Mobile Geräte : IT: Bring Your own Device?

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PRO:

Privatnutzung senkt Kosten!

Motiviertere Mitarbeiter, niedrigere IT-Kosten: Jeder fünfte heimische Betrieb lässt private IT-Geräte schon im Unternehmen zu. Und das ist gut so.

BYOD („Bring Your Own Device“) macht alle glücklich, sagen die Befürworter persönlicher IT-Geräte im Büro. Mitarbeiter entscheiden selbst über die Auswahl ihres mobilen Geräts und nutzen es im Beruf wie in der Freizeit. Firmen profitieren von einer höheren Effizienz ihrer Mitarbeiter und senken Kosten in der Anschaffung und Wartung der Geräte. Im „war on talents“ erscheinen sie attraktiver für Arbeitnehmer. Diese wiederum sind besser motiviert, weil sie für weniger Geld modernste Geräte ihrer Wahl bekommen und „keinen Gerätezoo mehr am Schreibtisch und im Gepäck haben“, heißt es bei einem Anbieter.

Über-Hype

Einer der ersten Apologeten dieses Trends ist der auf IT-Trends spezialisierte US-Beratungsriese Gartner. In sogenannten „Hype Cycles“ analysiert Gartner den Weg neuer Technologien vom Auftauchen bis zur massenweiten Verbreitung. BYOD sei demnach gerade „der Über-Hype“, so Gartner in einem im Oktober erschienenen Report zum Thema. Die Begeisterung in den Massenmedien und Chefetagen großer US-Konzerne, meint Gartner, sei nur eine logische Folge davon.

Nicht nur dort: Bereits jedes fünfte Unternehmen in Österreich unterstützt seine Mitarbeiter aktiv dabei, ihre privaten mobilen Geräte auch im Berufsleben einzusetzen. Das konstatiert zumindest das Marktforschungsinstitut GfK Austria nach einer repräsentativen Umfrage unter Handynutzern vom August dieses Jahres. Ist der Trend bereits voll in den heimischen Chefetagen angekommen, wie man meinen könnte? „In Österreich liegen wir mit der Nutzung privater IT-Geräte am Arbeitsplatz im internationalen Vergleich vorne“, bestätigt Hannes Ametsreiter, Generaldirektor der Telekom Austria. „Anwender wollen mit ein und demselben Gerät kommunizieren und arbeiten.“

Kongress

Denn die Antreiber dahinter, so wird suggeriert, sind die Mitarbeiter selbst: 54 Prozent der Befragten geben an, privat die besseren mobilen Geräte zu nutzen als die von der Firma gestellten – was zu Unzufriedenheit führe. Die Unternehmensberatung Accenture Österreich sieht sich durch die Ergebnisse in ihrer Meinung bestätigt. Peter Halper, der bei Accenture den Bereich Telekommunikation leitet, meint zum Thema BYOD: „Mitarbeiter wollen im Beruf nicht auf das verzichten, was sie privat als innovativ erleben.

Gerade junge Mitarbeiter erleben die IT-Ausstattung im Unternehmen oft so, als führen sie privat einen Ferrari und in der Firma eine Pferdekutsche.“ In Deutschland jagt unterdessen ein Kongress zum Thema den nächsten, Teilnahmegebühr ab 1995 Euro aufwärts. Allein im November fanden größere Tagungen zu BYOD in Hamburg, München, Stuttgart und Köln statt, weitere folgen in den nächsten Wochen in Frankfurt, Berlin und Düsseldorf. Auf den Podien sitzen dann IT-Verantwortliche wie Thomas Eichhorn von adidas oder Frank Penning von ProSiebenSat.1 Media, beide Befürworter der Umstellung. Und Veranstalter wie Management Circle rufen: „Die Frage lautet nicht mehr, ob, sondern wie Sie dieser neuen Herausforderung begegnen. Es wird Zeit zu handeln!“

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CONTRA:

Massive Sicherheitsbedenken

Massive Sicherheitslücken machen beruflich genutzte Privatgeräte zum Ziel für Datenmissbrauch. Jeden kann es treffen.

