Wirtschaft Steiermark 2024 : Steirischer Arbeitsmarkt: Eigentlich doch gar keine Krise?

Peggau bei Graz. Die Steiermark erlebt 2024 eine Flaute am Arbeitsmarkt.

Flaute am Arbeitsmarkt oder echte Krise?

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Herr Snobe, der steirische Arbeitsmarkt hat in den vergangenen Monaten die schwache Konjunktur deutlich zu spüren bekommen. Welche Entwicklung erwarten Sie für die kommenden Monate?

Karl-Heinz Snobe:
Es ist leider tatsächlich so, dass wir eine Flaute am Arbeitsmarkt haben, es fehlt der konjunkturelle Rückenwind. Das hängt unter anderem mit der Gewichtung des Industriebereichs zusammen. Wir bekommen einige Frühwarnmeldungen herein – und zwar nicht nur aus dem Automotive-Bereich. Auch die Holz- und Metallindustrie sowie die Bauwirtschaft sind in einer schwierigen Situation.


Wann sehen Sie Licht am Ende des Tunnels?


Snobe:
Eins vorweg: Trotz der aktuellen Situation sind wir weit weg von einer Krise. Wir rechnen im Juni mit um die 30.000 arbeitslos gemeldeten Menschen, das ist im langjährigen Vergleich noch immer ein niedriger Wert. Aber zurück zu Ihrer Frage: Ich hoffe, dass sich die Lage im zweiten Halbjahr beziehungsweise spätestens Ende des Jahres stabilisiert.


Weil die Konjunktur dann wieder an Fahrt aufnehmen soll?


Snobe:
Das ist ein Grund. Wir hoffen aber auch, dass sich durch den Rückgang der Inflation und die erwarteten Zinssenkungen die Stimmung aufhellen wird. Eine gewisse Rolle spielen auch die Wahlen: In Zeiten des Wahlkampfs malen Interessenverbände oft schwärzer als die Lage tatsächlich ist.

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Rat an Beschäftigte und Unternehmen in Steiermark

Kommen wir zurück in die Gegenwart: Was raten Sie Unternehmen in der derzeitigen Situation?

Snobe:
Betrieben rate ich dazu, soweit es geht, Fachkräfte zu halten oder sich rechtzeitig nach diesen umzuschauen. Denn der nächste Aufschwung kommt bestimmt. Daher sollten sie sich auch einmal die Altersstruktur ihrer Mitarbeiter anschauen: Die demografische Keule ist die größte Hürde für das Wachstum. Die Pensionierungswelle rollt, der Höhepunkt steht aber erst bevor. Gleichzeitig kommen weniger Arbeitskräfte nach. In der Steiermark beispielsweise gehen doppelt so viele Menschen in Pension als aus dem Bildungssystem auf den Arbeitsmarkt kommen.


Das heißt, der Personalmangel wird sich weiter verschärfen...


Snobe:
Ja. Noch funktioniert der Arbeitsmarkt dank des Zuzugs und vorhandener Reserven.


Was raten Sie Beschäftigten?


Snobe:
Diese sollten, genauso wie Unternehmen, gerade jetzt an Weiterbildungsmaßnahmen denken. Für Upskilling, also den Aufbau weiterer Kompetenzen, gibt es sogar Förderungen. Das AMS kann 50 Prozent der Ausbildungskosten übernehmen und in bestimmten Fällen auch 50 Prozent der Lohnkosten während der Weiterbildungszeit.

Karl-Heinz Snobe, Geschäftsführer des AMS Steiermark, sieht keine Krise am Arbeitsmarkt, sondern nur eine vorübergehende Flaute.
Karl-Heinz Snobe sieht keine Krise am Arbeitsmarkt, sondern nur eine vorübergehende Flaute. - © Foto Fischer

Weiterbildung als Trumpf

Warum ist Weiterbildung so wichtig?

Snobe:
Menschen mit austauschbarer Qualität, also angelernte Arbeitskräfte und solche mit einem schlechten oder gar keinen Lehrabschluss, sind von der Arbeitslosigkeit am stärksten betroffen. Die Hälfte unserer Arbeitslosen hat maximal Pflichtschulabschluss. Besser beziehungsweise hoch qualifizierte Mitarbeitende werden somit so lang als möglich gehalten. Die Weiterbildung von Mitarbeitern ist aber auch eine gute Maßnahme, um dem Fachkräftemangel zu begegnen und für den nächsten Aufschwung gerüstet zu sein.


Sie haben zuvor die Wahlen erwähnt – was würden Sie sich von der neuen Bundesregierung wünschen?


Snobe:
Ein Wunsch wäre eine Änderung der geringfügigen Beschäftigung während der Arbeitslosigkeit. Sinnvoll wäre, diese zeitlich zu begrenzen und festzulegen, wie lang man bei einem Dienstgeber geringfügig beschäftigt werden kann. Schön wären auch eine bessere Organisation der berufsbegleitenden Weiterbildung, beispielsweise in Gestalt einer dafür zuständigen Stelle, sowie eine Reform der Bildungskarenz. Nicht zuletzt sollte das AMS nicht weiter ausgehungert werden.