Gas : Russland will weiter Gas nur gegen Rubel nach Europa liefern

Ein großer Gastank nebst Industrieanlage
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"Firmen sollten die veränderten Rahmenbedingungen und die total neue Lage in Rechnung haben, die durch den Wirtschaftskrieg gegen Russland entstanden ist", sagt Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow mit Blick auf westliche Sanktionen. Er bekräftigt, die ausländischen Käufer der fossilen Brennstoffe müssten in Rubel zahlen. Er betont, Russland werde sein Gas nicht umsonst exportieren.

Schon vorige Woche hatte Russlands Präsident Wladimir Putin angekündigt
, dass Moskau künftig nur noch Rubel als Zahlmittel für Gaslieferungen an "unfreundliche" Länder akzeptieren werde - also vor allem EU-Länder. Die G7-Energieminister waren aber eins, die geforderte Zahlung in Rubel für russische Energielieferungen nicht akzeptabel sei. So lehnten sie in einer virtuellen Sonderkonferenz der Energieminister einstimmig eine Begleichung in Rubel ab und sprachen von Vertragsbruch. Man fordere die Unternehmen auf, dem nicht Folge zu leisten, sagte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Die G7-Minister seien sich einig gewesen, dass die Forderungen nach einer Zahlung in Rubel "ein einseitiger und klarer Bruch der bestehenden Verträge" sei, sagte Habeck. Geschlossene Verträge gälten, betroffene Unternehmen müssten vertragstreu sein. "Das heißt also, dass eine Zahlung in Rubel nicht akzeptabel ist." Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz betonte: "Wir haben eine Situation, in der Verträge erfüllt werden müssen."

Russland wiederum machte deutlich: "Wir werden Gas nicht verschenken, das ist klar", sagte der Sprecher des Präsidialamtes Dmitri Peskow. "In unserer Lage ist es kaum möglich und auch nicht angemessen als Wohltäter zu handeln." Präsident Wladimir Putin hatte den staatlichen Gazprom-Konzern angewiesen, bis Donnerstag die Zahlungsmodalitäten auf Rubel umzustellen. Vergangene Woche hatte er angekündigt, Gaslieferungen an "unfreundliche Staaten" nur noch in Rubel abzurechnen. Dies würde die unter Druck geratene russische Währung stützen, weil sich die Importländer Rubel beschaffen müssten.

Die Verträge laufen derzeit fast ausschließlich auf Euro, Dollar oder britische Pfund. Habeck hatte nach Putins Forderung erklärt, er peile eine abgestimmte Haltung der EU dazu an. Beim Gipfel vergangene Woche gab es dazu jedoch keine Erklärung. Deutschland ist mehr noch als andere europäische Staaten auf Lieferungen aus Russland angewiesen, das in vergangenen Jahren mehr als die Hälfte des Bedarfs von dort deckte. Bisher ist unklar, was Putin mit der Forderung bezweckt. Die russische Währung, die unter starkem Druck steht, erholte sich nach Putins Ankündigung zunächst. Vor allem aber müssten Firmen wohl Rubel bei Banken eintauschen, was zu einem Unterlaufen der Sanktionen gegen Institute führen könnte.

Habeck sagte, der Versuch von Putin, die Staatengemeinschaft zu spalten, sei daher offenkundig. "Wir lassen uns nicht spalten, die Antwort der G7-Staaten ist eindeutig. Die Verträge werden eingehalten." Putins Vorgehen zeige, dass er mit dem Rücken zur Wand stehe. "Sonst hätte er diese Forderung nicht erhoben." Auf die Frage nach einem möglichen Lieferboykott vonseiten Russlands, ergänzte er: "Wir sind auf alle Szenarien vorbereitet."

Allerdings hatte Habeck eingeräumt, dass Deutschland zwar bis Jahresende von russischer Kohle und auch Öl unabhängig sein könnte. Bei Gas werde dies aber noch über zwei Jahre dauern. Der deutsche Energieverband BDEW hatte daher und vor dem Hintergrund des Rubel-Streits die Ausrufung der Frühwarnstufe nach dem Gas-Notfall-Plan gefordert und wurde dabei auch von der Grünen-Energie-Expertin Ingrid Nestle unterstützt. Das Wirtschaftsministerium hatte dies zuletzt abgelehnt. "Natürlich müssen wir die Lage aber auch weiterhin genau beobachten", sagte eine Sprecherin am Montag. "Die Bundesregierung ist auf alle Szenarien vorbereitet und jederzeit in der Lage, die notwendigen Schritte einzuleiten, falls nötig und erforderlich."

Der Notfallplan enthält drei Warnstufen, die auch praktisch gleichzeitig ausgerufen werden können. In der höchsten werden Industriebetriebe abgeschaltet, um die Versorgung etwa von Krankenhäusern aber auch Haushalten zu sichern.

Der Chef der deutschen Industriegewerkschaft IGBCE, Michael Vassiliadis, warnte im Deutschlandfunk vor einem solchen Szenario. Das würde nicht nur Hunderttausende Arbeitsplätze gefährden. In der Folge werde es auch an wichtigen Komponenten fehlen, mit denen beispielsweise auch die Energiewende und die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen vorangetrieben werden solle.

