Wahlen 2024 Österreich : Landeshauptmann Drexler: „Die Sturheit der Steiermark wird man in Wien noch kennen lernen“

Steirischer Landeshauptmann Christopher Drexler: "Wir suchen bewusst die enge Zusammenarbeit mit unseren Nachbarregionen."

Steirischer Landeshauptmann Christopher Drexler: "Wir suchen bewusst die enge Zusammenarbeit mit unseren Nachbarregionen."

- © Marija Kanizaj

Ams OSRAM hat erst kürzlich ein großes Investment in den Standort Steiermark angekündigt. Green-Tech, Mikroelektronik und Automotive sind die wirtschaftlichen Schwerpunkte der Steiermark geworden. Wie wollen Sie die wirtschaftliche Zukunft der Steiermark gestalten? Welche Vision haben Sie?


Landeshauptmann Christopher Drexler:
Die Steiermark ist das größte Chancenland Österreichs. Daher gilt es auch, diese Chancen und Potentiale, die in der Steiermark liegen, bestmöglich zu nutzen. Um unsere Stärken noch besser hervorzuheben und sie auch national wie international noch sichtbarer zu machen, suchen wir bewusst die enge Zusammenarbeit mit unseren Nachbarregionen. Allen voran möchte ich hier unser Nachbarbundesland Kärnten hervorheben. Mit der Kärntner Landesregierung arbeiten wir – sogar in gemeinsamen Regierungssitzungen – daran, den Süden Österreichs als attraktiven und dynamischen Wirtschafts- und Lebensraum zu gestalten. Diese enge steirisch-kärntnerische Achse dient dazu, unserer Region im zunehmenden globalen Wettbewerb noch mehr Strahlkraft zu verleihen.


Trotz vieler Erfolge herrscht ein schwieriges Wirtschaftliches Umfeld. Kündigungen bei MAGNA und AVL trüben vor allem die Autobranche in der Steiermark. Welche Antworten braucht das Autoland Steiermark, um den Standort abzusichern und welche Weichenstellungen muss man in der Mobilitätswirtschaft machen?



LH Drexler:
Die Automobilindustrie ist ohne Zweifel ein absoluter Schlüsselzweig für die Wirtschaft in der Steiermark, an der viele tausende Arbeitsplätze hängen. Daher ist für mich ein kompromissloses Verbot des Verbrennermotors auf EU-Ebene unverständlich. Denn das bewirkt nicht, dass weniger Verbrenner produziert werden – sie werden nur wo anders produziert. Es braucht hier keine sturen Verbote, sondern ein klares Bekenntnis zur Technologieoffenheit, für das ich mich auch weiterhin vehement einsetzen werde. Hier braucht es definitiv mehr Planungssicherheit!

Aber natürlich ist die Transformation des Mobilitätssektors in vollem Gange, die uns auch vor neue Herausforderungen stellt. Deshalb ist es umso wichtiger, die Mobilitätsbranche in ihrer Gesamtheit zu betrachten. So haben wir auch boomende Bereiche, wie den Bahnsektor und die Luftfahrt, in denen die Unternehmen offene Stellen aufweisen. Aufgrund dessen werden etwa aktuell im Zusammenhang mit den angesprochenen Stellenkürzungen bei Magna sämtliche offenen Stellen in der Mobilitätsbranche erhoben, um möglichst viele Magna-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Branche zu halten.

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  • Steirischer Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP)
    Ein kompromissloses Verbot des Verbrennermotors auf EU-Ebene ist für mich unverständlich.

    Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP)

Infrastrukturprojekte, Ausbau Erneuerbare Energien

Die Koralmbahn zeigt uns eindrucksvoll, was Infrastrukturprojekte bzgl. Wertschöpfung bewirken können. S7, A9-Ausbau sowie die Pyhrn-Schober Achse sind weitere wichtige Infrastrukturprojekte: Wie kann man diese Projekte beschleunigen und wo wollen Sie den Fokus legen?


LH Drexler:
Die Koralmbahn kann ohne jegliche Übertreibung als Jahrhundertprojekt bezeichnet werden, das für die heimische Wirtschaft enorme Chancen mit sich bringt. Gleichzeitig ist aber auch klar, dass es damit mit Investitionen in die steirische Infrastruktur nicht getan ist und es auch abseits dieser Hauptverkehrsader einen Ausbau unserer Infrastruktur benötigt.


Insbesondere der dreispurige Ausbau der A9 im Süden von Graz hat für die Steiermark eine große Priorität, da diese Autobahn zusehends überlastet ist – was uns eine wissenschaftlichen Studie bestätigt. Dieser Umstand ist eine große Belastung, nicht nur für die Tausenden Pendlerinnen und Pendler, sondern auch für die Bewohnerinnen und Bewohner der Umlandgemeinden, in die sich der Verkehr verlagert. Und natürlich auch für die Wirtschaft. Gerade das Cargo Center Graz hat eine wichtige Funktion als internationale Logistik-Drehscheibe und bei der Verlagerung der Gütertransporte von der Straße auf die Schiene. Dafür braucht es aber auch entsprechende Straßen-Anschlüsse. Wir werden daher in Bezug auf den dreispurigen Ausbau gegenüber Verkehrsministerin Gewessler nicht lockerlassen. Hier wird man die Sturheit der Steiermark in Wien noch kennen lernen!


Sie haben sich auch dem Klimaschutz verschrieben, vor allem der Energiewende. Wird es den Ausbauturbo für die Steiermark geben?



