Energieversorgung : Europa sucht mit Hochdruck nach einem Ausweg aus der Energiekrise

Pipelines leading the LNG terminal and the LNG tanker

Ersatz für russiches Gas: LNG aus Afrika?

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Die Diskussion darüber, wie Österreichs Industrie zukünftig ihren Energiebedarf decken kann, geht, angesichts des Kriegs in der Ukraine weiter. Während gestern das CESAR-Institut mit einer Analyse an die Öffentlichkeit ging, wonach Österreich russisches Erdgas nicht kurzfristig ersetzen kann, sieht der Energieexperte Florian Haslauer auch einen verstärkten Rückgriff auf fossile Rohstoffe als unvermeidlich an: Es werde zwar mehr Flüssigerdgas als bisher nach Europa kommen, aber es würden künftig statt Gas- auch viel mehr Kohle- und Atomkraftwerke laufen, sagt er: „Wir werden zukünftig eben mehr Atomkraft und mehr Kohlekraft anstatt Gaskraftwerken im Markt haben.“

Österreich könne zwar mit Wasserkraft einen Teil der Grundlastkapazitäten abdecken. Trotzdem sei es aber auf Stromimporte angewiesen. Vor allem in der Industrie sei der Hebel, um den Verbrauch zu senken, ziemlich klein: In nur zehn Prozent der Fälle ist ein Umstieg auf andere Brennstoffe möglich, ohne die Produktion einzuschränken.

Analysten gehen einhellig davon aus, dass die Menge an eingeführtem Flüssigerdgas (LNG) in Europa steigen wird. Momentan macht LNG in Europa bereits ungefähr 25 Prozent aus, es gibt aber Potenzial, den Anteil weiter zu erhöhen. Im ersten Schritt könnten die Kapazitäten besser genutzt werden - in Europa seien die LNG-Terminals nur zu rund der Hälfte ausgelastet. Längerfristig wären dann auch mehr Schiffskapazitäten nötig.

Rettungsanker Afrika?

Aus Deutschland kommt nun die Idee, verstärkt auf Afrika in der Stromversorgung zu setzen. „Kurzfristig können und wollen afrikanische Länder wie Algerien, Ägypten, Nigeria und Angola Gas nach Europa liefern, um unsere Abhängigkeit von russischen Importen verringern", sagte etwa der Vorsitzende des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft, Stefan Liebing. "Algerien liefert bereits zuverlässig Erdgas nach Südeuropa und hat in den letzten Tagen angekündigt, die Liefermenge kurzfristig auch erhöhen zu können." Über die 750 Kilometer lange Medgaz-Pipeline, die gerade erweitert werde, fließe das algerische Gas unter dem Mittelmeer bereits in die EU.

Auch Ägypten, Nigeria und Angola seien Produzenten von LNG und wären in der Lage, mehr Flüssiggas nach Europa zu exportieren. "Dafür braucht es auch gar keine Flüssiggasterminals in Deutschland, denn es gibt schon jetzt insgesamt 20 solcher Terminals in Europa", sagte Liebing. Zusammen könnten diese vier afrikanischen Länder einen signifikanten Beitrag zur Versorgungssicherheit Deutschlands und Europas mit Erdgas leisten und die Abhängigkeit von Importen aus Russland senken.

IEA vorsichtig optimistisch

Einen vorsichtig optimistischen Ausblick liefert nun auch die Internationalen Energieagentur (IEA). Ihr zufolge kann seine Importe von russischem Gas innerhalb eines Jahres um mehr als ein Drittel reduzieren. Die IEA kündigte dazu einen Zehn-Punkte-Plan an. "Niemand gibt sich mehr Illusionen hin. Dass Russland seine Erdgasressourcen als wirtschaftliche und politische Waffe einsetzt, zeigt, dass Europa schnell handeln muss, um für den nächsten Winter auf erhebliche Unsicherheiten bei den russischen Gaslieferungen vorbereitet zu sein", erklärt IEA-Chef Fatih Birol. Die in Paris ansässige IEA koordiniert die Energiepolitik der Industrieländer.

Die EU bezieht rund 40 Prozent ihrer Erdgaslieferungen aus Russland. Zwar sind die Lieferungen trotz der Sanktionen und Spannungen nach der russischen Invasion in die Ukraine noch stabil geblieben. Die Preise sind aber wegen der Furcht vor Lieferausfällen in die Rekordhöhen geschossen. Es wird befürchtet, dass Russland seine Lieferungen drosseln könnte oder EU-Sanktionen auf die russischen Energieexporte abzielen könnten.