Zwischen Skepsis und hoher Nachfrage : Kommt die große Trendwende in der Elektromobilität?

Elektroauto in der Produktion: eine Tesla Gigafactory in den USA

Tesla Gigafactory in den USA

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Obwohl die Eckpfeiler der Initiative bereits seit Herbst 2022 bekannt sind, war der Beschluss der EU zum „Verbrennerverbot“ am 28. März 2023 ein Paukenschlag.

Das lag nicht zuletzt daran, dass der endgültige Beschluss bereits von dem abwich, was der einige Wochen zuvor vom EU- Parlament verabschiedete Vorschlag der EU- Kommission beinhaltete. Denn in diesen paar Wochen hatte vor allem die deutsche Bundesregierung darauf gedrängt, eine Ausnahme für klimaneutrale, synthetisch hergestellte Kraftstoffe, die E-Fuels, zuzulassen.

Doch selbst dieser Kompromiss ging einigen nicht weit genug. So ließ die Regierung Polens im vergangenen Sommer verlauten, gegen das Verbot, Verbrenner ab 2035 zulassen zu dürfen, vor dem Europäischen Gerichtshof vorgehen zu wollen. Ob dieses Vorhaben weiterverfolgt wird, ist unklar, da jene polnische Regierung nicht mehr im Amt ist, jedoch könnten weitere Mitgliedsstaaten diesem Beispiel folgen.

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E-Fahrzeuge haben auch bei Großkunden an Attraktivität eingebüßt, vor allem jene der Marke Tesla.

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Biden bremst

Am Rande der Vorwahlen hat sich auch US- Präsident Joe Biden Mitte Februar zur Verkehrswende geäußert. So berichtete die „New York Times“, dass künftig weniger scharfe Grenzwerte für Abgase geplant seien und den Herstellern mehr Zeit eingeräumt werden solle, ihren Absatz von Elektrofahrzeugen anzukurbeln.

Aktuelle Pläne sehen vor, dass der Anteil an Stromern bis 2032 67 Prozent der Neuwagenverkäufe betragen soll. Führende Größen der US- Automobilwirtschaft warnten daraufhin, dass ein rascher Umstieg zu emissionsfreier Mobilität sowohl Arbeitsplätze kosten wie als auch zur finanziellen Überbelastung der Kunden werden könnte. Zudem wird auch mehr Zeit zum Ausbau der Ladeinfrastruktur eingemahnt.

Die großen US- Hersteller präferieren einen moderateren Zielwert von 50 Prozent der Neuwagenverkäufe bis 2030, Tesla hingegen wünscht sich höhere Vorgaben von 69 Prozent bis 2032 und 100 Prozent bis 2035. Ambitioniert ist jeder dieser Werte, da der E-Auto-Anteil aktuell weniger als acht Prozent beträgt. Dieser Schwenk Bidens mag auf den ersten Blick verwundern, da er zu Beginn seiner Amtszeit viele politische Maßnahmen seines Vorgängers Donald Trump wieder rückgängig zu machen versuchte, so auch jene zum Umweltschutz.

Prominentestes Beispiel hierfür war, dass die Vereinigten Staaten nur Stunden nach dem Amtsantritt Bidens wieder Teil des Pariser Klimaschutzabkommens wurden. Bei der Wahl Anfang November wird es bekanntlich zur Neuauflage des Duells Biden gegen Trump kommen. Ein Grund für den Meinungsumschwung Bidens ist daher sehr wahrscheinlich politisches Kalkül, denn der ehemalige Präsident und nunmehrige Herausforderer Trump gilt als Gegner der Elektromobilität.

Mit SAP, Sixt und Hertz entschieden drei große Player, keine Teslas mehr in ihrem Fuhrpark haben zu wollen.

Verbrenner- Aus auf der Kippe?

Ebenso überraschend war auch das Statement von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum Verbrenner- Aus. Sie betonte, nur Tage nach US- Präsident Biden, dass die von der EU getroffene Entscheidung 2026 überprüft werde. Diese Evaluierung sei aus ihrer Sicht „sehr wichtig“, um sowohl Technologieoffenheit als auch Wahlmöglichkeiten für Verbraucher zu gewährleisten.