LH Drexler:
Wir haben uns in der Landesregierung auf einen klaren steirischen Beitrag zum Klimaschutz und einem ambitionierten Plan zum Ausbau der Erneuerbaren Energien verständigt. Mit dem im letzten Jahr beschlossenen Sachprogramm Photovoltaik wurden etwa sogenannte Vorrangzonen für die Photovoltaik eingeführt, die zur Beschleunigung des Ausbaus der Sonnenenergie beitragen. Gleichzeitig arbeiten wir auch an einem Ausbau der Windenergie, optimieren die Wasserkraft und geben ein klares Bekenntnis für die Biomasse ab. Kurzum: wir setzen alles daran, den Ausbau der Erneuerbaren Energie auf allen Ebenen voranzutreiben.

Dass ich mir die KPÖ nicht unbedingt vorstellen kann, brauche ich nicht extra dazuzusagen.
LH Drexler

Raumordnung, Koalitionspläne

Ein heikles Thema für die Steirische Volkspartei bleibt die Raumordnung. Infrastruktur, Energiewende und Betriebe brauchen Platz. Die Steiermark hat aber schon den höchsten Flächenverbrauch aller Bundesländer. Welche Akzente wollen Sie in der Raumordnung setzen, damit z.B. wertvolle landwirtschaftliche Flächen nicht weiter verloren gehen?


LH Drexler:
Mit einer Novelle des Raumordnungsgesetzes hat die Steiermark vor zwei Jahren mehrere Maßnahmen umgesetzt, um die Versiegelung einzudämmen und wichtige Schritte gegen den Flächenverbrauch zu unternehmen. Gleichzeitig haben wir uns in der letzten Regierungsklausur auf eine große steirische Wohnraumoffensive verständigt, die unter anderem einen starken Fokus auf die Gebäudesanierung legt, damit alte Bausubstanz attraktiviert und Neubauten zum Teil vermieden werden können. Denn es ist klar, dass wir die wertvolle Ressource Boden schützen und sorgsam mit ihr umgehen müssen.

Aber mir ist schon wichtig aufzuzeigen, dass nicht jeder Neubau unbedingt schlecht sein muss. Schon allein aufgrund des Bevölkerungswachstums brauchen wir mehr Wohnraum – und der braucht naturgemäß auch Fläche. Zudem verbrauchen auch die großen Infrastrukturprojekte im Bahnbereich wie die Semmeringbahn oder die Koralmbahn große Flächen und sind dennoch maßgeblich für die Entwicklung unseres Landes und unseren Beitrag zum Klimaschutz.


Politische Zusammenarbeit wird von Ihnen großgeschrieben. In der Steiermark funktioniert die Große Koalition noch sehr gut. Doch laut Umfragen gibt es ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Wie sehen Ihre Koalitionspläne aus, wenn sich eine Zweierkoalition nicht mehr ausgehen sollte: Holen Sie dann die GRÜNEN oder die NEOS ins Boot?



LH Drexler:
Ich hoffe erstens, dass wir als Erster durchs Ziel gehen. Ich hoffe zweitens, dass wir mit dem Regierungspartner eine Mehrheit im Landtag haben. Wenn es notwendig ist, wird es aber einen dritten Partner brauchen. Aber ich glaube, das ist der unwahrscheinlichere Fall. Wenn es so ist, müssen wir gemeinsam Gespräche mit allen im Landtag vertretenen Parteien führen. Dass ich mir die KPÖ nicht unbedingt vorstellen kann, brauche ich nicht extra dazuzusagen.

LH Drexler zu Besuch im Hafen von Koper, der wichtigste Adriahafen für die Logistik-Drehscheibe Steiermark.

- © Land Steiermark

Internationale Kooperationen, Nationalstadion

Thema Europa: Es ist selbst für die Landespolitik unerlässlich geworden, überregional zu denken. Wie sehen Sie die Steiermark in Europa derzeit verortet und wie wollen Sie eine überregionale Kooperation mit unseren europäischen Nachbarn stärkten? Stichwort: Achse Graz-Marburg etc.


LH Drexler:
Die Steiermark, das kann man ruhigen Gewissens behaupten, lebt die internationale Zusammenarbeit und sucht die enge Kooperation mit den europäischen Nachbarn. Ein Beispiel von vielen ist mit Sicherheit unsere enge partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Slowenien, was man gut am Ausbau des Schienennetzes von Graz nach Slowenien und die Kooperation zwischen dem Cargo Center Graz und dem Hafen in Koper erkennen kann. Hier geht es darum, diese für unsere beiden Länder wichtige Güterverbindung auszubauen und so die daraus entstehenden Potentiale für unsere Wirtschaft und damit auch für viele Arbeitsplätze bestens zu nutzen.



Abschlussfrage Nationalstadion. Wie könnte die Steiermark davon wirtschaftlich Profitieren. Könnte es einen Red-Bull-Ring Effekt geben?



LH Drexler:
Ich bin mir sicher, dass ein Nationalstadion in der Steiermark auch für die Wirtschaft und die Wertschöpfung im Land äußerst positive Effekte hätte. Die Nutzung einer solchen Multifunktionsarena wäre ja keineswegs auf den Fußball beschränkt, sondern würde sich auch gut als Austragungsstätte von Konzerten und anderen Veranstaltungen anbieten. Wir haben im Süden von Graz einen der größten Konzertveranstalter und könnten daher auch in diesem Sinne eine international taugliche Veranstaltungslocation mit einem Konzertschwerpunkt und großer Strahlkraft weit in den Süden Europas gut gebrauchen. Ich erwarte mir von dieser Initiative, dass dadurch nicht nur sportliche, sondern auch wesentliche wirtschaftliche und kulturelle Impulse für die Steiermark entstehen. Aus diesem Grund planen wir auch, eine Wirtschaftlichkeits- und Wertschöpfungsstudie in Auftrag zu geben, um klar aufzuzeigen, welchen positiven Effekt ein Nationalstadion für die steirische Wirtschaft hätte.