CO2-Speicherung : RHI Magnesita führt wegweisendes Projekt zur CO2-Speicherung für klimaneutrale Industrie an

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Forschende der Montanuni Leoben analysieren mit Kollegen der Peking University die Möglichkeiten von CCS - als Beispiel dient ein Werk des Festfeuerkonzerns RHI in China.

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Die Erreichung der Klimaneutralität und die damit verbundene Energiewende stellen eine enorme Herausforderung für die Industrie dar. Eine umstrittene Zukunftstechnologie in diesem Bereich ist die CO2-Speicherung im geologischen Untergrund (CCS), die insbesondere für industrielle Prozesse von Bedeutung ist, die schwer auf erneuerbare Energien umgestellt werden können. Forschende der Montanuniversität Leoben untersuchen gemeinsam mit Kollegen der Peking University die Potenziale von CCS, wobei ein Werk des Feuerfestkonzerns RHI Magnesita in China als Beispiel dient.

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Einige industrielle Sektoren können bislang nicht vollständig auf erneuerbare Energien umgestellt werden und werden auch zukünftig CO2-Emissionen verursachen. Dies gilt etwa für die Produktion von Zement und Feuerfestprodukten oder die Müllverbrennung. Eine Möglichkeit, diese unvermeidbaren CO2-Emissionen abzufangen, besteht darin, das CO2 direkt aus der Atmosphäre abzutrennen und anschließend unterirdisch zu speichern (carbon capture and storage, CCS).

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Um den Zugang österreichischer Forschender und Unternehmen im Bereich der Ressourceneffizienz im Energiesektor zu chinesischen Partnern zu verbessern, fördert die nationale Förderagentur FFG ein Leuchtturmprojekt. Dabei soll das Potenzial des geologischen Dekarbonisierungsverfahrens untersucht und aufgezeigt werden, wie die Montanuniversität Leoben am Dienstag informierte. Ein konkretes Ziel ist die Erstellung einer CCS-Roadmap für das Werk der RHI Magnesita Chizhou sowie benachbarte Betriebe in der Provinz Anhui im Osten Chinas. Der Standort von RHI Magnesita umfasst eine große Dolomitmine und Rohstoffproduktion sowie Anlagen zur Herstellung hochwertiger Produkte auf Dolomitbasis. Das Projekt wird insgesamt mit 1,15 Millionen Euro gefördert.

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Zur Erstellung der Roadmap sollen laut Montanuniversität verschiedene Verfahren in Betracht gezogen werden, wie die Mineralisierung von CO2 direkt im Untergrund sowie bereits etablierte Technologien, beispielsweise die Speicherung in erschöpften Kohlenwasserstofflagerstätten oder tiefen, salzwasserführenden porösen Gesteinsschichten. Projektleiter Martin Pischler (RHI Magnesita) und David Misch (Professor für Energy Geosciences, Montanuniversität) sehen in dem Projekt „einen wichtigen Schritt für die zukünftige, internationale Zusammenarbeit im Bereich der CO2-Speicherung“. Die Peking University sei zudem eine der weltweit führenden Universitäten im Bereich der Modellierung von Speicherprozessen.

Umweltorganisationen wie Greenpeace lehnen hingegen die CO2-Speicherung ab. „Man könne heute noch nicht voraussagen, wie lange die CO2-Endlager dicht halten. Besser wäre es, Emissionen zu reduzieren.“

... und in Österreich?

Auch die österreichische Bundesregierung hat sich auf neue Regelungen zur CO2-Speicherung geeinigt. Ende Juni wurde der Leitfaden für den Umgang mit unvermeidbaren CO2-Emissionen, die sogenannte "Carbon Management Strategie" (CMS), beschlossen. Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) betonte: "Als letzte Alternative für die nicht-vermeidbaren Emissionen brauchen wir Möglichkeiten, CO2 unter strengen Sicherheits- und Umweltauflagen zu speichern."

Magnus Brunner (ÖVP), Finanzminister und zuständig für Bergbau und Rohstoffe, unterstrich ähnlich wie Gewessler die Priorität der CO2-Vermeidung. Er ergänzte jedoch, dass auch das Speichern, Transportieren und Wiederverwerten von CO2 ermöglicht werden müsse. Die CMS empfiehlt insbesondere die Zulassung der geologischen Speicherung in Österreich. Obwohl seit 2011 ein CO2-Speicherverbot besteht, setzt die neue Strategie den Rahmen für ein zukünftiges Gesetz, das dieses Verbot aufheben könnte. Eine Gesetzesänderung wird jedoch vor der Wahl Ende September nicht erwartet.

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Unvermeidbare Treibhausgasquellen finden sich sowohl in der Landwirtschaft, mit Methan- und Lachgasemissionen, als auch in der Industrie, etwa bei der Zement- oder Feuerfestproduktion. Diese Emissionen könnten zukünftig geologisch gespeichert (Carbon Capture and Storage/CCS) oder in neuen Produkten gebunden (Carbon Capture and Utilization/CCU) werden. Der Leitfaden behandelt zudem die Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre durch technische oder natur-basierte Methoden (Carbon Dioxide Removal/CDR).

