Stahlindustrie : Auch Thyssenkrupp-Chef warnt vor Abwanderung

Der deutsche Hersteller Thyssenkrupp macht die Zukunft seiner Stahlsparte von den politischen Rahmenbedingungen abhängig. Sollten Pläne der Europäischen Union zur Neuordnung des Emissionsrechtehandels wie vorgesehen umgesetzt werden, sei Stahl aus Europa nicht mehr wettbewerbsfähig, sagte Konzernchef Heinrich Hiesinger in einem Interview. Im selben Gespräch warnt Hiesinger auch vor den massiven Überlastungen der Kommunen in Deutschland durch den Flüchtlingsansturm.

Auf die Stahlbranche kämen Mehrbelastungen zu, die nicht zu stemmen seien, so Hiesinger. Weitere Einsparungen und Umstrukturierungen würden dann nichts mehr bringen. "Für Thyssenkrupp wäre die Stahlproduktion dann nicht mehr möglich." Mit derartigen Äußerungen wiederholt Hiesinger die in regelmäßigen Abständen von Wolfgang Eder vorgebrachte Kritik am Kurs, den die Europäische Union zum Schutz des Klimas einschlägt. Eder wiederholt in diesem Zusammenhang ebenfalls immer wieder seine Drohung einer Abwanderung der Industrie aus Europa.

In Sachen Klimaschutz hofft Hiesinger weiterhin, zusammen mit der Politik eine Lösung zu finden. "Darauf hoffe ich auch jetzt noch - weil es auch aus Sicht des Klimaschutzes die falsche Entscheidung wäre, die Stahlindustrie in Europa zugunsten anderer Hersteller mit dramatisch schlechterer Klimabilanz aus dem Markt zu drängen."

"Schicksalhaftes Jahr 2016"

Damit spielt der Thyssenkrupp-Chef auf Billigimporte aus China an, die der Branche derzeit neben einer schwächelnden Nachfrage zusetzen. Der durchschnittliche CO2-Ausstoß pro Tonne Stahl in China sei deutlich höher als hierzulande. Er sei nicht gegen Klimaschutz, sagte Hiesinger. Es müssten aber gleiche Wettbewerbsbedingungen gelten. "Und wenn die von chinesischer Seite nicht geschaffen werden, müssen wir in Europa reagieren, zum Beispiel mit Mindestpreisen."

Vor kurzem erst schlug der Branchenverband Alarm. Die Industrie stehe 2016 vor einem schicksalhaften Jahr, warnte die Wirtschaftsvereinigung Stahl. Die Branche stehe vor großen Risiken und kämpfe um ihre wirtschaftliche Existenz, sagte auch der Chef von Thyssenkrupp. Daher werde sich der Konzern an einer Konsolidierung beteiligen, sofern sich Chancen böten. (reuters/apa/red)

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