Transportwirtschaft : Miba setzt auf alternative Wege

Auch die Zuliefererindustrie ist abhängig von zeitnahen Transporten. Der Autozulieferer Miba allerdings versucht auf Anfrage des INDUSTRIEMAGAZIN aufgrund der verstärkten Grenzkontrollen Straßentransportwege zu meiden. "Aktuell setzen wir daher verstärkt alternative Transportmittel ein, wie zum Beispiel Bahntransport für den Weg zu den Nordhäfen für interkontinentale Seefrachtsendungen. Die Luftfracht wird hauptsächlich über die jeweils nationalen Flughäfen abgewickelt. Auf den innereuropäischen Straßentransportwegen führen die Grenzkontrollen zu Verspätungen von etwa 24 Stunden, welche bis dato für die Miba aber nicht geschäftsschädigend sind", so die Sprecherin Valerie Weixlbaumer-Pekari.

Die Lkw-Lobby fordert nun allerdings aufgrund der Staus und Grenzkontrollen und der dadurch verursachten Verspätung eine Aufhebung der Ruhezeitregelungen. Fahrer sollen länger als neun Stunden am Tag unterwegs sein dürfen. "Je mehr, desto besser", sagte Peter Tropper, Geschäftsführer des Wirtschaftskammerfachverbands für das Güterbeförderungsgewerbe, zur APA. Eine täglich erlaubte Fahrzeit von elf oder zwölf Stunden würden den Frächtern helfen. Auch das Wochenendfahrverbot - derzeit von Samstag, 15 Uhr bis Sonntag, 22 Uhr - will Tropper vorübergehend aufgehoben wissen. Bei "außergewöhnlichen Situationen" gebe es europarechtlich die Möglichkeit, die Lenk- und Ruhezeitenbestimmungen temporär zu lockern. Für die Busunternehmen, die ja auch Flüchtlinge transportieren - habe das das Verkehrsministerium bereits getan.

Millionenschwere Zusatzkosten

Die Transporteure wollen außerdem auf das niederrangige Straßennetz ausweichen. Momentan sei der Transitverkehr "durch weit über 100 regionale Fahrverbote auf das hochrangige Straßennetz gezwungen", so Tropper. Sprich, Transit-Lkw dürfen in der Regel nicht auf der Bundesstraße fahren, sondern müssen auf die Autobahn. Dort aber staut es sich gewaltig. Für die Transporteure bedeutet dies Zusatzkosten von 2,48 Millionen Euro pro Werktag, wie die Transportsparte in der Wirtschaftskammer ausgerechnet hat. Basis für die Berechnung waren die durchschnittlichen Frequenzzahlen der staatlichen Autobahngesellschaft Asfinag im Jahr 2014 für drei Grenzübergänge nach Deutschland (Stuben, Kufstein, Walserberg, jeweils in Fahrtrichtung Deutschland) sowie für den Grenzübergang Nickelsdorf (Fahrtrichtung Wien), erklärte Spartengeschäftsführer Erik Wolf der APA. Das sei noch eine konservative Schätzung, denn würde man beide Fahrtrichtungen berücksichtigen und von einer längeren Wartezeit ausgehen, würden sich die Kosten "potenzieren".

Im Stau stehende Lkw ziehen für die Transportunternehmer einen "Rattenschwanz an Problemen" nach sich, wie Tropper erklärte. Zu den zusätzlichen Fahrzeug- und Personalkosten kommen etwa Strafzahlungen für verspätete Lieferungen. In der Regel schließen Spediteure mit ihren Kunden Termingeschäfte ab: Wenn die Ware bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht geliefert wird, zahlen die Kunden weniger. Wenn dann auch noch Kühlgut an Bord verdirbt oder die Fahrer ihre Anschlussfähre Richtung Skandinavien oder Großbritannien verpassen, ist das für die Unternehmer mit zusätzlichen Mehrkosten verbunden. Die Stimmung in der Transportbranche ist ohnehin zurzeit eher getrübt.

Die Transporteure gehen davon aus, dass sie eine Staustunde pro Lkw 50 Euro kostet. In der Verkehrswissenschaft rechnet man dagegen nur mit 30 Euro, wie Wifo-Experte Stefan Schönfelder zur APA sagte. Es handelt sich dabei um einen sogenannten Zeitwert, der zum Beispiel zur Anwendung kommt, wenn eine neue Straße gebaut werden soll: Wie viel Zeit gewinnen Reisende? Auch der Berechnungen von Staukosten liegen solche Zeitkostensätze, also was eine Reisestunde wert ist - zugrunde. Der angenommene Zeitwert für Lkw ist mit 30 Euro vergleichsweise hoch: im Personenverkehr sind es nur acht Euro. Zudem ist die Reisezeit eines Geschäftsreisenden in der Volkswirtschaft mehr "wert" als jene in der Freizeit. Diese Rechnungen mit der Flüchtlingskrise in Verbindung zu bringen, halten Wissenschafter aber für problematisch. (apa)