Das Klimaministerium erklärte in einer Mitteilung, dass auch der Weltklimarat (IPCC) die Notwendigkeit von CO2-Abscheidung und -Speicherung zur Erreichung der Pariser Klimaziele anerkennt.

Greenpeace sieht dies kritisch: "Die künstliche Kohlenstoffspeicherung ist ein irreführendes Klimaschutzversprechen und birgt gefährliche Risiken", warnte Greenpeace-Sprecherin Lisa Panhuber. Sie betonte, dass die Langzeitdichtheit der Lagerstätten nicht bewiesen sei, und forderte eine Reduzierung der Emissionen.

Jürgen Streitner, Leiter der Abteilung Umwelt- und Energiepolitik in der Wirtschaftskammer, sprach von einem "Paradigmenwechsel" im Umgang mit CO2: "Es ist sehr erfreulich, dass Österreich seine bisherige Position geändert hat und nun die Abscheidung, Speicherung und Wiederverwendung von CO2 aktiv unterstützt." Er betonte die Notwendigkeit einer CO2-Pipeline-Infrastruktur, da Österreich als Binnenland über wenig Speicherpotenzial verfüge.

Sebastian Spaun, Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie (VÖZ), hob die Dringlichkeit der Infrastrukturentwicklung für ein CO2-Management hervor. Laut VÖZ-Präsident Berthold Kren ist die Zementindustrie in Österreich für 3 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich.

Das ist Carbon Capture and Storage

Carbon Capture and Storage (CCS) gewinnt zunehmend an Bedeutung, da es als essenziell für die Erreichung der globalen Klimaziele betrachtet wird. Diese Technologie bietet der Industrie eine Möglichkeit, ihre CO₂-Emissionen signifikant zu reduzieren und gleichzeitig wirtschaftlich produktiv zu bleiben. CCS umfasst drei Hauptschritte: die Abscheidung, den Transport und die Speicherung von CO₂. Der CO₂-Ausstoß wird direkt an der Quelle, beispielsweise in Kraftwerken oder Industrieanlagen, eingefangen. Dies kann durch verschiedene Verfahren geschehen, darunter die post-combustion (nach der Verbrennung), pre-combustion (vor der Verbrennung) und oxy-fuel combustion (mit reinem Sauerstoff). Das abgeschiedene CO₂ wird dann durch Pipelines oder in flüssiger Form per Schiff oder LKW zu den Speicherorten transportiert. Schließlich wird das CO₂ in unterirdischen geologischen Formationen, wie erschöpften Öl- und Gasfeldern oder tiefen Salzwasser-Aquiferen, gelagert.

Die Industrie ist für einen erheblichen Anteil der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich. Sektoren wie Zementproduktion, Stahlherstellung und Chemieindustrie sind besonders emissionsintensiv und schwer zu dekarbonisieren. CCS bietet hier eine praktikable Lösung, um die CO₂-Belastung zu mindern, ohne die Produktionsprozesse grundlegend zu verändern. Die Europäische Union und viele andere Länder haben sich ehrgeizige Klimaziele gesetzt, die ohne CCS nur schwer zu erreichen wären. Die Integration von CCS in industrielle Prozesse unterstützt die Reduktion von Treibhausgasen und ermöglicht es Unternehmen, sich an strengere Umweltvorschriften anzupassen.

Neben den ökologischen Vorteilen bietet CCS auch wirtschaftliche Anreize. Die Entwicklung und Implementierung dieser Technologie schaffen neue Arbeitsplätze und fördern technologische Innovationen. Investitionen in CCS können zudem durch staatliche Förderprogramme und Anreize unterstützt werden, die die finanziellen Belastungen für Unternehmen verringern. In einer globalisierten Wirtschaft ist die Wettbewerbsfähigkeit entscheidend. Durch den Einsatz von CCS können Unternehmen ihren CO₂-Fußabdruck reduzieren und gleichzeitig ihre Marktposition stärken. Besonders in Industrien, die stark auf den Export angewiesen sind, kann die Einhaltung strengerer Umweltstandards ein Wettbewerbsvorteil sein.

Trotz der zahlreichen Vorteile stehen der breiten Implementierung von CCS auch Herausforderungen gegenüber. Die hohen Kosten für die Entwicklung und den Betrieb von CCS-Anlagen sowie die Notwendigkeit einer umfangreichen Infrastruktur sind bedeutende Hürden. Zudem müssen rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die langfristige Sicherheit und Akzeptanz der CO₂-Speicherung zu gewährleisten. Dennoch ist die Weiterentwicklung und Skalierung von CCS entscheidend, um die Industrie zukunftsfähig und nachhaltig zu gestalten. Durch kontinuierliche Forschung und internationale Zusammenarbeit kann CCS zu einem integralen Bestandteil der globalen Klimastrategie werden.

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