Öl und Gas aus Russland : Gazprom gegen OMV: Sanktionen als Ursache für die Klage der Russen?

Gazprom logo and sign at the stand in the exhibition pavilion. Russian energy company Gazprom. Moscow, Russia - April 28, 2021.

Der russische Konzern Gazprom beklagte Schwierigkeiten mit juristischen Dienstleistungen in EU

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Die Gazprom-Tochter für Gasexport hat eine Klage in Russland eingereicht, die es der OMV Gas Marketing and Trading GmbH untersagt, ein Schiedsverfahren in Stockholm fortzusetzen. Als Begründung führte Gazprom die EU-Sanktionen an. Diese Entscheidung des Petersburger Handelsgerichts wurde am Wochenende veröffentlicht. Konflikte mit Gazprom könnten am Dienstag auch Thema der ordentlichen Hauptversammlung der OMV werden.

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Gazprom Export erfuhr am 27. Februar 2023, dass die OMV ein Schiedsverfahren in Stockholm eingeleitet hatte. Laut Klage fordert die OMV vom Konzern eine Schadenssumme von 575 Mio. Euro plus Zinsen. Grundlage der Klage sind Verträge aus den Jahren 2006 und 2010, die vorsehen, dass Streitigkeiten in Stockholm entschieden werden.

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Sanktionsbedingte Einschränkungen beim Zukauf von juristische Dienstleistungen

Das Petersburger Handelsgericht stimmte der Argumentation des Klägers zu, der auf sanktionsbedingte Einschränkungen beim Zukauf von juristischen Dienstleistungen in der EU verwies. Gazprom legte dar, dass ausländische Anwaltskanzleien Anweisungen erhalten hätten, nicht für Personen und Firmen im Einflussbereich des russischen Staates zu arbeiten.

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Die OMV entgegnete, dass ausländische Anwälte Gazprom Export dennoch in mehreren Verfahren vertreten. Richterin Inga Kurowa stellte fest, dass dies nicht die Tatsache ändert, dass Gazprom außerhalb Russlands eingeschränkte Möglichkeiten hat, qualifizierte Juristen zu engagieren. Sie verwies auf EU-Sanktionen vom 6. Oktober 2022, die Rechtsberatung für russische Firmen untersagen.

OMV muss Schiedsverfahren beenden

Des Weiteren hätten russische Konzerne seit dem Abzug von Mastercard und Visa aus Russland im März 2022 Schwierigkeiten bei Dienstreisen. Zudem bestehe das Risiko, dass Vertretern des Klägers und ihrer Rechtsberater bei der Einreise in die EU Notebooks und Mobiltelefone abgenommen werden könnten. Richterin Kurowa betonte, dass die OMV im Gegensatz zu Gazprom die Möglichkeit habe, schwedische Juristen für Konsultationen in Schweden heranzuziehen.

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Die Entscheidung des Petersburger Handelsgerichts rechtfertigt laut russischem Recht das Verbot der Fortsetzung des Schiedsverfahrens in Stockholm. Sollte die OMV dieses Verbot ignorieren, droht eine Strafe in Höhe der Klagsforderung. Richterin Kurowa lehnte bereits zuvor den Antrag der OMV ab, die Verhandlung hinter verschlossenen Türen durchzuführen und entschied sich zur Veröffentlichung ihres Urteils.

Worum geht es im Schiedsverfahren zwischen der OMV und Gazprom?

Offizielle Informationen über die Hintergründe der von OMV-Töchtern angestrengten Schiedsgerichtsverfahren gegen Gazprom und deren Tochtergesellschaften liegen nicht vor. Im Fall der OMV Exploration & Production GmbH und Gazprom in Paris könnte jedoch ein Zusammenhang mit einer Beteiligung der OMV an russischen Gasfeldern bestehen, die durch Erlasse von Präsident Wladimir Putin an Gazprom übertragen wurden. Das Schiedsverfahren zwischen Gazprom Export und der OMV Gas Marketing & Trading GmbH in Stockholm könnte hingegen mit den Gaslieferproblemen über die Pipeline Nord Stream 1 zusammenhängen, die Gazprom im Sommer 2022 mit technischen Schwierigkeiten begründete. Partner von Gazprom zweifelten damals an dieser Erklärung. Nach der Zerstörung der Pipeline durch einen Anschlag im September 2022 verloren diese Argumente jedoch ihre Bedeutung, und Gaslieferungen aus Russland über die Ostsee konnten nicht wieder aufgenommen werden.

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Die OMV hat mit Gazprom einen Gasliefervertrag bis 2040 abgeschlossen. Gleichzeitig bezieht das Unternehmen Gas aus verschiedenen Quellen, einschließlich der eigenen Produktion in Österreich und Norwegen sowie von anderen Produzenten. Darüber hinaus hat OMV langfristige LNG-Lieferverträge abgeschlossen, deren Gas am Terminal in Rotterdam nach Europa importiert wird. Um die Versorgungssicherheit weiter zu erhöhen, nimmt OMV auch an den Versteigerungen der gemeinsamen Gas-Einkaufsplattform der EU teil und verfügt über die notwendigen Transportkapazitäten, um das erworbene Gas zu den Verbrauchern zu bringen.

Diese Diversifizierungsstrategie zeigt, dass OMV trotz der langfristigen Verpflichtungen gegenüber Gazprom auf mehrere Standbeine setzt, um die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten zu minimieren und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Die Teilnahme an den EU-Gasauktionen und der Abschluss von LNG-Verträgen verdeutlichen das Bestreben, flexibel und unabhängig auf die volatilen Energiemärkte zu reagieren.

Worum geht es bei der diesjährigen OMV-Hauptversammlung?

Die Hauptversammlung der OMV findet am 28. Mai 2024 statt und wird mehrere zentrale Themen behandeln. Ein bedeutendes Thema ist die Dividendenpolitik, wobei der Vorstand eine reguläre Dividende von 2,95 Euro pro Aktie und eine Sonderdividende von 2,10 Euro pro Aktie vorschlägt. Dies spiegelt die progressive Dividendenstrategie der OMV wider, die darauf abzielt, die Dividenden jährlich zu erhöhen oder zumindest auf dem Niveau des Vorjahres zu halten, sofern der Leverage-Grad unter 30% bleibt​​​​.

Ein weiterer wichtiger Punkt auf der Tagesordnung ist die strategische Neuausrichtung der OMV. Das Unternehmen plant, sich von einem traditionellen Öl- und Gasunternehmen zu einem führenden Anbieter nachhaltiger Kraftstoffe, Chemikalien und Materialien zu entwickeln. Diese Transformation erfordert erhebliche Investitionen in erneuerbare Energien und Kreislaufwirtschaft​​.

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Darüber hinaus steht die Wahl neuer Mitglieder für den Aufsichtsrat sowie die Bestätigung der Vergütungsberichte für den Vorstand und den Aufsichtsrat für das Jahr 2023 auf der Agenda. Es wird über einen neuen Long Term Incentive Plan und ein Equity Deferral Programm abgestimmt, die darauf abzielen, die langfristige Motivation und Bindung der Führungskräfte zu sichern​​.

Die OMV wird auch ihre Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit durch den Ausbau der LNG-Infrastruktur und die Diversifizierung der Bezugsquellen, einschließlich eigener Produktionen in Österreich und Norwegen, vorstellen. Zudem nimmt das Unternehmen an den EU-weiten Gasauktionen teil, um ihre Position auf dem europäischen Energiemarkt weiter zu stärken​​​​.

Headoffice Wien OMV
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