Weltstahlverband : Wolfgang Eder: Beim Klimaschutz gleiche Ziele für alle
Die Stahlindustrie warnt vor dem am Montag startenden Klimagipfel in Paris vor neuen einseitigen Verpflichtungen Europas. "Wir wünschen uns ehrgeizige Klimaschutzziele", sagte Voestalpine-Chef Wolfgang Eder in seiner Funktion als Präsident des Weltstahlverbands. "Diese sollten aber auch für alle Staaten einheitlich gelten." "Wir müssen davon wegkommen, dass Europa mit einseitigen Verpflichtungen zum Einsparen von CO2-Emissionen vorprescht", erklärte Eder. Solche Nachteile könne die Branche auf Dauer nicht verkraften.
Die Voestalpine zahlt seinen Angaben zufolge seit 2008 jährlich zwischen fünf und 20 Millionen Euro für CO2-Emissionszertifikate. Das werde, wenn die EU an ihren Plänen festhält, bis 2020 auf 80 bis 100 Millionen Euro ansteigen, bis 2030 sogar auf etwa 200 Millionen Euro. Dann würde der komplette operative Gewinn der Stahlsparte dafür draufgehen.
Vergleichbare Belastungen gebe es anderswo nicht. Die EU will die Zahl der Verschmutzungsrechte verknappen, damit der seit langem am Boden liegende Preis für die Papiere wieder steigt.
Abhängigkeit von Importen wäre ein schwerer Nachteil
"Die Stahlindustrie ist eine Schlüsselbranche. Autoindustrie und Maschinenbau sind ohne hochwertige Basiswerkstoffe kaum vorstellbar", mahnte Eder. "Es wäre auch ein großer Fehler, sich beim wichtigsten Basiswerkstoff von Importen aus anderen Ländern abhängig zu machen."
Eder sieht nach eigenen Worten aber Anzeichen, dass weltweit Bewegung in die Klimadebatte kommt. "Ich bin heute optimistischer als in der Vergangenheit, dass es zu einer Einigung kommt", sagte so der Chef der Voestalpine. So sei in China das Klima-Bewusstsein gestiegen, der Druck der Bevölkerung dort wachse. "Hinzu kommt, dass die chinesische Stahlbranche unter massiven Überkapazitäten leidet." Auch deshalb gebe es Veränderungsbedarf.
Deutsche Stahlindustrie spricht von Abwanderungsgefahr
Auch Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der deutschen Wirtschaftsvereinigung Stahl, spricht in einem Interview mit der Zeitung "Die Welt" von der Gefahr einer Verlagerung der Produktion in nichteuropäische Länder, in denen es keinen Emissionshandel gebe. Die Investitionszahlen seien derzeit "besorgniserregend niedrig", meint Kerkhoff und spricht bereits von einer möglichen "schleichenden Deindustrialisierung". Nach den Worten des obersten Interessensvertreters der Stahlindustrie werden allein in Deutschland bereits "Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe zurückgehalten".
China macht jede Menge Ankündigungen
China dagegen könnte zwar eine Menge für den Klimaschutz tun - "leider hört man bisher immer nur Absichtserklärungen", sagt Kerkhoff. "Wir finden es zunehmend besorgniserregend, dass China mit dem Export seiner Überkapazitäten den Stahl von den Märkten drängt, der unter wesentlich besseren Umweltbedingungen, darunter auch bei den CO2-Werten, erzeugt wurde."
Für einen Standort wie Deutschland bedeute die Stahlindustrie nicht nur etwa 90.000 Arbeitsplätze, sondern letztlich vier Millionen Jobs in den stahlintensiven Branchen, so der Lobbyist weiter. Die Stahlbranche stehe als Grundstoffindustrie in enger Kooperation mit ihren stahlverarbeitenden Kunden - bei Importen wären diese wichtigen Kooperationen weg. Auch Beschäftigung und Erfolg anderer Branchen wären gefährdet. Kerkhoff: Mehr als die Hälfte der deutschen Warenexporte sind schließlich stahlintensive Güter. (red/dpa/apa)