Nord Stream 2 : Nord Stream 2: Das letzte Rohr ist verschweißt

© Nord Stream 2 / Axel Schmidt

Für die umstrittene Ostseepipeline Nord Stream 2 ist das letzte Rohr verschweißt worden. Es werde anschließend in deutschen Gewässern auf den Meeresboden abgesenkt, teilte die Nord Stream 2 AG mit. Danach müsse es noch mit dem aus der Gegenrichtung kommenden Abschnitt verbunden werden. Im Anschluss stünden noch weitere Vorbereitungen vor der Inbetriebnahme an.

Erwartet wird, dass der russische Gasmonopolist Gazprom im Oktober mit den Gaslieferungen nach Deutschland durch die neue Pipeline beginnt und dafür zunächst den Strang nutzt, der bereits im Juni fertigt verlegt worden war.

Vor allem der Widerstand der USA, die Sanktionen gegen die Leitung androhten und dann auch verhängten, verzögerte den Bau, der Ende 2019 hatte beendet werden sollen. Die US-Regierung kritisiert, Europa mache sich mit dem Projekt bei der Energieversorgung zu stark von Russland abhängig.

Russland wirft den USA vor, sie hätten mit ihrem Widerstand gegen Nord Stream 2 vor allem eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt. Die USA bieten ihr durch Fracking gewonnenes und dann verflüssigtes Gas als Alternative in der EU an.

Letzter Versuch des Baustopps

Der Chef des staatlichen ukrainischen Energieunternehmens Naftogaz appelliert bei seinem Besuch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Washington an die USA, die russische Gaspipeline Nord Stream 2 doch noch zu verhindern. "Auch wenn sie, ich weiß nicht, zu 99 Prozent fertig ist, glauben wir immer noch, dass sie gestoppt werden kann und sollte", sagte Jurij Witrenko am Mittwoch. US-Präsident Joe Biden müsse die Sanktionsaufhebung für das Projekt zurücknehmen.

Die Ukraine hat die Vereinigten Staaten und Deutschland um Garantien gebeten, dass die Ukraine im Falle einer Realisierung von Nord Stream 2 ihren Status als Gastransitland über 2024 hinaus behält, wenn das bestehende Transitabkommen zwischen der Regierung in Kiew und Russland ausläuft. "Wir betonen immer wieder, dass es für uns nicht um Geld geht, sondern in erster Linie um die nationale Sicherheit der Ukraine", so Witrenko.

Die deutsche und die US-Regierung hatten im Juli ein Abkommen veröffentlicht, das den jahrelangen Streit über die Ostsee-Pipeline beilegt, die mehr russisches Gas nach Westeuropa bringen soll.

Energie darf keine politische Waffe sein

In der gemeinsamen Erklärung wird Russland davor gewarnt, Energie als politische "Waffe" einzusetzen oder weitere aggressive Handlungen gegen die Ukraine zu begehen. Andernfalls werde Deutschland auf nationaler Ebene handeln und in der Europäischen Union auf effektive Maßnahmen einschließlich Sanktionen drängen. Ziel wäre es dann demnach, die russischen Kapazitäten für Exporte nach Europa im Energiesektor, auch bei Gas, zu beschränken - beziehungsweise effektive Maßnahmen auf anderen wirtschaftlich relevanten Gebieten.

Deutschland verpflichtet sich außerdem unter anderem dazu, alle Einflussmöglichkeiten zu nutzen, um eine Verlängerung des 2024 auslaufenden Gastransitabkommens der Ukraine mit Russland um bis zu zehn Jahre zu ermöglichen. Dafür soll ein Sondergesandter ernannt werden. Die Verhandlungen sollen so bald wie möglich beginnen, spätestens aber am 1. September. Die Vereinigten Staaten wollen diese Bemühungen uneingeschränkt unterstützen.

Im Zentrum des Abkommens steht Beistand für die Ukraine - wo man dennoch alles andere als glücklich ist. Die Einigung zwischen den USA und Deutschland im Streit um die Ostsee-Pipeline ist in der Ukraine und in Polen auf Kritik gestoßen. Russland beklagt einen "feindlichen Ton" der USA in der gemeinsamen Erklärung.Die beiden Länder warnten in einer gemeinsamen Mitteilung ihrer Außenministerien, die Vereinbarung im Konflikt um das deutsch-russische Projekt habe eine "politische, militärische und energietechnische Bedrohung für die Ukraine und Mitteleuropa geschaffen". Zugleich erhöhe sie das Potenzial, dass Russland die Sicherheitslage in Europa weiter destabilisiere. Die bisherigen Vorschläge reichten nicht, "um die Bedrohungen durch Nord Stream 2 wirksam einzudämmen".

Russland macht sich unabhängig

Wie schon mit den weitgehend parallel verlaufenden Leitungen von Nord Stream 1 macht sich Russland mit Nord Stream 2 unabhängiger von der Ukraine als Transitland für Gaslieferungen nach Europa. Die Ukraine liegt mit Russland im Streit und ist auf Einnahme aus dem Gastransit angewiesen. Russland hatte immer wieder Vorwürfe zurückgewiesen, es könne die Gasleitung als "politische Waffe" missbrauchen. Eine deutsch-amerikanische Vereinbarung sieht für einen solchen Fall Sanktionen gegen Russland vor.

Die Bauarbeiten für Nord Stream 2 hatten 2018 begonnen. Die Leitung soll künftig 55 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr von Russland durch die Ostsee nach Deutschland liefern. Damit können nach Angaben der Betreibergesellschaft 26 Millionen Haushalte versorgt werden. Die Baukosten der 1230 Kilometer langen Pipeline werden mit mehr als zehn Milliarden Euro angegeben. Die Leitung war je zur Hälfte vom russischen Energieriesen Gazprom und den fünf europäischen Unternehmen OMV, Wintershall Dea, Engie, Uniper und Shell finanziert worden. (apa/red)

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