Dass von der Leyen diese Aussage wenige Monate vor den Wahlen zum Europäischen Parlament tätigt, bei der sie als Spitzenkandidatin der Europäischen Volkspartei antritt, ist insofern überraschend, weil der „Green Deal“ oder auch „Fit for 55“- Paket, mit dem die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent verglichen mit dem Stand von 1990 gesenkt werden sollen, mit Sicherheit das Leuchtturmprojekt der aktuellen Europäischen Kommission ist, an deren Spitze sie seit 2019 steht.

Joe Biden will weniger scharfe Grenzwerte für Abgase und mehr Zeit für Hersteller, ihren Absatz von Elektrofahrzeugen anzukurbeln.

Tesla unter Druck

E-Fahrzeuge haben auch bei Großkunden an Attraktivität eingebüßt, vor allem jene der Marke Tesla. So erklärten mit SAP, Sixt und Hertz drei große Player, keine Teslas mehr in ihrem Fuhrpark haben zu wollen. Hauptargument für diese Entscheidung war die Preispolitik des von Elon Musk gegründeten Unternehmens im vergangenen Jahr.

Aufgrund sinkender Verkaufszahlen hatte Tesla immer wieder die Preise gesenkt, was sich beträchtlich auf den Wiederverkaufswert auswirkte und auch die Mitbewerber auf den Plan rief, in die Rabattschlacht einzusteigen. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland erstmals mehr Firmenwagen als Privatfahrzeuge zugelassen, was die Größe und Wichtigkeit dieser Sparte unterstreicht.

Zudem erfolgte die Entscheidung just nach dem Jahr, indem mit dem Model Y ein Tesla das meistverkaufte Auto weltweit war.

Mercedes überdenkt Strategie

Die Euphorie scheint auch bei manchem Hersteller abgeflaut zu sein. So rief Mercedes Konzernchef Ola Källenius im Juli 2021 noch „Electric only“ als Strategie aus, wenn auch mit dem Zusatz, sofern es die Marktbedingungen zulassen. Diese Richtung bekräftigte er auch nach der Ausnahmeregelung für E-Fuels durch die EU 2023.

Ende Februar rechnete der Chef des Konzerns aus Stuttgart nur noch mit einem gemeinsamen E-Auto- und Hybridanteil von 50 Prozent der verkauften Fahrzeuge bis 2030. „Das Tempo der Transformation bestimmen die Marktbedingungen und die Wünsche der Kunden“, erklärte Mercedes diesbezüglich gegenüber der Tagesschau.

Diese Entwicklung spielt Konkurrent Toyota in die Hände. Mit einem E-Auto-Anteil von weniger als einem Prozent, aber einem Hybridanteil von mehr als 30 Prozent des Absatzes, rechnet der Hybridpionier aus Japan mit einem satten Jahresgewinn von 31 Milliarden Euro im ablaufenden Geschäftsjahr.

„Das Tempo der Transformation bestimmen die Marktbedingungen und die Wünsche der Kunden“, erklärte Mercedes.

Sattes Plus für E-Autos

2024 wird für die Elektromobilität ein Schlüsseljahr werden. Richtungsweisend werden mit Sicherheit die Wahlen in den USA, zum Europäischen Parlament aber auch die in Österreich werden. Ebenso entscheidend ist das Kaufverhalten der Konsumenten. Waren laut Erhebungen der internationalen Energieagentur IEA 2020 noch vier Prozent aller Neuwagen mit Elektroantrieb ausgestattet, war es 2023 bereits jeder Fünfte.

Das zeigt sich auch in Österreich. So wurden 2023 im Vergleich zu 2022 24,9 Prozent mehr Hybride zugelassen, bei E-Autos fiel das Plus mit 39,4 Prozent sogar noch deutlicher aus. Auch wurden im vergangenen Jahr erstmals in Österreich mehr E-Autos als Fahrzeuge mit Dieselmotor zugelassen. Zudem soll sich das Angebot an E-Autos 2024 stark erweitern, vor allem in der Kompaktklasse, und die Käufer werden sich über größere Rabatte freuen.

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