„Nennen Sie mir einen einzigen großen Konzern in Deutschland, der BYOD nutzt“, sagt Klaus Düll und liefert die Antwort gleich mit: „Sie werden keinen finden.“ Düll ist Geschäftsführer des IT-Anbieters und Unternehmensberaters Pretioso und in Deutschland derzeit einer der profiliertesten Kritiker des neuen Trends. Das Problem der Datensicherheit ist die zentrale Kehrseite des Trends.

Mobile Endgeräte sind ein häufiges Ziel internationaler Industriespionage, wie man jedes Jahr in den Verfassungsschutzberichten Österreichs und Deutschlands nachlesen kann. Auch in den IT-Abteilungen hält sich die Begeisterung in engen Grenzen. Falls man die Auswahl zulässiger Endgeräte nicht stark einschränkt und damit BYOD einen wichtigen Pluspunkt wegnimmt, dann verlagert sich das Problem der Gerätezoos vom Mitarbeiter auf die IT-Abteilung. Sind in einem Betrieb ab 200 Mitarbeitern Dutzende Gerätearten und Betriebssysteme im Einsatz, ist die schöne neue Mobilität bald nicht mehr zu managen

Keine Kostenbremse

Neben der Gerätekontrolle bleiben zahlreiche Fragen zur Netzwerksicherheit offen. Containerlösungen zur Trennung privater und beruflicher Daten auf demselben Gerät werden in den Fachforen von Admins als zu durchlässig kritisiert. Und was die Kosten angeht, so schreibt selbst Gartner in seinem jüngsten Report, dass der höhere Aufwand bei Software, Infrastruktur und Support die eingesparten Kosten ausgleiche. Das größere Problem sind allerdings die Anwendungen. Selbst Befürworter müssen zugeben, dass Programme wie die Sprachsteuerung „Siri“ oder die Privatanwender-Cloud „dropbox“ ein zentrales Sicherheitsrisiko darstellen. Klaus Düll meint dazu: „Wenn ein Unternehmen sicherheitsorientiert arbeitet, werden Cloud-Anwendungen als allererstes verboten.“ Der IT-Spezialist nennt ein weiteres Beispiel: den Messenger WhatsApp, auf Smartphones millionenfach im Einsatz. „Wenn Sie WhatsApp im Firmennetzwerk haben, ist Ihr Firmentelefonbuch in kürzester Zeit in den USA. Nachzulesen in den Geschäftsbedingungen von WhatsApp.“

Unklare Haftungsfragen

Weil diese Schwierigkeiten auch Fragen der Managerhaftung betreffen, lassen Firmen vor Einführung von BYOD ihre Mitarbeiter ein Dokument unterschreiben, in dem die Auswahl an Apps und Clouds stark eingeschränkt, die Nutzung durch Dritte verboten und die Frage geklärt wird, was bei Verlust des Geräts passiert. Möglich ist hier das komplette Fernlöschen des Geräts durch die Firma – alles Aspekte, nach denen die angebliche Attraktivität des BYOD für Mitarbeiter in einem ganz anderen Licht erscheint. „BYOD ist ein künstlicher Hype von außen, es ist kein Bedarf von Menschen“, sagt Düll. Die Fachleute in den IT-Abteilungen scheinen derselben Meinung zu sein. Ende Oktober befragte das deutsche Fachmagazin „CIO“ seine Leser zu der Möglichkeit, dass BYOD unmittelbar vor dem Absturz stehe. 58,2 Prozent der CIOs antworteten: „Überrascht mich nicht: BYOD war schon immer ein überschätzter Hype.“ Nur 11,6 Prozent erwarten, dass sich der Trend weiter durchsetzen wird.