Insolvenz : Großauftrag von Wien Energie zwingt Kremsmüller Industrieanlagenbau in die Insolvenz

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Die Kremsmüller Industrieanlagenbau KG in Steinhaus bei Wels ist insolvent. Anfang dieser Woche wurde beim Landesgericht Wels ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung beantragt. Die übergeordnete Kremsmüller Beteiligungs-GmbH und weitere Töchter sind von der Insolvenz nicht betroffen.

Ursache ist ein Großauftrag, bei dem man sich verkalkuliert habe, hieß es in einer Pressekonferenz. Betroffen sind 594 Mitarbeiter und - laut Creditreform - 55 Gläubiger. Eine Fortführung ist geplant.

"Eine Nummer zu groß"

Hauptursache für die Insolvenz sei ein völlig aus dem Ruder gelaufener Großauftrag der Wien Energie, gab der Industrieanlagenbauer bei einer Pressekonferenz zum Thema bekannt. Dabei handelt es sich um ein Öko-Projekt der Wien Energie, eine Klärschlammtrocknungsanlage zur Verbrennungsaufbereitung des anfallenden Klärschlamms.

Der Auftrag lief seit dem Jahr 2018, die Auftragssumme betrug ursprünglich 22,5 Millionen Euro. Der Engineering-Aufwand sei aber exponentiell gestiegen und habe die Möglichkeiten des Unternehmens - im Nachhinein betrachtet – maßlos überfordert, wie man sich nun eingestehe.

Man sei "etwas blauäugig in das Projekt gestolpert", räumte Miteigentümer Gregor Kremsmüller ein.

Eine vor etwa drei Wochen durchgeführte Kostenprognose habe ein ruinöses Bild gezeichnet und spreche von einem tatsächlichen Projektumfang in der Größenordnung von bis zu 65 Millionen Euro. Zu nachträglichen Vertragsänderungen oder -anpassungen sei die Wien Energie nicht bereit gewesen.

Creditreform nennt neben dem Großauftrag aus dem Jahr 2018 als "untergeordnete Insolvenzursache" zudem die Verschiebung von Aufträgen im Wert von mehr als 50 Millionen Euro aufgrund der Corona-Pandemie.

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Heute gesteht das Unternehmen ein, dass „dieser Auftrag für Kremsmüller um 1 Nummer zu groß war“. Man sei zu gutgläubig und vertrauensvoll an dieses Projekt und die Auftraggeberin herangegangen, so der Gesellschafter Gregor Kremsmüller. Zudem hätten auch unabhängige Sachverständige bestätigt, dass die mit dem Projekt einhergehenden Risiken auch auf Grund der überaus komplexen Vertragssituation nicht wirklich erkennbar gewesen seien. Daher sei die Einleitung eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens die einzige Möglichkeit gewesen, das Problem in den Griff zu bekommen, so Kremsmüller.

Bei Fortführung des Projektes hätte sich ansonsten im Herbst ein riesiges, nicht bewältigbares Finanzloch abgezeichnet. Ein Übriges hat auch die Corona-Krise zur aktuellen Situation beigetragen.

Rückzug aus dem Geschäftsbereich Prozesstechnik

Das sei auch der maßgebliche Grund dafür, dass sich Kremsmüller künftig aus dem Bereich Prozesstechnik zurückziehen wird. Ein Fortführungsplan stimme positiv und werde sich weiterhin auf das Projektgeschäft und schwerpunktmäßig auch auf die Bereiche Dienstleistung und Instandhaltung für die Industrie konzentrieren. Drei der bisherigen vier Geschäftsbereiche blieben aber unverändert aufrecht.

Gregor Kremsmüller: "Die Sanierung ist zu schaffen"

Bis vor einigen Wochen ging man dennoch von einem guten Geschäftsjahr aus, so Miteigentümer Gregor Kremsmüller. Auch das Wiederhochfahren nach Corona sei schneller gegangen als erwartet. Vor einem Monat sei dann aber klar geworden, wie gravierend die aus dem Auftrag resultierenden Probleme wirklich sind. Seither habe man Tag und Nacht an einer Fortführungsrechnung geplant, die "Hand und Fuß hat", daher sei die Bank auch mit an Bord. Zudem setze die Eigentümerfamilie ihr Vermögen dafür ein. Bei Kremsmüller ist man überzeugt, die Sanierung zu schaffen. Den Vertrag mit der Wien Energie werde der Masseverwalter wohl lösen.

Die Passiva belaufen sich laut Unternehmen auf rund 58 Mio. Euro, fast ausschließlich in Form von Bankgarantien. Der AKV berichtete von ungedeckten Passiva in der Höhe von 115,8 Mio. Euro - darunter 49,7 Mio. Euro bedingte Ansprüche, 30 Mio. Schadenersatzansprüche und 10 Mio. Konzernverbindlichkeiten. Der KSV berichtet von 135 Mio. Euro Passiva und 72 Mio. Aktiva. Die freien Vermögenswerte beziffern beide Gläubigerschutzverbände mit 13,7 Mio. Euro.

Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben

Die Jobs der knapp 600 Mitarbeiter der insolventen Industrieanlagenbau KG sollen weitgehend erhalten bleiben. Wirklich gefährdet seien laut Management rund 20. Dabei handelt es sich um leitende Techniker aus dem Bereich Prozesstechnik, aus dem man sich nach dem Schlamassel zurückziehen will.

Die übrigen Mitarbeiter dieser Sparte will man in anderen Bereichen von Kremsmüller unterbringen. Verschärft wird die Situation dadurch, dass man die Kurzarbeit, die für Teile des Unternehmens nach wie vor besteht, bei der Industrieanlagenbau KG nun nicht mehr nutzen darf und die 594 Mitarbeiter nach dem Insolvenzantrag wieder auf der Payroll stehen.

Kremsmüller-Gruppe: Rund 1.800 Mitarbeiter in drei Ländern

Die Kremsmüller-Gruppe, zu der neben der betroffenen Industrieanlagenbau KG noch weitere Töchter der übergeordneten Beteiligungsgesellschaft zählen, beschäftigt insgesamt rund 1.800 Mitarbeiter in Österreich, Deutschland und Rumänien. Das Familienunternehmen erwirtschaftete zuletzt einen Umsatz von 300 Mio. Euro. (apa/red)