Rewe-Gruppe Österreich : Rewe investiert 1,5 Milliarden Euro in Österreich – größtes Infrastrukturprojekt der Unternehmensgeschichte

Die Billa-Mutter Rewe plant das größte Investitionspaket der Firmengeschichte in Österreich.
- © RobertHarsonDer deutsche Handelskonzern Rewe will in den kommenden Jahren 1,5 Milliarden Euro in den österreichischen Markt investieren. Das Geld fließt in die Modernisierung von Filialen sowie in den Bau eines teilautomatisierten Zentrallagers für das Trockensortiment. Geplant ist das Lager auf dem Gelände der Konzernzentrale in Wiener Neudorf. Der Baustart ist für 2026 vorgesehen, die Inbetriebnahme soll bis 2030 erfolgen. Mit einem Investitionsvolumen von 600 Mio. Euro handelt es sich um das größte Infrastrukturprojekt der Unternehmensgeschichte in Österreich und um das größte Investment eines Privatunternehmens der letzten Jahre in Niederösterreich.
Der Rewe-Aufsichtsrat hat das Vorhaben bereits genehmigt. Laut Rewe-Österreich-Chef Marcel Haraszti spiegle die Investitionsentscheidung das Vertrauen der Konzernzentrale in den Standort Österreich wider. „Trotz der relativ instabilen volkswirtschaftlichen Situation“ habe man sich bewusst für den Schritt entschieden, sagte Haraszti im Gespräch mit der APA. Die bereits bezahlte Kartellstrafe in Höhe von 70 Millionen Euro habe dabei keine Rolle gespielt.
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Beschwerde gegen Kartellstrafe angekündigt
Die im Februar vom Obersten Gerichtshof (OGH) als Kartellobergericht verhängte Kartellstrafe in Höhe von 70 Millionen Euro hatte nach Angaben von Rewe-Österreich-Chef Marcel Haraszti keinen Einfluss auf die Entscheidung, in Österreich 1,5 Milliarden Euro zu investieren. Hintergrund der Strafe war eine verspätet gemeldete Übernahme von Geschäftsflächen in Wels bei der Bundeswettbewerbsbehörde.
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Gegen das Urteil bereitet Rewe derzeit eine Individualbeschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vor. Das Unternehmen sieht sich durch die verhängte Geldbuße in mehreren Rechten verletzt.
Die bereits entrichtete Strafe habe laut Haraszti „keine Auswirkungen auf die Firmenstrategie“ und müsse „auch nicht von Mitarbeitern und Kunden abgefedert werden“. Gleichzeitig kritisierte der Billa/Bipa-Chef die Entscheidung des OGH deutlich: Sie habe „negative Konsequenzen für den Wirtschaftsstandort in Österreich“, da sie die Rechtssicherheit verringere. Darüber hinaus bezeichnete er es als „ärgerlich“, dass internationale Online-Händler „deutlich weniger“ reguliert würden und dennoch ihre Marktpräsenz in Europa weiter ausbauen könnten.

Geschäftsentwicklung trotz Konsumflaute stabil
Trotz wirtschaftlicher Flaute und rückläufigem Privatkonsum zeigt sich der Handelskonzern Rewe mit dem bisherigen Geschäftsverlauf zufrieden. Im Jahr 2024 stieg der Brutto-Gesamtumsatz in Österreich um 4,8 Prozent auf 10,94 Milliarden Euro. Die Zahlen beziehen sich auf die Konzernmarken Billa, Billa Plus, Bipa, Adeg, Penny sowie Rewe Austria Touristik.
Der Anteil von Aktionsware bei Billa und Billa Plus lag bei rund 40 Prozent, bei den Eigenmarken bei 32 Prozent. Zum Jahresende beschäftigte das Unternehmen in Österreich mehr als 46.900 Personen an etwa 2.500 Standorten. Das Lebensmittelgeschäft verzeichnete ein Umsatzplus von 3,9 Prozent, bei der Drogeriemarktkette Bipa lagen die Erlöse 5,9 Prozent über dem Vorjahresniveau.
Zum Vergleich: Die Inflation lag laut Statistik Austria 2023 bei 2,9 Prozent, Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke verteuerten sich um 2,6 Prozent. Billa bezifferte die durchschnittliche Sortimentsverteuerung im eigenen Angebot mit 2,1 Prozent.
Für das laufende Jahr rechnet Rewe in Österreich nicht mit deutlich steigenden Lebensmittelpreisen. Ausnahmen seien laut Konzernchef Haraszti einige Produktgruppen wie Kaffee, Kakao und Orangensaft, die infolge schlechter Ernten teurer geworden sind.
Im Online-Handel legten die Umsätze 2024 um 11 Prozent auf 114 Millionen Euro zu. Billa beendete allerdings die Hauszustellung außerhalb Wiens aus wirtschaftlichen Gründen. In Wien, Teilen Niederösterreichs und des Burgenlands wird weiterhin zugestellt. Gleichzeitig wurde das Click-&-Collect-Angebot sowie die Kooperation mit dem Lieferdienst Foodora ausgebaut.
Billa sieht sich laut eigenen Angaben weiterhin als Marktführer im heimischen Online-Lebensmittelhandel.
Rewe verliert Marktanteile an Spar
Im Wettbewerb mit Mitbewerber Spar verliert Rewe weiter Marktanteile. 2024 sank der Anteil am Lebensmittelmarkt um 0,3 Prozentpunkte auf 33,6 Prozent. Spar konnte seinen Anteil auf 36,9 Prozent ausbauen. Rewe-Chef Haraszti betonte, man setze nicht auf aggressives Wachstum, sondern auf Qualität: „Marktanteile können arm machen, etwa wenn man sie mit Aktionen erkauft.“
Ein zentrales Projekt für die kommenden Jahre ist der Ausbau des sogenannten Kaufleute-Modells bei Billa. Bis 2030 sollen rund 200 Filialen von selbstständigen Unternehmer:innen geführt werden. Derzeit gibt es 23 solcher Standorte. Das ursprünglich bis 2026 anvisierte Ziel von 100 Kaufleute-Standorten wurde bislang verfehlt. Haraszti begründete das mit dem Fokus auf Qualität vor Geschwindigkeit.
Im Rahmen des Modells halten Kaufleute 80 Prozent an der offenen Gesellschaft, Billa 20 Prozent. Die bestehenden Adeg-Kaufleute sind laut Haraszti von der Umstellung nicht betroffen: „Adeg bleibt.“

Rewe fordert flexiblere Ladenöffnungszeiten für Selbstbedienungsboxen
Rewe unterstützt die im Regierungsprogramm vorgesehene Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten für digitale Selbstbedienungsgeschäfte. Derzeit dürfen sogenannte Nahversorger-Container ohne Personal nur innerhalb der gesetzlichen Öffnungszeiten betrieben werden. Eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes hatte das bestätigt.
Billa testet derzeit kleine Selbstbedienungseinheiten – sogenannte Billa-Boxen – mit etwa 1.000 Artikeln auf 50 Quadratmetern. Standorte gibt es unter anderem in Wiener Neudorf und Vösendorf, eine weitere Box soll in Wien-Favoriten eröffnet werden. Rewe will in diesem Bereich weiter expandieren und insbesondere mit jenen 580 Gemeinden in Kontakt treten, die derzeit ohne Nahversorger sind.