Analyse : Was bedeutet der US-Verzicht auf russisches Erdöl für Österreichs Industrie?

Joe Biden, Präsident USA

Joe Biden: Sein Verzicht auf russisches Erdöl hilft Österreich wenig.

- © Jim Lo Scalzo/dpa

Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine haben die USA ein Importverbot für Rohöl aus Russland erlassen. Das von den USA nicht bezogene russische Öl könnte daher, zumindest theoretisch, für den europäischen Markt zur Verfügung stehen. Immerhin haben die USa zuletzt aus Russland pro Tag 672.000 Barrel je 159 Liter bezogen.

Denn anders als Großbritannien scheint sich die EU dem Vorstoß der USA vorerst nicht anschließen zu wollen. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck hat sich jedenfalls vehement gegen ein Ölimportverbot aus Russland ausgesprochen und warnte vor schweren Schäden für die deutsche Wirtschaft und steigenden Preisen für die Verbraucher.

Auch in Österreich ist die Stimmung gegen einen kurzfristigen Verzicht auf Energielieferungen. Schon die mittelfristigen Vorhaben, sich vom rusichen Gas unabhängig zu machen bezeichnete der österreichische Energieregulator E-Control als "extrem ambitioniert". So gut die Grundidee sei, "für die Umsetzung braucht es wohl mehr Zeit", findet etwa Vorstandsdirektor Wolfgang Urbantschitsch Sogar Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) meint, von heute auf morgen könne die Abhängigkeit nicht beendet werden.

Österreich braucht Gas, nicht Erdöl

Die Hoffnung, mit dem in den USA frei gewordenen russichen Erdöl, die Versorgung der österreichischen Industrie mit Energie zu verbessern, kann aber dennoch nicht aufgehen. Denn anders als bei Erdgas bezieht Österreich nur sehr wenig Öl aus Russland. Laut dem Fachverband der Mineralölindustrie (FVMI) trägt Russland nur 9,9 Prozent zu den österreichischen Erdölimporten bei. Der Großteil des österreichischen Erdöls stammt aus Kasachstan (36,6 Prozent), gefolgt vom Irak mit 15,0 Prozent. Aus Russland wurden 2020 740.000 Tonnen Erdöl importiert.

Bei Erdgas stammen hingegen rund 80 Prozent der Importe aus Russland. Zwar wollen die USA in Zukunft auch auf russiches Erdgas verzichten, doch auf den Weltmarkt wird sich das kaum auswirken. Denn die USA haben schon bisher fast ausschließlich selbst produziertes Erdgas genutzt und kaum aus Russland importiert.

Druck in Richtung Importverbote

Nicht ganz ausgeschlossen scheint es hingegen, dass der Druck auf die EU zunehmen wird, selbst in Richtung Importverbote oder zumindest Einschränkungen zu gehen. Auch, wenn Joe Biden das voererst nicht fordert. Biden sagte zwar, die Maßnahme sei mit europäischen Verbündeten abgestimmt. Man wisse aber, "dass viele unserer europäischen Verbündeten und Partner möglicherweise nicht in der Lage sind, sich uns anzuschließen", fügte er hinzu. "Wir können also diesen Schritt unternehmen, wenn andere es nicht können. Aber wir arbeiten eng mit Europa und unseren Partnern zusammen, um eine langfristige Strategie zu entwickeln, die auch ihre Abhängigkeit von russischer Energie verringert."

Das kann allerdings noch dauern. Der dänische Energieversorger Ørsted zum Beispiel kommt aus seinem aktuellen Gasabnahmevertrag mit dem russischen Staatskonzern Gazprom gar nicht heraus, obwohl er das möchte. Wie das Unternehmen mitteilte, ist es 2006 einen langfristigen, im Jahr 2030 auslaufenden Vertrag mit Gazprom Export eingegangen.

"Der Vertrag kann zu diesem Zeitpunkt nicht gekündigt werden. Der Vertrag wird nicht verlängert", hieß es dazu in einer Konzernmitteilung. Bis dahin werde man die vertraglich vereinbarte Mindestmenge an Erdgas abnehmen.

Nach Angaben von Anfang März sind das bis zu zwei Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr von Gazprom - die Menge entspricht knapp einem Viertel des jährlichen Erdgasverbrauchs Österreichs, der zu rund vier Fünftel durch Russen-Gas gedeckt wird.

Globale Verschiebungen im Öl-Strom

Der Ukraine-Konflikt machte zuletzt auch vor ungewöhnlichen diplomatischen Annäherungen nicht Halt. So traf am Wochenende erstmals seit Jahren wieder eine offizielle US-Delegation in der venezolanischen Hauptstadt Caracas ein. Venezuela, zuletzt eines der am meisten sanktionierten Länder der Erde, soll in Energiefragen in die Allianz des Westens eingebunden werden. Die Verschiebung der globalen Handelsströme von Öl und Gas bekommt auch China zu spüren. Das Land, das sich bisher hinter die Russische Invasion in die Ukraine gestellt hat, hat das Importverbot der USA für Öl, Gas und Kohle aus Russland als Reaktion auf den Ukraine-Krieg kritisiert.

Ein Importverbot werde den betroffenen Ländern nur große Schwierigkeiten für die Wirtschaft und das Wohlergehen der Menschen bereiten. "Jeder verliert durch dieses Szenario, und Sanktionen verstärken nur die Spaltung und Konfrontation." China und Russland unterhielten eine gute Zusammenarbeit im Energiebereich. "Wir werden die normale Handelskooperation fortsetzen", sagte der Sprecher.

Er äußerte sich auch zu eventuellen Strafaktionen der USA, falls sich chinesische Banken und Unternehmen nicht an die zuvor verhängten anderen Sanktionen hielten: China werde "alle notwendigen Maßnahmen" ergreifen, um entschlossen die legitimen Interessen chinesischer Unternehmen und Personen zu verteidigen.

China lehne alle einseitigen Sanktionen und eine Ausweitung der Jurisdiktion der US-Seite über amerikanisches Territorium hinaus ab, sagte Zhao Lijian. Im Umgang mit der Ukraine-Frage und Russland sollten die USA die Besorgnisse Chinas ernst nehmen und vermeiden, Rechte und Interessen Chinas zu untergraben.