Automatisierung : ABB übernimmt Bernecker + Rainer: Wird Eggelsberg jetzt zum weltweiten Zentrum für Fabriksautomation?

Der Schweizer Elektrotechnik-Konzern ABB übernimmt die auf Industrieautomatisierung spezialisierte Innviertler Bernecker + Rainer Industrie-Elektronik Ges.m.b.H. mit Sitz in Eggelsberg im Bezirk Braunau in Oberösterreich. Das teilt ABB mit. B&R beschäftigt weltweit mehr als 3.000 Mitarbeiter, davon rund zwei Drittel in Österreich.

Der Kaufpreis wird auf Wunsch der Firmengründer und Eigentümer Erwin Bernecker und Josef Rainer nicht genannt, laut Branchenkennern dürfte er sich auf rund 1,8 Mrd. Euro belaufen.

Die Transaktion folgt nach ABB-Angaben einer "branchenüblichen Bewertung", ABB-Chef Ulrich Spiesshofer verwies auf den US-amerikanischen B&R-Konkurrenten Rockwell Automation.

Der Abschluss der Übernahme wird im Sommer dieses Jahres erwartet. ABB will die Übernahme vollständig mit Barmitteln finanzieren. Die Transaktion werde sich voraussichtlich bereits im ersten Jahr positiv auf den operativen Gewinn je Aktie auswirken. Man rechne nicht mit Einwänden seitens der Wettbewerbsbehörden, sagte Spiesshofer.

"Ein wahrer Meilenstein für ABB"

B&R wurde 1979 von Erwin Bernecker und Josef Rainer gegründet und hat im Geschäftsjahr 2015/16 mehr als 600 Mio. Dollar (561 Mio. Euro) Umsatz und einen operativen Gewinn (EBIT) von 75 Mio. Dollar erwirtschaftet.

Mit der Übernahme von B&R will ABB zum Komplettanbieter von Industrieautomation werden, mit Mess- und Steuerungssystemen, Robotik, Digitalisierung und Elektrifizierung. "Diese Transaktion ist ein wahrer Meilenstein für ABB, da B&R die historische Lücke in unserem Automationsangebot schließt", sagte ABB-Chef Ulrich Spiesshofer bei einem Auftritt vor Medien am Dienstagvormittag. Hier eine Video-Präsentation|der Schweizer zum Thema.]

ABB hat große Pläne mit dem Firmenstandort in Oberösterreich

Den Hauptsitz von B&R in Eggelsberg in Oberösterreich - lesen Sie hier eine Reportage über den Standort und seine Digitalstrategie - will ABB-Chef Spiesshofer zum globalen Zentrum für Maschinen- und Fabrikautomation ausbauen. Mittelfristig wird für die Oberösterreicher ein Umsatzziel von mehr als einer Milliarde Dollar angepeilt.

"Mit der Akquisition wird ABB zum größten Unternehmen im Bereich der Industrieautomation in Österreich", heißt es seitens des Schweizer Industriekonzerns. Derzeit hat ABB in Österreich eine Vertriebsgesellschaft mit rund 400 Beschäftigten.

Standorte werden ausgebaut - Firmengründer bleiben als Berater an Bord

Die beiden Unternehmensgründer Bernecker und Rainer sollen während der Integrationsphase als Berater zur Verfügung stehen. Das aktuelle B&R-Management und sämtliche Standorte in Österreich mit allen Mitarbeitern sollen unverändert erhalten bleiben.

Auch das aktuelle B&R-Management und sämtliche Standorte in Österreich sollen unverändert erhalten bleiben. Auch ein Jobabbau sei nicht zu befürchten, im Gegenteil, betonte Spiesshofer: "Das Marktsegment Maschinen- und Fabriksautomation hat ein Marktvolumen von 20 Mrd. Dollar und wächst um vier bis fünf Prozent pro Jahr." B&R selbst habe eine bemerkenswerte Wachstumsgeschichte hinter sich, mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von rund 11 Prozent seit 1995.

Spiesshofer: "Sind fest entschlossen, signifikant zu investieren"

"Wir sind fest entschlossen, signifikant in B&R zu investieren", sagte Spiesshofer. "B&R investiert selbst jedes Jahr rund 10 Prozent seines Umsatzes in Forschung & Entwicklung. Wir investieren rund 1,5 Milliarden Dollar pro Jahr in Forschung und Entwicklung. Das ist der Treibstoff für künftiges Wachstum."

Auch sonst ist Spiesshofer voll des Lobes. "B&R ist eine Perle in der Welt der Maschinen- und Fabrikautomation". Der Konzern passe "perfekt" zu ABB: "Künftig werden wir das einzige Unternehmen sein, das seinen Kunden im Bereich Industrieautomation das gesamte Spektrum anbietet: Von Technologie und Software rund um Steuerungssysteme überAntriebe, Robotik und Digitalisierung bis zur Elektrifizierung."

Spiesshofer verweist auch auf die bereits im Markt installierten Kapazitäten - was gerade im Hinblick auf Industrie4.0 große Möglichkeiten biete: Mit den Oberösterreichern werde ABB über ein "einzigartiges Digitalangebot" sowie in Zukunft über eine "installierte Basis mit mehr als 70 Millionen verbundenen Geräten, 70.000 Steuerungssystemen und künftig als drei Millionen automatisierten Maschinen und 27.000 Fabrikinstallationen" verfügen.

Firmengründer: ABB will alle Mitarbeiter von B&R halten

Die beiden Unternehmensgründer Erwin Bernecker und Josef Rainer sind im vergangenen Jahr beide 65 Jahre alt geworden - ganz zur Ruhe setzen werden sie sich aber noch nicht: "Wir werden den Integrationsprozess noch länger begleiten und stehen mit Rat und Tat zur Seite", so die beiden Firmengründer in einem Brief an die Mitarbeiter.

Auch um seinen Arbeitsplatz müsse sich bei B&R niemand Sorgen machen. "ABB ist sehr daran interessiert, dass alle Mitarbeiter im Unternehmen bleiben." B&R passe strategisch gut zum Produktportfolio von ABB und es gebe keine Überlappungen. Auch die Marke B&R werde erhalten bleiben.

Eckdaten zum Schweizer Elektroriesen ABB

Der Technologiekonzern ABB ist in den Bereichen Elektrifizierungsprodukte, Robotik und Antriebe, Industrieautomation und Stromnetze tätig und hat Kunden in der Energieversorgung, der Industrie und im Transport- und Infrastruktursektor. Das Unternehmen ist in mehr als 100 Ländern tätig und beschäftigt 132.000 Leute.

In Österreich ist ABB seit über 100 Jahren präsent.

Eckdaten zu Bernecker & Rainer

B&R ist auf Industrieautomatisierungen spezialisiert und mit Niederlassungen in der ganzen Welt international aufgestellt. B&R beschäftigt weltweit mehr als 3.000 Mitarbeiter, davon rund zwei Drittel in Österreich. Das Unternehmen sieht sich als Branchenführer in der Industrieautomation. B&R bietet Lösungen in der Maschinen- und Fabrikautomatisierung, Antriebs- und Steuerungstechnik, Visualisierung und integrierten Sicherheitstechnik. Zusätzlich beschäftigt sich B&R mit der industriellen Feldbus-Kommunikation und Softwareprodukten.

(APA/red/ots)

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