Katar kann kurzfristig kein Öl und Gas ersetzen

Das international umworbene Öl- und Gasförderland Katar dämpft in der Zwischenzeit die Erwartungen Österreichs und anderer westlicher Staaten an ein rasches Ende ihrer Abhängigkeit von Lieferungen aus Russland. Er denke nicht, dass Katar unmittelbar helfen könne, sagte Energieminister Saad al-Kaabi auf einer Konferenz in der katarischen Hauptstadt Doha. Niemand könne die russischen Lieferungen derzeit ersetzen.

Der seit rund vier Wochen andauernde Ukraine-Krieg hat in Europa und Deutschland die Sorgen vor Energieengpässen geschürt. Deutschland versucht, sich von russischen Lieferungen unabhängiger zu machen - nicht nur mit Hilfe Katars, sondern auch der USA und anderer Länder. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck war vor einer Woche nach Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate gereist und hatte sich um Gaslieferungen nach Deutschland bemüht. Eine Woche davor war aus dem gleichen Grund schon Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) an der Spitze einer Regierungsdelegation in Doha und Abu Dhabi gewesen.

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Al-Kaabi hatte zuletzt bereits der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gesagt: "Wenn man die Abhängigkeit von Russland oder anderen Ländern verringern will, dann muss man das planen, und es braucht Jahre, bis alles entwickelt wird." Er dämpfte die Erwartungen an die von Habeck ausgerufene Energiepartnerschaft beider Länder. Es gebe zwar den "klaren Willen", künftig Gas nach Deutschland zu liefern, aber einen solchen Deal gebe es noch nicht.

Nach Angaben des deutschen Wirtschaftsministeriums wie auch des Energiekonzerns RWE schreiten die Verhandlungen voran. "Unseres Wissens nach sind die deutschen Unternehmen in sehr guten und konstruktiven Gesprächen mit der katarischen Seite", sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsressorts dem Nachrichtenportal "t-online". Ähnlich äußerte sich eine RWE-Sprecherin: "Dank der politischen Unterstützung sind wir in guten Gesprächen mit unseren katarischen Partnern." Trotzdem wird Deutschland laut einem am Freitag veröffentlichten Papier des Wirtschaftsministeriums wohl noch länger als zwei Jahre russisches Gas benötigen.

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Großhandelspreise für Gas steigen weiter

Der Österreichische Gaspreisindex (ÖGPI) stieg für April gegenüber dem Vormonat um weitere 6,5 Prozent, und das bereits von einem hohen Niveau aus. Auch die Industriellenvereinigung klagt über starke Preissteigerungen und "massive Auswirkungen" für Betriebe. Die Sozialpartner warten indes auf Rückmeldung aus der Bundesregierung zu ihrem letzten Woche präsentierten Forderungspaket zur Eindämmung der Teuerung.

Im Vergleich zum April 2021 legte der ÖGPI um 466 Prozent auf 471,17 Punkte zu. Über die vergangene 12 Monate zählte der Index durchschnittlich 274,86 Punkte, rechnete die Österreichische Energieagentur am Dienstag in einer Aussendung vor. Die Gaspreise hätten sich in den letzten zwei Jahren versiebenfacht, die Strompreise seien auf das Fünffache angestiegen, sagten auch Georg Knill und Peter Mitterbacher, Präsident und Vize der Industriellenvereinigung, den "Oberösterreichischen Nachrichten" am Dienstag. Das habe massive Auswirkungen auf die Ertragslage der Industriebetriebe.

Ein Industriebetrieb erwirtschafte durchschnittlich einen Gewinn von vier Prozent des Umsatzes. "Die steigenden Energiekosten fressen im Durchschnitt jetzt die Hälfte des Gewinns", so Knill. Bei energieintensiven Unternehmen seien die Effekte geradezu dramatisch.

Angesichts dessen warnen Knill und Mitterbauer vor einer zunehmenden Wettbewerbsverzerrung. Während die Strompreise in Österreich 60 Prozent höher seien als vor 20 Jahren, hätte sich in den USA praktisch keine Teuerung eingestellt. Auch in Deutschland sei Strom um bis zu 15 Prozent billiger als hierzulande, so Mitterbauer. Den Wettbewerbsnachteil der österreichischen Volkswirtschaft beim Strom bezifferte Knill mit rund 2 Mrd. Euro.

Die Sozialpartner warten indes auf Rückmeldung zu ihrem letzte Woche präsentierten Forderungspaket zur Eindämmung der Teuerung. "Wir warten auf weitere Gespräche mit der Bundesregierung", hieß es dazu aus Sozialpartner-Kreisen. Den Unternehmens- und Arbeitnehmervertretungen waren die von der Bundesregierung zuvor angekündigten Maßnahmen zur Abfederung der Energiekosten-Explosion nicht weit genug gegangen.

Neben weiteren Entlastungen für private Haushalte, beispielsweise für Niedrigverdiener und Pendler, sieht das Paket unter anderem eine Verlängerung der Kurzarbeit, eine Senkung der Mineralölsteuer (MÖSt) und Unterstützung für die energieintensive Industrie vor. (apa/red)