Energieversorgung : OMV vor Durchbruch bei Erdgas aus Schwarzem Meer
OMV Ölplattform im schwarzen Meer: Die lange verschleppte Erdgas-Förderung des Mineralölkonzerns in Rumänien könnte vor einem Durchbruch stehen.
- © OMV Solutions GmbHIn das politisch lange verzögerte Gasförderprojekt des OMV-Konzerns im Schwarzen Meer kommt nun Bewegung. Nach der Einigung der rumänischen Regierung auf ein neues Offshore-Gesetz sieht die OMV-Tochter Petrom eine wichtige Hürde für die geplante milliardenschwere Gas-Förderung überwunden, wie das Unternehmen am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters mitteilte.
"Die Veröffentlichung eines Entwurfs eines Offshore-Gesetzes ist ein lang erwarteter und dringend benötigter Schritt, um die notwendigen Bedingungen für die Entwicklung des Schwarzmeergases zu gewährleisten", erklärte OMV-Petrom. Es sei wichtig, dass das Gesetz eine starke Stabilitätsklausel vorsieht, einen freien Markt gewährleistet und einen wettbewerbsfähigen Steuer- und Regulierungsrahmen bietet. Im aktuellen geopolitischen Kontext sei die Entwicklung eigener Ressourcen grundlegender denn je, um Versorgungssicherheit und Wirtschaftswachstum zu gewährleisten.
Experten gehen davon aus, dass der Krieg in der Ukraine die Erschließung eigener Quellen in Rumänien beschleunigen könnte. Das Land würde sich damit unabhängiger von Gaslieferungen aus Russland machen. Gasproduzenten haben 15 Jahre und Milliarden von Dollar investiert, um sich darauf vorzubereiten, Rumäniens geschätzte 200 Milliarden Kubikmeter im Schwarzen Meer anzuzapfen. Die Projekte wurden jedoch vor vier Jahren auf Eis gelegt, als eine zusätzliche Steuer eingeführt wurde.
Der teilstaatliche Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV nannte eine Änderung des Gesetzes stets als Bedingung für seine finale Investitionsentscheidung. Die geplanten Änderungen sehen eine geringere progressive Steuer und höhere Abzüge vor. Zudem sollen die Exportbeschränkungen wegfallen.
Für OMV ist die Gas-Förderung im Schwarzen Meer eines der künftigen Schlüsselprojekte. Bis zu 2 Mrd. Euro will Vorstandschef Alfred Stern in das sogenannte Neptun-Projekt investieren. Eine Entscheidung soll spätestens 2023 fallen, kündigte der Manager an. Erstes Gas könnte vier Jahre später fließen. Konkret hält OMV-Petrom 50 Prozent an dem Projekt und ist Betriebsführer. Die andere Hälfte gehört dem staatlichen rumänischen Gasproduzenten Romgaz, der den Anteil für über eine Milliarde Dollar vom US-Ölriesen ExxonMobil übernommen hatte.
Das Neptun-Gasfeld umfasst eine Fläche von rund 7.500 Quadratkilometern und liegt etwa 170 Kilometer vor der rumänischen Küste. Das Potenzial für die OMV-Petrom wird auf 50 Milliarden Kubikmeter Gas geschätzt. Die Plateau-Produktion bezifferte Stern mit 70.000 Barrel pro Tag. An der Petrom ist auch der rumänische Staat zu gut einem Fünftel beteiligt.
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Erschließung neuer Erdgas-Felder kein Widerspruch zu grüner OMV-Strategie
Das Geschäft mit Erdgas und Erdöl ist für die OMV gerade in Hinblick auf den Wunsch, ein nachhaltiger Konzern zu werden, wichtig. Denn der Ausstieg der OMV aus dem fossilen Geschäft bis 2050 soll mit den Gewinnen aus dem derzeitigen Gas- und Öl-Geschäft finanziert werden.
Als Zwischenziel soll die Öl- und Gasproduktion bis 2030 um ein Fünftel reduziert werden Finanziert werden soll der mittel- und langfristige Rückzug aus Öl und Gas mit den Gewinnen, die das Öl- und Gasgeschäft abwirft. Die Rohölproduktion soll bis 2030 schrittweise um etwa 30 Prozent reduziert werden, die Erdgasproduktion um etwa 15 Prozent. 2025 soll die Jahresproduktion rund 450.000 Fass Öleinheiten betragen, bis 2030 soll sie auf unter 400.000 Barrel pro Tag sinken.
Investitionen in die Öl- und Gasproduktion werden bis 2026 fortgesetzt, wobei der Schwerpunkt auf der Entwicklung von Gasprojekten liegt, danach sollen sie deutlich zurückgehen. Der Anteil von Gas soll auf mehr als 60 Prozent steigen. Die Produktion von Öl und Gas zur energetischen Nutzung wird bis 2050 vollständig eingestellt, so der Plan. Ab dem 1. April 2022 wird das Gasverkaufs- und Logistikgeschäft (allerdings ohne die OMV Petrom) im Bereich E&P (Exploration und Produktion) konsolidiert.
Als Teil ihrer neuen Strategie will die OMV auch der bisherigen Kernregion Russland den Rücken kehren. Die OMV verarbeitet schon seit Kriegsbeginn kein russisches Öl mehr (80 Prozent des importierten Öls kamen schon zuvor aus Kasachstan) und am Donnerstag meldete auch die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti, dass die OMV den Import von Öl aus Russland völlig eingestellt hat.
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Sorgenkind Russland
Aktuell belastet das Russland-Geschäft allerdings die Bilanz der OMV. Im ersten Quartal belief sich die Belastung durch Wertberichtigungen wegen des Rückzugs vom Nord-Stream-2-Pipelineprojekt bzw. im Zusammenhang mit der Neubeurteilung der Russland-Aktivitäten auf rund 2 Mrd. Euro. Eine Milliarde Sondereffekt resultiert dabei aus Nord Stream 2, eine Milliarde aus dem Viertel-Anteil der OMV am Juschno-Russkoje-Gasfeld.
Zur Nord-Stream-2-Gaspipeline, bei der die OMV ein Co-Finanzier war, wurde von ihr am 5. März ein ausstehender Betrag von 1 Mrd. Euro (inkl. Zinsabgrenzung) "vollständig wertberichtigt". Diese nicht zahlungswirksame Wertberichtigung im Finanzerfolg wurde für das erste Jahresquartal als Sondereffekt ausgewiesen.
Für den 24,99-Prozent-Anteil am Juschno-Russkoje-Gasfeld hat die OMV die Konsolidierungsmethode angepasst - wegen der Gegensanktionen, die die russische Regierung am 28. Februar angekündigt hat. Ab 1. März werde gemäß IFRS 9 zum Zeitwert bewertet. Zusätzlich sei eine Wertberichtigung erfasst zur vertraglichen Position gegenüber Gazprom aus der Neufeststellung der Reserven dieses Gasfelds.
Beide Effekte zusammen führten zu einem Verlust von rund 800 Mio. Euro (nicht zahlungswirksam, aber das Eigenkapital reduzierend) sowie rund 200 Mio. Euro infolge historischer Währungseffekte (nicht zahlungswirksam, ohne Einfluss auf das Eigenkapital) . Ab 1. März sind die Geschäftstätigkeiten nicht mehr in den operativen Kennzahlen des OMV-Konzerns, dem Operativen Ergebnis oder den Cashflows enthalten.
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