Strategie : Lufthansa stellt sich neu auf

Den erhofften Ergebnisbeitrag von rund 500 Millionen Euro will Konzernchef Carsten Spohr vor allem durch eine besser abgestimmte Flugplanung und eine stärkere Bündelung von Aufgaben erzielen, hieß es nach einer Aufsichtsratssitzung. So soll das Flugangebot von Lufthansa, Swiss und Austrian stärker zentral koordiniert werden. Im Gegenzug soll die Schweizer Tochter das Umsatzmanagement auch für ihre Schwester-Airlines übernehmen, die AUA leitet künftig das Produktmanagement. Am Lufthansa-Drehkreuz Frankfurt wird der weltweite Vertrieb gesteuert, das Marketing wird in München angesiedelt.

Fokus auf Eurowings

Einer der Kernpunkte ist die Aufwertung der umstrittenen Billigfluglinie Eurowings. Zudem will der AUA-Mutterkonzern mit einer Führungsebene weniger auskommen. 150 der weltweit 1.000 Manager-Positionen fallen weg. Die Verantwortung für Eurowings liegt künftig im Konzernvorstand und wird von Karl Ulrich Garnadt übernommen. Der altgediente Lufthansa-Manager, der bisher das deutsche Lufthansa-Passagiergeschäft im Vorstand vertrat, startet seinen neuen Job Anfang 2016. "Wir wollen für Eurowings die besten Wachstumsvoraussetzung schaffen", sagte Vorstandschef Carsten Spohr. Mit der Neuaufstellung unterstreicht Spohr die Bedeutung von Eurowings, mit der der Konzern künftig gegen Konkurrenten wie Ryanair und Easyjet antreten will.

Die zweite Personal-Rochade gibt es im Kerngeschäft mit der Lufthansa selbst sowie den Töchtern Swiss und Austrian Airlines (AUA). Die Verantwortung für den Bereich im Vorstand übernimmt künftig Harry Hohmeister. Er war bisher für die Auslandstöchter verantwortlich. "Wir glauben, dass die neue Struktur weniger komplex ist", sagte der 48-jährige Spohr. Bisher war die Organisation des 120.000 Mitarbeiter starken Unternehmens kompliziert. Die Fluglinien firmierten unter dem Dach der Passage Airline Gruppe, die drei Viertel des Jahresumsatz von 30 Milliarden Euro stellt. Die Gewinnaussichten für dieses Jahr präzisierte Spohr: Die Belastungen durch Streiks in den ersten drei Quartalen von 150 Millionen Euro werden nun mitgerechnet. Trotz der Kosten werde die Lufthansa "mit Sicherheit" einen Betriebsgewinn von mehr als 1,5 Milliarden Euro erreichen, sagte er.

Verändertes IT-System

Vier Kernfunktionen werden an den vier wichtigen Lufthansa-Drehkreuzen (Frankfurt, München, Zürich, Wien) zentral für alle Konzern-Airlines gebündelt. Im Einzelnen werden dabei kommerzielle Funktionen wie Preispolitik, Netz- und Flottenplanung, Produkt und Vertrieb künftig über alle Netzairlines der Lufthansa-Gruppe und Drehkreuze hinweg enger koordiniert. "Für den Passagier in Zürich, München, Frankfurt und Wien ändern sich die Dinge, die nicht als Reiseerlebnis verstanden werden, sondern als Störung wie unterschiedliche Preisstrukturen, unterschiedliche Reservierungs- und Stornierungsstrukturen, unterschiedliche Regelungen für Handgepäck oder die Sitzplatzreservierung am Fenster", sagte Spohr in einer Telefonkonferenz. Das IT-System habe eine Harmonisierung bisher nicht zugelassen, was aber ab nächstem Jahr anders werde.

Bei Dingen wie Check-in, Umbuchungen oder Bordkarten "werden wir stringenter, um ein harmonisches Reiseerlebnis zu bieten", so der Lufthansa-Chef. Es wird sich vieles hinter dem Vorhang abspielen, wo wir Synergien heben wollen, bis hin zu einer optimierten Flugplanung über alle vier Hubs hinweg." Die Swiss beispielsweise bekomme die Verantwortung für das weltweite Revenuemanagementsystem für alle vier Drehkreuze, sagte Spohr: "Das sind über 20 Milliarden Umsatz, die die vier Hubs machen."

"Ausgang der Tarifverhandlungen ist offen"

Europas größter Luftverkehrskonzern ist nach Spohrs Worten dank des niedrigen Ölpreises und der starken Nachfrage in diesem Sommer geschäftlich sehr gut unterwegs. Die Prognose von mehr als 1,5 Milliarden Euro bereinigten Gewinns vor Zinsen und Steuern werde nun auch nach Abzug der bisherigen Streikkosten erreicht, erklärte der Lufthansa-Vorstandschef. Man sei optimistisch, die Streikkosten der ersten drei Quartale zu kompensieren. Spohr bezifferte die Kosten der bisher drei Streikrunden der Piloten in diesem Jahr auf rund 150 Millionen Euro, nach 230 Millionen Euro 2014.

Der Lufthansa-Chef äußerte sich in einer Telefonkonferenz vorsichtig zu den weiteren Tarifverhandlungen mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC). "Der Ausgang ist offen." Die VC bekräftigte ihre Forderung nach Verbesserungen bei den Übergangsrenten für die rund 5.400 Piloten innerhalb des Konzerntarifvertrags. Sprecher Markus Wahl wies aber Vorwürfe zurück, man habe nach dem abgebrochenen 13. Streik noch "draufgesattelt". Belastungen durch mögliche weitere Ausstände der Piloten im Rest des Jahres sind in der Gewinnprognose nicht berücksichtigt. (apa/Reuters/dpa/sda)