu ergreifen. Ein befürchteter massiver Verkauf von Aktien werde dadurch "unwahrscheinlich", zitierte die Staatsagentur Xinhua.

(von Andreas Landwehr, dpa /APA/red)